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Klare Definition der Hauptberuflichkeit Viele Teilzeit-Gründer müssen seit 2011 mit höheren Krankenversicherungs-Beiträgen rechnen

Bis Dezember 2010 haben gesetzliche Krankenkassen bei Mitgliedern, die zugleich selbstständig und angestellt waren, in der Regel die Anstellung als Hauptberuf betrachtet. Die Beschäftigten waren dann über ihren Arbeitgeber versichert und mussten nur auf das dort erzielte Einkommen Beiträge zahlen. Das konnte dazu führen, dass ein Beschäftigter, der nur einen Tag pro Woche angestellt war und als Selbständiger wesentlich mehr verdiente, trotzdem nur auf sein Gehalt Beiträge leisten musste.

Es geht um viel Geld

Klare Abgrenzung bedeuten das Ende der Krankenversicherung zum Schnäppchenpreis

Seit 2011 aber schauen die Kassen genauer hin und haben strengere Regeln für die Abgrenzung von Haupt- und Nebenberuf entwickelt. Für viele bedeutete das das Ende der Krankenversicherung zum Schnäppchenpreis.

Früher galten für die Abgrenzung schwammige und vor allem schwer nachprüfbare Kriterien. Entscheidend war vor allem die Arbeitszeit: Wer mehr als 18 Stunden pro Woche auf eigene Rechnung arbeitete, galt als hauptberuflich selbstständig. Das Problem dabei: Nicht jeder Selbstständige schaut genau auf die Uhr und kann mit Sicherheit sagen, ob er 15 oder 19 Stunden arbeitet. Und es ist nicht ungewöhnlich für Selbstständige in Teilzeit, dass die Wochenarbeitszeit je nach Auftragslage schwankt – im Zweifel dürften solche Selbstständigen Angaben zu ihren Gunsten gemacht haben und als nebenberuflich selbstständig registriert worden sein.

2011 aber haben die Krankenkassen messbare Kriterien eingeführt. Als hauptberuflich selbstständig gilt jetzt, wer mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt:

  • Du beziehst in der Regel den größeren Teil des Einkommens aus der selbstständigen Tätigkeit,
  • du arbeitest mehr als 20 Stunden/Woche selbstständig,
  • du beschäftigst einen Mitarbeiter mehr als nur geringfügig (bis 450 Euro).

Das Einkommen aus selbstständiger und nicht-selbstständiger Tätigkeit ist sehr viel einfacher zu überprüfen als die aufgewendete Arbeitszeit. Trotzdem kann es in Grenzfällen zu Zweifeln kommen. Dann muss eine intensivere Prüfung stattfinden. Wolfgang Ulrich, Chefredakteur der SiMA Jura News, vertritt die Auffassung, dass die Selbstständigkeit mehr als 20 Prozent mehr Einkommen generieren muss als die Anstellung, damit die Kassen einen Wechsel des Berufsstatus' vornehmen können. In Ausnahmesituationen wie etwa der Elternzeit gelten weitere Besonderheiten: Wird die Anstellung für eine begrenzte Phase unterbrochen, die Selbstständigkeit aber weitergeführt, gilt sie dadurch nicht automatisch als hauptberuflich, sofern sie nicht ausgeweitet wird.

Klare Regeln stellen Selbstständige vor die Wahl

Die neuen, klaren Regeln sind sicherlich gerechter als die bisherigen schwammigen. Die Beschäftigten aber, die nun vom Status nebenberuflicher zu hauptberuflicher Selbstständigkeit wechseln, müssen sich mit Folgen auseinandersetzen, die nicht nur erfreulich für sie sind.

  • Freie Versicherungswahl: Positiv ist zunächst, dass du als Selbstständige jederzeit in die private Krankenversicherung wechseln kannst. Da die Anstellung nur noch als Nebenjob gilt, bist du von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreit.
  • Höhere Mindestbeiträge und höhere Bemessungsgrundlage: Wenn du als Selbständiger freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung bleibst, musst du einen Mindestbeitrag von derzeit 412,78 Euro zahlen. Dies entspricht einem Verdienst von 2.231,25 Euro. Verdienst du weniger, zahlst du Beiträge auf ein Einkommen, das du gar nicht hast. Würde hingegen deine Anstellung als Hauptberuf gelten, sind als Beitrag derzeit 14,6 Prozent fällig, wovon dein Arbeitgeber 7,3 Prozent übernimmt – und das nur auf dein Bruttogehalt. Das Einkommen aus Ihrer Selbständigkeit bleibt in diesem Fall unberücksichtigt!
  • Dies gilt auch für die Beiträge zur Pflegeversicherung. Die Mindestbeiträge liegen hier bei 56,90 Euro (Kinderlose: 62,48 Euro).
  • Keine kostenlose Familienversicherung: Während du dich bisher über deinen Ehepartner oder die Eltern in der kostenlosen Familienversicherung absichern konntest, weil du sehr wenig Gewinn oder sogar nur Verlust erzielt hast, so bist du künftig als hauptberuflich Selbstständiger in jedem Fall selbst beitragspflichtig.

Für die meisten Selbstständigen in Teilzeit dürften die Nachteile aus den Änderungen überwiegen. Wie du am besten damit umgehen, hängt von deiner konkreten Situation ab:

Verdienst du durch die Selbstständigkeit nur wenig mehr als durch die Anstellung, so könnte es sich lohnen, einige Aufträge abzulehnen, um hauptberuflich angestellt zu bleiben und somit Krankenkassenbeiträge zu sparen. Wenn der Unterschied nur gering ist, könntest du auch deine Betriebsausgaben erhöhen und so die Einnahmen aus der Selbstständigkeit senken.

Falls du als Selbstständiger deutlich mehr als als Angestellter verdienst, musst du dich wohl oder übel auf höhere Krankenversicherungsbeiträge einstellen. Die Anstellung hat sich bisher vielleicht nur deshalb gerechnet, weil du Beiträge gespart hast. Somit stellt sich jetzt die Frage, ob sich die Teilzeit-Anstellung ohne diese Subvention überhaupt noch lohnt. Oder du nutzt die Möglichkeit, in die private Krankenversicherung zu wechseln. Vielleicht sparst du auf diese Weise Beiträge und erhältst zugleich noch deutlich besserere Leistungen. Rechne es für sich durch.

Rückkehr in die GKV nur noch im Hauptberuf möglich

Einen Strich durch die Rechnung macht die Neuregelung auch älteren, privat versicherten Unternehmern, die vorhatten, neben ihrer Selbstständigkeit ein Arbeitsverhältnis in Teilzeit einzugehen, um wieder in die gesetzliche Krankenversicherung zurückkehren zu können. Das ist jedoch nur möglich, wenn die Anstellung der Hauptberuf ist. Ob er das wirklich ist, lässt sich nun eindeutig feststellen.

Die neuen Regeln gelten seit 1. Januar 2011. Wer sich jetzt zusätzlich zu einer Festanstellung selbstständig macht, wird sofort entsprechend der neuen Regeln eingeordnet. Warst du bereits vor dem 1. Januar selbstständig, so geht man von deinem bisherigen Status aus. Die neuen Regeln werden erst bei der nächsten Überprüfung des Versicherungsverhältnisses angewandt. Zum Beispiel könnte es passieren, dass deine Krankenversicherung dich anschreibt und um Auskünfte zum Umfang und Verdienst bittet. Wir sind dabei, zu klären, ob du Differenz-Beiträge dann gegebenenfalls rückwirkend nachzahlen musst und informieren dich über das Ergebnis in einem künftigen Newsletter.

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