Hast du schon einmal daran gedacht, einen Praktikanten einzustellen? Auch Solo-Selbstständige können dies tun. Durch die Zusammenarbeit mit Schülerpraktikanten können sie testen, wie es wäre, in Zukunft einen festen Mitarbeiter einzustellen, etwa einen Werkstudenten. Außerdem bringen junge Menschen frischen Wind ins Unternehmen. Wenn du sogar einen Lehrer als Praktikanten in dein Unternehmen einlädst, trägst du dazu bei, ein realistisches Bild vom selbstständigen Arbeiten in die Öffentlichkeit zu bringen, denn: Lehrer fungieren als Multiplikatoren und nehmen ihr Wissen über die Selbstständigkeit in die Schulen mit.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat im Rahmen des Netzwerks SCHULEWIRTSCHAFT Deutschland eine Initiative gestartet, um Unternehmen beziehungsweise Selbstständige und Praktikanten zusammenzubringen. Das ist wichtig, denn überall mangelt es an Nachwuchs – und daher bieten gewiefte Unternehmer Praktika an, um Nachwuchskräfte frühzeitig zu binden. Wir haben mit Dr. Donate Kluxen-Pyta, der stellvertretenden Abteilungsleiterin Bildung bei der BDA, darüber gesprochen, was Selbstständige beachten müssen, wenn sie Schüler - oder Lehrerpraktikanten einstellen wollen.
Praktikumsanbieter erfahren über den Nachwuchs, wie die Jugend tickt
VGSD: Warum ist es für junge Menschen schlau, ein Praktikum zu absolvieren – und was hat auch der Solo-Selbstständige davon, der eins anbietet?
Dr. Donate Kluxen-Pyta: Die jungen Menschen haben durch ein Praktikum Schnuppermöglichkeiten in einen Beruf oder in eine bestimmte Form der Arbeit wie die Selbstständigkeit. Sie gewinnen dabei Eindrücke aus erster Hand, woraus sich vielleicht ein Berufswunsch ergibt. Unternehmen tragen durch die Möglichkeit von Praktikantenstellen dazu bei, dass der Nachwuchs – im eigenen Betrieb oder für die gesamte Branche – gesichert wird. Ein Praktikum anzubieten lohnt sich, wenn man jetzt oder später Mitarbeiter, etwa Auszubildende, gewinnen will.
Gut ist auch: Ein 15-Jähriger hat ganz andere Marketingideen. Man findet über ihn heraus, wie die Jugend tickt. Das ist nicht in jeder Branche und in jedem Beruf wichtig, in vielen aber sehr.
Ein Praktikum muss Orientierung bringen
VGSD: Was muss ein Solo-Selbstständiger denn dem Praktikanten bieten?
Dr. Donate Kluxen-Pyta: Es muss im Praktikum um Orientierung gehen. Selbstständige sollten sich überlegen, wie ein Praktikum für beide Seiten gestaltet werden kann, damit man voneinander profitiert. Vielleicht kann es dann sogar eine Perspektive für eine weitere Zusammenarbeit geben – für einen Ferienjob oder eine Werkstudententätigkeit nach der Schule.
VGSD: Welche konkreten Aufgaben sind denn denkbar?
Dr. Donate Kluxen-Pyta: Was zum Betrieb passt. Es ist möglich, dass ein Praktikant bei einem Grafikdesigner einen Flyer designen oder sich ein Logo ausdenken kann. Wenn man es dem Praktikanten zutraut, ist es in jedem Fall toll, wenn man ihm eigenständige Aufgaben überlässt. Dann kann auch der Betrieb testen, wie fit der junge Mensch ist.
Auch Lehrer wollen aus der Praxis lernen
VGSD: Die BDA regt auch dazu an, Lehrer als Praktikanten einzuladen …
Dr. Donate Kluxen-Pyta: Genau. Ein Lehrer würde zwar in der Regel nur für einen Tag oder maximal für eine Woche in den Betrieb kommen. Wir halten das aber für wichtig: Lehrer sind die, die ihren Schülern später sagen: Bewirb dich da und dort, mach dies und das. Bisher ist die Arbeit der Arbeitnehmer das Leitbild, die der Solo-Selbstständigen nicht. Um aber den Wert der Selbstständigkeit zu vermitteln, wäre es gut, Lehrer zu briefen, damit sie auch diese Möglichkeit auf dem Schirm haben, um die Schüler auf den Beitrag von kleinen Unternehmen und selbstständigen Experten zu Wirtschaft, Staat und Gesellschaft aufmerksam zu machen.
