Sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich sehr, heute ein Grußwort im Namen des VGSD, also des Verbands der Gründer und Selbstständigen Deutschland, sprechen zu dürfen.
Ebenso wie Sie bin ich sehr gespannt, wer dieses Jahr den Werner-Bonhoff-Preis erhalten wird. Jeder der vier Nominierten hätte ihn sicher gleichermaßen verdient:
Wer sich wie sie dagegen wehrt, dass Gesetzgeber und Verwaltung Entscheidungen treffen, die dem gesunden Menschenverstand widersprechen, wer erlebt, wie sie einen klein machen und spüren lassen, dass sie am längeren Hebel sitzen, der fühlt sich nicht selten alleine, während viele andere sich mit der Situation arrangieren und sagen: “Da kann man sowieso nichts machen!"
Sie zweifeln irgendwann an sich: Sind die anderen verrückt oder bin ich es? Verrenne ich mich in etwas? Sollte ich mich nicht lieber auf meine eigentliche Arbeit konzentrieren?
Der Werner-Bonhoff-Preis hat hier eine wichtige Funktion: Er adelt die Preisträger, macht sie vom vermeintlichen Querulanten zum Menschen mit Zivilcourage, zum Gemeinwohlagenten.
Das fängt schon lange vor der Preisverleihung an, nämlich in dem Moment, wo man das Erlebte in Form einer Fallbeschreibung an die Stiftung einsendet.
Die Fälle werden von einem Team von Juristinnen sorgfältig geprüft. Sie hören aufmerksam zu, nehmen sich viel Zeit. Mit der Veröffentlichung des geprüften Falles ist dann klar: Hier liegt wirklich etwas im Argen.
Das erhöht die Glaubwürdigkeit nicht nur gegenüber dem eigenen sozialen Netzwerk. Es nimmt Journalisten, die ja nur wenig Zeit zum Prüfen einer komplexen Materie haben, Arbeit ab – und macht es ihnen einfacher, über die Missstände zu berichten.
Dieses Gefühl von Anerkennung, gibt einen etwas von der Kraft zurück, die solche Auseinandersetzungen auch die Willens-Stärksten von uns kosten.
Die Bonhoff-Stiftung stärkt engagierten Menschen den Rücken und das macht ihre Arbeit so wichtig.
Worin besteht nun aber die Verbindung zwischen der Bonhoff-Stiftung und dem VGSD? Warum spreche ich – als 1. Vorstand des VGSD – heute Abend zu Ihnen?
Kurz gesagt: Der VGSD hat auf vielfältige Weise, über den Preis hinaus, von der Bonhoff-Stiftung profitiert. Darüber möchte ich Ihnen in aller Kürze berichten und der Stiftung danken.
Der VGSD (so steht es ausdrücklich in unserem Leitbild) möchte der attraktivste Ort sein für Selbstständige, die sich wirkungsvoll engagieren wollen. Wir wollen Selbstständige unterstützen, die nicht einfach alles hinnehmen, sondern sich auf konstruktive Weise zur Wehr setzen. Also genau solche Leute, wie sie heute nominiert sind.
Entstanden ist unser Verband vor sechs Jahren aus der Petition von Tim Wessels gegen eine Altersvorsorgepflicht mit einem Pauschalbeitrag von 400 Euro pro Monat. Zusätzlich zu den bestehenden hohen Mindestbeiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung (von damals 350, heute 420 Euro/Monat) hätte das für viele Teilzeit-Selbstständige das Ende ihrer Selbstständigkeit bedeutet.
Dagegen wendete sich Tim in einer Bundestagspetition und hat innerhalb von nur vier Wochen 80.000 Mitzeichner mobilisiert. Zusammen führten wir zwei Gespräche mit der damaligen Arbeitsministerin von der Leyen. Das Gesetz wurde verhindert. Tim erhielt 2013 den Werner-Bonhoff-Preis, wenig später wurde er dann auch Vorstand unseres Vereins. Wir haben das mit der Adelung vom Querulanten zum Gemeinwohlagenten am Beispiel von Tim also am eigenen Leib erfahren.
Nun gibt es viele andere Anliegen, mit denen man vielleicht keine 80.000 Mitzeichner mobilisieren kann, die aber ebenfalls sehr wichtig sind. Mit dem VGSD wollen wir verhindern, dass engagierte Selbstständige in solchen Fällen jedes Mal das Rad neu erfinden müssen und womöglich dieselben Fehler wiederholen.
Wir haben deshalb eine Infrastruktur aufgebaut aus aktiven Unterstützern, aus Kontakten zu Politikern und zu Journalisten, auch zu befreundeten Verbänden (heute Abend sind ja viele Verbandskollegen der letztes Jahr gegründeten bagsv dabei, der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände). Wir teilen unsere Erfahrungen, wie man bei Kampagnen sinnvoll vorgeht, wie man ein TV-Interview führt oder wie man vor einem Ausschuss spricht. Wir wissen, wie es ist, zwischendurch unsicher zu sein und jemand zu brauchen, der einen dann den Rücken stärkt.
Um so stolzer waren wir, als 2016 erneut ein VGSD-Mitglied den Bonhoff-Preis erhielt: Christa Weidner für ihr Engagement für mehr Rechtssicherheit beim Thema Scheinselbstständigkeit.
Übrigens haben Tim und Christa einen Teil des Preisgelds genutzt, um ihrerseits wieder den VGSD zu fördern – zusätzlich zu ihrem ehrenamtlichen Engagement – auch finanziell. Durch ihre Aktionen haben sie uns geholfen, schneller Mitglieder zu gewinnen und uns nachhaltiger aufzustellen. Dafür möchte ich den beiden, die heute Abend ja anwesend sind, ganz herzlich danke sagen!
Aber zurück zur Bonhoff-Stiftung und zu einem der wichtigsten Aspekte ihrer Arbeit: Falldokumentation und Preisverleihung führen zu einer Vernetzung unter Gleichgesinnten.
Schon die Vielzahl der Fälle, die die Stiftung auf ihrer Website dokumentiert, zeigt einen, dass man als engagierter Selbstständiger nicht alleine ist.
Wenn man dann zur Preisverleihung eingeladen ist und all den ehemaligen Preisträgern und Gleichgesinnten begegnet, entsteht ein echtes Gemeinschaftsgefühl.
Ich beschreibe die jährliche Preisverleihung deshalb unseren Mitgliedern gegenüber gerne als Klassentreffen für Selbstständige, die sich mit Missständen nicht abfinden, sondern aktiv werden.
Deshalb freue ich mich sehr, dass ich seit 2014 jedes Jahr bei diesem Anlass dabei sein konnte und vermerke mir den nächsten Termin immer schon frühzeitig in meinem Kalender.
Ich hoffe, dass auch Sie heute Abend dieses Gemeischaftsgefühl spüren, viele anregende Gespräche führen, spannende Menschen kennenlernen und sich für ihr eigenes Engagement inspirieren lassen.
Allen vier Nominierten drücke ich nun ganz fest die Daumen, dass Sie es sind, die oder der jetzt gleich den Werner-Bonhoff-Preis erhält.
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