Beim Gleichstellungstag am 5. November 2024 will die Bundesstiftung Gleichstellung den Blick darauf lenken, vor welchen Herausforderungen die Geschlechtergerechtigkeit derzeit steht. "Gleichstellung ist die Basis für gelingende, nachhaltige Transformationen", heißt es auf der Website zum dazugehörigen Kongress, auf dem auch Familienministerin Lisa Paus auftreten wird.
Bei dieser Gelegenheit sollte auch die Benachteiligung von selbstständigen Frauen zur Sprache kommen. Gleichstellung kann es nur mit Verdienstgerechtigkeit geben. Der Gender-Pay-Gap zwischen Männern und Frauen ist hinlänglich bekannt. Für diesen gibt es zwei Gründe: Arbeit in schlechter bezahlten Branchen und in Teilzeit sowie schlechtere Bezahlung bei gleicher Tätigkeit. Bei selbstständigen Frauen kommt noch ein dritter hinzu. Sie leiden unter einem dreifachen Gender-Pay-Gap.
Selbstständige unterliegen erheblich höheren Sozialabgaben als Angestellte mit vergleichbarem Einkommen. Diese Beitragsungerechtigkeit hat drei Gründe:
- Sozialbeiträge werden auch auf den rechnerischen Arbeitgeberanteil erhoben. Allein schon aus diesem Grund zahlen sie mindestens 20 Prozent höhere Beiträge als vergleichbare Arbeitnehmer und deren Arbeitgeber zusammen.
- Sozialbeiträge werden bei freiwilligen GKV-Mitgliedern (zu denen der größte Teil der Selbstständigen gehört) auf alle Einkommensarten erhoben, auch auf Erträge der Altersvorsorge.
- Für freiwillige GKV-Mitglieder gelten höhere Mindestbemessungsgrenzen als für Pflichtmitglieder. Sie müssen mindestens Beiträge auf ein hypothetisches Einkommen von 1.172 Euro zahlen, auch wenn ihr tatsächliches Einkommen geringer ist.
Diese Ungerechtigkeiten wirken sich bei Frauen verschärft aus. Frauen machen 40 Prozent der Solo-Selbstständigen aus. Sie haben seltener als Männer ein so hohes Einkommen, dass sie damit über der Beitragsbemessungsgrenze liegen und sich die Ungleichbehandlungen nicht mehr bemerkbar machen.
Insbesondere als Teilzeit-Selbstständige in der Familienphase zehren die hohen Sozialabgaben einen Großteil ihres Einkommens auf:
- Da die Mindestbemessungsgrenze immer noch nicht – wie im Koalitionsvertrag versprochen – durch strikt einkommensabhängige Beiträge ersetzt wurde, fallen beispielsweise bei einem monatlichen Einkommen von 600 Euro allein 230 Euro (38 Prozent) für Kranken- und Pflegeversicherung an.
- Als GKV-Versicherte müssen sie zusätzlich Beiträge auf Teile des Einkommens ihres Ehemannes zahlen, sofern dieser privat versichert ist. Verdient dieser zum Beispiel 4.500 Euro monatlich, steigt die Beitragslast sogar auf 70 Prozent ihres Einkommens (430 Euro).
Diese Rahmenbedingungen sind nicht nur diskriminierend. Sie vermindern den finanziellen Spielraum für selbstständige Frauen, eine Altersvorsorge aufzubauen.
Und sie verhindern eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen, weil sich Arbeit jenseits der Geringfügigkeitsgrenze von 505 Euro der Familienversicherung finanziell nicht lohnt. Dies kann angesichts der demografischen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt nicht erwünscht sein. Gerade angesichts der Finanzierungsprobleme der Rentenversicherung wäre es notwendig, dass Frauen im bestmöglichen Umfang erwerbstätig sind und Altersvorsorge betreiben.
Die für Selbstständige ohnehin schon höheren Krankenkassen-Beiträge steigen weiter. Die geplante Altersvorsorgepflicht wird die Belastungen weiter erhöhen. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass die Erwerbsbeteiligung und Gründungen, insbesondere von Frauen, massiv abnehmen, wenn die Beiträge nicht fair ausgestaltet werden.
In seiner politischen Arbeit kämpft der VGSD dagegen, dass Selbstständige weniger Netto als Angestellte für die gleiche Arbeit bekommen. Gerne stehen wir Ihnen als Ansprechpartner zur Verfügung.
Weitere Informationen finden Sie hier:
Über die bestehende Beitragsungerechtigkeit
Über den dreifachen Gender-Pay-Gap
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