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Kolumne Selbstverständlich auch für Selbst-ständige: Lifebalance und Sozialleben

Wir wollen alle selbst und ständig arbeiten? Pustekuchen!

Wir Selbstständigen arbeiten selbst und ständig? Cornelia Rüping, Autorencoach und Heilpraktikerin für Psychotherapie, lässt diesen Spruch, der oft bemüht wird, wütend werden – denn ihr ist, wie vielen anderen Selbstständigen auch, die selbstverantwortliche Einteilung ihrer Lebens- und Arbeitszeit wichtig. Eins bedeutet diese für sie jedenfalls nicht: 24/7 im Dienst zu sein. Eine Kolumne:

Cornelia Rüping arbeitet gerne selbstständig...

Ja, ich bin eine von denen, die freiwillig und gerne als Solo-Selbstständige unterwegs sind. Als Freiberuflerin teile ich mir meine Arbeit selbst ein und zu, genauso die Arbeitszeit. Ich kümmere mich um Akquise, Projekte, Kund/innen, bilde Kooperationen mit anderen, netzwerke und halte mich über fachliche Dingen auf dem Laufenden. Mir gefällt es, so zu arbeiten. Ich fühle mich gewertschätzt, kann mich aus mir selbst heraus motivieren und suche immer wieder neue Herausforderungen. Die Freiheiten, die damit verbunden sind, genieße ich und ich erfülle meine Aufträge und Zusagen, so gut es geht. Manchmal gelingt etwas nicht: Dann gehe ich damit um, tausche mich mit anderen aus, checke die Learnings, richte meine Krone – und weiter geht’s. Wie im echten Leben eben.

... aber nicht: selbst & ständig!

Was mich manchmal wirklich nervt, anstrengt und sogar wütend werden lässt, ist ein Spruch, der immer wieder bemüht wird. Oft mit einem verständnisheischenden „Ja ja, wir Selbstständigen – arbeiten selbst und ständig“ von anderen, die unternehmerisch arbeiten; genauso oft von außen herangetragen: „Ja ja, ihr Selbstständigen – arbeitet selbst und ständig.“ Im Ernst: Was soll das bedeuten? Dass wir selbstverständlich 24/7 unsere Arbeitskraft zur Verfügung stellen? Am Tag auch mal 26 Stunden arbeiten? Weder Wochenenden noch Feiertage kennen? Und uns trotzdem keine Altersvorsorge leisten können? Und prekär leben? Und vielleicht sogar nur scheinselbstständig sind? Am Ende ausgebrannt und ohne Einkommen dem Staat auf der Tasche liegen?

"Ich hab übrigens auch Wochenende"

Und schon weiß ich wieder, warum ich diese Aussage „Selbständige – selbst und ständig“ so furchtbar finde. Mir kommt es manchmal so vor, als wäre da eine Art falsche Bescheidenheit im Spiel: „Ach ja, mir steht es ja gar nicht zu, Freizeit zu haben, meine Auftraggeber/innen erwarten, dass ich immer für sie da bin – das bin ich natürlich.“ Oder wenn ich Anfragen bekomme wie: „Ich schicke Ihnen die Datei Freitag am späten Nachmittag. Meinen Sie, wir könnten Montag bis 10:00 Uhr den Rücklauf bekommen?“ Wenn ich dann nett und freundlich sage: „Ich hab übrigens auch Wochenende“, ernte ich oft einen kleinen Lacher. Pause, dann folgt meist ein verschämtes: „Ja, natürlich.“ Selbstverständlich gibt es Ausnahmen, wenn Projekte dringend sind, manch eine/r kann auch 60 Stunden die Woche arbeiten und findet das klasse. Aber: Die Entscheidung trifft jede/r für sich selbst – und hoffentlich bewusst und zum eigenen Besten, um dann wieder erholt mit Kraft und Energie ans Werk zu gehen. Die Erwartungen an sich selbst und von außen darf jede/r kritisch hinterfragen und gut für sich selbst sorgen auch.

"Ich arbeite selbstverantwortlich"

Was ich anfangs nicht zu Ende gedacht habe, ist mir heute klar: Ja, ich als Selbstständige möchte Lifebalance. Und ja, ein erfüllendes Sozial-/Privatleben ist mir wichtig, Familie genauso. Und das geht mit Leuten, die angestellt sind, nun mal oft nur am Wochenende. Mit manchen treffe ich mich vor allem an Feiertagen. Dafür mache ich mal an einem Wochentag frei, auch mal an zwei Wochentagen hintereinander, wenn es die Auftragslage und meine innere Stimme zulassen. Was ich gelernt habe: Das funktioniert gut, wenn ich mir selbst überlege, was ich brauche und was mir guttut, und darüber offen und geradeaus mit meinen Kund/innen und Kooperationspartner/innen spreche. Ja, klar, ich arbeite natürlich selbst, aber eben auch selbstverantwortlich.

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