Du beschreitest den Weg des ständigen Lernens, mal mutig und stark, mal zweifelnd und verletzlich - aber gehst immer voran, neugierig und begeisterungsfähig? Umwege und Einbahnstraßen nutzt du im Sinne einer offenen Fehlerkultur als das, was sie sind: als Chancen, etwas Neues zu lernen, und als Gelegenheiten, um an ihnen zu wachsen?
Im vergangenen Jahr haben wir über 50 Geschichten zum Thema „Warum bist du selbstständig?“ gesammelt – und auf unserer Webseite veröffentlicht. Jetzt wollen wir wissen: Durch welche Umstände bist du „stärker als zuvor“? Unter folgendem Link findest du alle Informationen zu unserer neuen Kampagne: "Stärker als zuvor". VGSD-Vorstand Andreas Lutz hat hierzu unter Nutzung des von Keren Pickard entwickelten Word-Dokuments mit Satzanfängen folgenden Text geschrieben:
Warum ich durch meine Selbstständigkeit stärker wurde als zuvor
Ich heiße Andreas und ich bin seit 18 Jahren selbstständig. Ich war allerdings zuvor schon während und unmittelbar nach der Studienzeit für mehrere Jahre selbstständig. Meine jetzige Selbstständigkeit habe ich begonnen, als ich 37 Jahre alt war.
Vielleicht konnte man schon als Kind erkennen, dass ich mich eventuell selbstständig machen würde, weil ich mich in Projekte intensiv einarbeitete, ohne Anstöße von außen zu brauchen. Mich zu etwas zu motivieren, fiel mir selten schwer.
Der größte Erfolg meiner Selbstständigkeit war paradoxerweise, dass ich sie 2012 beendete und durch Gründung des VGSD in ganz anderer Form, nämlich als eingetragenen Verein, fortsetzte. Dessen Mitglieder wurden zum Eigentümer und erhielten alle Kontrollrechte. Ich setzte die von mir über Jahre aufgebauten Ressourcen wie z.B. Kundendatenbank und Presseverteiler dafür ein, eine ganz neue Organisation aufzubauen: zunächst als ehrenamtliches Projekt neben meiner Selbstständigkeit, dann als Angestellter des von mir gegründeten Vereins – dem die Mitglieder aber viel Autonomie gewähren, um wie ein Selbstständiger für sie und ihre Interessen tätig zu werden.
Ich verwirkliche mein Herzensanliegen: Wertschätzung für Selbstständige
Für diesen Erfolg war entscheidend, dass dies der beste Weg war, um mein Herzensanliegen zu verwirklichen, nämlich eine politische Vertretung der Soloselbstständigen aufzubauen und dafür zu sorgen, dass sie fair behandelt werden und mehr Wertschätzung für ihren Beitrag zu Wirtschaft und Gesellschaft erfahren.
Ohne uns würde unseren Mitgliedern eine effektive politische Interessenvertretung fehlen, Networking-Möglichkeiten, die von gegenseitigem Respekt vor der unternehmerischen Leistung jedes Einzelnen getragen sind, die gegenseitige Ermutigung und Stärkung, die wir uns geben, sowie innovative, für jede/n Selbständige/n erschwingliche Weiterbildungsangebote.
Meine Stärke: Ich analysiere gut, und kann mein Wissen weitergeben
Andere sagen, dass ich Sachverhalte sehr genau analysiere, bis ins Details durchschaue und das dabei Erkannte gut vermitteln kann, sei es in Form von Beiträgen, die ich schreibe, von Seminaren, die ich konzeptioniert habe, von Gesprächen mit Politikern und Beamten – individuell oder auf Podien –, die ich regelmäßig führe.
Beim VGSD kann ich diese Stärken optimal zur Entfaltung bringen, weil die Mitglieder mir und meinen Kollegen durch ihren Mitgliedsbeitrag und auch durch ihr großartiges ehrenamtliches Engagement ermöglichen, genau das zu tun, von dem wir gemeinsam überzeugt sind, dass es für die (Solo-)Selbstständigen den größten Nutzen schafft. Über die Relevanz dessen, was wir tun, versichern wir uns laufend durch Befragungen, Feedback in Form von Kommentaren sowie durch Videokonferenzen mit Interessierten.
Ich wachse, weil ich Rat und Hilfe erhalte
Wenn ich auf meine Selbstständigkeit zurückblicke, bin ich am meisten dafür dankbar, dass ich für das, was ich tue, von Anfang an so viel Wertschätzung von Kunden und Mitgliedern erfahren habe. Ich bin dankbar für den guten Rat, den ich von anderen Selbstständigen erhielt. Nur mit ihrer Hilfe konnte ich die zahlreichen Herausforderungen, vor denen ich stand, bewältigen, um so an ihnen als Mensch zu wachsen.
