Von Hendrik S.
Der Referentenwurf zum Werkvertrags-Gesetz, sorgt vor allem mit dem geplanten §611a BGB zur Abgrenzung von Scheinselbstständigkeit für Zündstoff in den Parteien, bei Arbeitgebern und bei Gewerkschaften.
Eine ganze Reihe mit der Materie vertrauter Rechtsanwälte haben sich seit Bekanntwerden des Gesetzesentwurfs mit diesem neuen Paragrafen befasst. Auf unserer Seite Was Arbeitsrechtler zum Gesetzesenwurf sagen haben wir die bisher gefundenen Kommentare zusammengestellt.
Alle Arbeitsrechtler üben umfassende Kritik am Gesetzesentwurf, weil dort Kriterien und Regelungen untergebracht sind, die vor Jahren Gesetz gewesen sind, dann verworfen wurden und nun wieder aus der Versenkung geholt werden. Generell zweifeln erfahrene Juristen daran, dass es möglich ist, eine typologische Unterscheidung wie die zwischen echten und falschen Selbstständigen über einen Kriterienkatalog regeln zu können.
Gesetz nicht anwendbar, weil in falschem Rechtszusammenhang geregelt?
Aber ist es vielleicht sogar so, dass dieser geplante 611a gar nicht anwendbar ist durch den größten Nutznießer, die Deutsche Rentenversicherung?
RA Michael W. Felser (Brühl) schreibt auf seiner Seite scheinselbstaendigkeit.de: „Leider ist es schlimmer, da § 611a BGB der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts widerspricht und die Komplexität der sozialversicherungsrechtlichen Scheinselbständigkeit ins Arbeitsrecht überträgt.“
Auch RA Dr. André Zimmermann (Düsseldorf) spricht davon, dass der 611a im BGB (!) systematisch verunglückt angesiedelt ist.
RA Dr. Benno Grunewald führt heute aus, dass die DRV auf der Grundlage der Sozialgesetze und der in diesem Zusammenhang entwickelten Rechtsprechung tätig ist und dass hier die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) relevant ist. Somit kann die DRV nach seiner Auffassung nicht direkt mit der Norm des § 611 a BGB arbeiten, da diese weder im Arbeits- noch Sozialrecht sondern im Zivilrecht (BGB) verankert ist.
Haben die Arbeitsrechtler des Ministeriums, die das Gesetz entworfen haben, etwas Wichtiges übersehen? Kann der §611 a Gesetz werden ohne dass ihn die DRV, auf die er doch mehr oder minder maßgeschneidert ist, ihn ohne große Verrenkungen anwenden darf? Die nächsten Tage bleiben wohl weiter spannend…
Dr. Grunewald gibt zu noch Bedenken, dass Frau Nahles vielleicht ein ganz anderes Ziel verfolgt: "Ich halte es daher nicht für ausgeschlossen, dass beabsichtigt ist, mit der jetzigen Vorlage des Gesetzes zunächst einmal Reaktionen der Betroffenen zu provozieren und dann im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens sowohl inhaltliche Änderungen aber eben auch erweiterte Anwendungsmöglichkeiten für die Deutsche Rentenversicherung Bund zu schaffen."
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