VGSD: In welchen Bereichen ist es denkbar, dass Selbstständige Lehrer als Praktikanten an die Hand nehmen?
Dr. Donate Kluxen-Pyta: Da ist alles möglich! Denkbar ist etwa, dass der Optiker den Physiklehrer einlädt, und der Kunstlehrer einem Grafikdesigner über die Schulter schaut, um auch mögliche Berufe im eigenen Bereich im Blick zu haben. Vielleicht ergibt es sich dabei, dass der Kunstlehrer dann auch mal den Grafikdesigner in den Unterricht einlädt. Die Schüler erfahren dabei, wie der Beruf einige Zeit nach Ende des Kunst-Abiturs aussehen kann. Ein netter Nebeneffekt: Bei solchen Initiativen baut man sein regionales Netzwerk auf.
Onlinebörsen und schwarze Bretter
VGSD: Wie kommt man an Lehrer- und an Schülerpraktikanten?
Dr. Donate Kluxen-Pyta: In allen Bundesländern sind an allen weiterführenden Schulen Praktika verpflichtend. Sie dauern vergleichsweise kurz, in der Regel hospitieren Schüler nur ein, zwei oder drei Wochen in einem Betrieb. Es gibt verschiedene Modelle, aber grundsätzlich ist es Vorschrift, eins zu absolvieren. Daher muss jeder Praktikant einen Anbieter finden und ist ohnehin auf der Suche. Um Bewerber und Anbieter zusammenzubringen, gibt es etwa Onlinebörsen wie das "Sprungbrett Bayern". Schüler tragen sich dort mit ihrem konkreten Interesse ein, Unternehmen mit dem, was sie anbieten können. Es ist aber auch auf die klassische Art möglich, zusammenzufinden: Selbstständige können gern an der Pinnwand der Schule ihr Angebot darstellen.
In Kontakt bleiben ...
VGSD: Wie bleibt man nach dem Praktikum in Kontakt, sollte man Interesse an einer späteren, weiteren Mitarbeit haben?
Dr. Donate Kluxen-Pyta: Wenn man zufrieden war, sollte man den Schüler mal zum Tag der offenen Tür oder auch zu einem gemeinsamen Projekt einladen, oder mit ihm auf eine fachlich passende Veranstaltung gehen.
Was ist ein Schülerpraktikum?
Ein Schüler muss mindestens 14 Jahre alt sein, um ein Praktikum zu machen, im Laufe der Schulzeit muss jeder Schüler ein bis zwei Schülerpraktika absolvieren. Sie dauern unterschiedlich lang; üblich sind ein bis drei Wochen. Aus Sicht der Praktikumsanbieter ist es einfacher, wenn die Praktikanten bereits mindestens 15 Jahre alt sind, da es der Jugendschutz dann erlaubt, sie 8 Stunden lang einzusetzen. Honoriert werden muss ein Schülerpraktikum nicht - bei einem freiwilligen Praktikum für Studenten gilt in der Regel mindestens der Mindestlohn.
Braucht es einen Arbeitsvertrag und Versicherungen?
Das Vertragliche ist bei einem Schülerpraktikum in der Regel über die Schule geklärt, sofern es eine Pflichtveranstaltung für den Praktikanten ist - inklusive eines Versicherungsschutzes für den Bewerber. Wer dem Nachwuchs anschließend etwa ein Ferienpraktikum anbietet, muss diesbezüglich alles selbst klären.
Wo bekomme ich weitere Tipps?
Das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT hat eine Checkliste erarbeitet, mit deren Hilfe es Selbstständigen leicht fallen wird, einen Praktikanten zu finden, einzustellen und die Zeit gut zu gestalten: Zur Checkliste für Unternehmen
Wie finde ich meinen Praktikanten?
In jedem Bundesland ist es über jeweils verschiedene Online-Plattformen möglich, Praktikanten zu finden. Sprungbrett Bayern etwa ist die größte Online-Praktikumsbörse für Schülerinnen und Schüler aller Schularten in Bayern und unterstützt Unternehmen darin, potenzielle Praktikantinnen und Praktikanten zu erreichen.
Buchtipp?
Ich, Nadine Luck, Redakteurin beim VGSD und Autorin dieses Artikels, habe gerade gemeinsam mit Stefan Rippler den Ratgeber „PraktikumsKnigge“ in dritter Auflage herausgebracht (Verlag Springer Nature, 24,99 Euro). Im Buch kannst du viele Informationen darüber finden, wie das perfekte Praktikum aussehen soll. Infos zum PraktikumsKnigge
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