Anlässlich des "Tags der älteren Menschen", der heute begangen wird, hat das Statistische Bundesamt ("Destatis") die Armutsgefährdung dieser Gruppe unter die Lupe genommen. In Hinblick auf die geplante Altersvorsorgepflicht für Selbstständige ist das auch für uns ein relevantes Thema, um die politische Diskussion zu verstehen und faktenbasiert argumentieren zu können.
In früheren Jahren war die Armutsgefährdung bei Über-64-Jährigen deutlich niedriger als bei im Erwerbsleben stehenden. Das hat sich aber geändert. Zwischen 2005 und 2019 nahm die Gefährdungsquote um 4,7 Prozentpunkte auf 15,7 Prozent zu. Das ist der stärkste Zuwachs aller Altersgruppen. Dadurch hat die Generation 65+ jetzt das Durchschnittsniveau der Gesamtbevölkerung erreicht. Das heißt natürlich trotzdem: Bei "Risikogruppen" wie jungen Familien oder gar Alleinerziehenden liegt das Armutsrisiko weiterhin deutlich höher. Besonders hoch ist die Armutsgefährdung in Großstädten mit ihren höheren Lebenshaltungskosten und insbesondere Mieten.
Anteil der Menschen im Rentenalter im Osten fast verdoppelt
Für viele dürfte überraschend sein, dass die Gefährdungsquote in den östlichen Bundesländern deutlich niedriger war und ist als im Westen – obwohl sie auch hier zunahm. Sie betrug in den neuen Bundesländern zuletzt 13,8, in den "alten" Bundesländern dagegen 16,2 %. Der Anteil der Generation 65 plus erhöhte sich in den östlichen Bundesländern allerdings besonders stark: Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung verdoppelte sich fast von 13,8 auf 26,0 Prozent im Jahr 2019! Damit nahm die absolute Zahl der Armutsgefährdeten im Osten besonders stark zu.
Der Anteil der Personen im Rentenalter, die Grundsicherung im Alter erhielten – also das Gegenstück zu Hartz IV -, stieg von 1,7 Prozent zum Jahresende 2003 auf 3,2 Prozent im Dezember 2019, auch hier liegt die Quote im Osten niedriger als im Westen.
Aussagekraft für spezielle Gruppen wie Selbstständige begrenzt
Die Armutsgefährdungsquote ist ein Indikator zur Messung der relativen Einkommensarmut, der auf Daten des Mikrozensus beruht. Bei der Interpretation der Quoten ist laut Bundesamt zu beachten: "Armutsgefährdungsquoten sind gegenüber stichprobenbedingten Schwankungen des mittleren Einkommens (Median) nicht sehr robust. Das bedeutet, dass bereits geringe zufällige Schwankungen dieses Einkommens merkliche Veränderungen der Armutsgefährdungsquoten zur Folge haben können. Deshalb sollten nur über einen längeren Zeitraum stabile Entwicklungen inhaltlich interpretiert werden. Dies gilt insbesondere für relative Armutsrisikoquoten kleiner Bevölkerungsgruppen oder für regional tief gegliederte Ergebnisse." Dies schränkt die Aussagekraft von Aussagen z.B. über ehemals selbstständig Erwerbstätige im Rentenalter ein, die allerdings in der vorliegenden Pressemitteilung nicht ausgewertet wurden.
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