Ich schone mich nicht
Ich möchte mich selbst dafür wertschätzen, dass ich zu selten Dinge delegiere und immer erst selbst versuche, ein Problem zu lösen oder eine Aufgabe zu erfülle. Ich schone mich nicht und bin mir selten für etwas zu schade. Manch anderer mag das als Fehler oder Unfähigkeit wahrnehmen, weil ich mir auf diese Weise mehr Arbeit aufbürde, als das nötig und vielleicht auch gesund wäre. Es gab natürlich auch Menschen, die diese Eigenschaft von mir ausnutzen. Durch diese Erfahrung habe ich aber gelernt, besser auf mich aufzupassen und mich bei Bedarf abzugrenzen.
Ohne die Unterstützung von Max Hilgarth hätte ich es nicht geschafft, den VGSD aufzubauen, er hat mir so viele Aufgaben abgenommen, hat meine Marotten ausgehalten, sie mir nicht übel genommen, mich immer wieder angefeuert und das Glas halbvoll gesehen, wenn es für mich einmal halbleer war.
Was ich am VGSD besonders schätze ist, dass wir in meinen Augen die besten Mitglieder überhaupt haben. Ich habe so viele hilfsbereite Menschen durch dieses Netzwerk kennengelernt, die sich selbstlos und mit großer Energie für eine Sache engagieren.
Lehrgeld investiere ich in den Fortschritt
Als Selbstständiger habe ich auch Fehler gemacht, falsche Entscheidungen getroffen, aber ich habe vor dem Hintergrund wachsender Verantwortung und entgegen meiner familiären Prägung gelernt, immer nach vorn zu schauen und zu fragen, was ich aus einem Misserfolg lernen und wie ich es künftig besser machen kann. Fehler und Fehlschläge verlieren durch diese Haltung ihren Schrecken. Das Lehrgeld, das ich für sie bezahle, ist gut investiert, weil ich dadurch schneller dazu lerne und Fortschritte mache als es möglich wäre, wenn ich versuchen würde, möglichst viele Fehler zu vermeiden.
Wenn ich zurückblicke, möchte ich folgende Erfahrung nicht missen: Als Selbstständiger habe ich aufgrund meiner Kreativität und Begeisterungsfähigkeit immer neue Unternehmen gegründet und irgendwann die Buchhaltung für zehn Firmen erledigt, zugleich für die einzelne Firma und überhaupt die inhaltliche Arbeit immer weniger Zeit gehabt. Ich habe durch diese Erfahrung viel gelernt und beschlossen die Komplexität in meinem Arbeitsleben dramatisch zu reduzieren, mich viel mehr zu fokussieren. Darauf, dass dies gelang, bin ich sehr stolz und es hat mein Vertrauen in meine Fähigkeit gestärkt, mit viel Geduld auch große Änderungen herbeizuführen.
Mut lohnte sich auch bei der Büromiete
Ich habe mir viele Gedanken, ja Sorgen gemacht, ob ich für den VGSD das jetzige Büro mieten soll, weil damit anfangs vier Untervermietungen verbunden waren. Ich hatte die Sorge, dass mich dies neben dem finanziellen Risiko auch viel Zeit kosten könnte, die ich lieber für unsere Mitglieder einsetzen möchte. Es hat sich dann aber herausgestellt, dass die Sorgen unbegründet waren: Wenn ein Untermieter auszog, haben wir sehr schnell neue gefunden. Und jetzt, wo wir mehr Platz für eigene Mitarbeiter benötigen, können wir die Fluktuation nutzen, uns im Büro auszubreiten, ohne nochmals umziehen zu müssen. Die Unsicherheit bezüglich der Untervermietung war für mich der Motor, das Büro so attraktiv zu gestalten, dass ich leicht Nachmieter finden würde. Heute hilft uns das bei der Mitarbeitersuche.
Andere haben mir Mut gemacht, indem sie mir gesagt haben, dass sie an mich glauben. Ich selbst mache mir immer wieder Mut für die politische Arbeit, indem ich mir sage, dass die deutsche Wirtschaft dringend auf uns Selbstständige angewiesen ist und dass irgendwann auch der ignoranteste Politiker das verstehen wird; dass dies nur eine Frage des richtigen Beispiels bzw. des für diesen Gesprächspartners passenden Wegs ist und dass ich diesen finden werde.
Mein Ziel: Stärker fokussieren auf das, was ich am besten kann
Die Corona-Krise hat bei mir zu folgender positiver Veränderung geführt: Ich muss seltener nach Berlin fahren, spare viel Reisezeit und kann kurzfristiger Termine mit Gesprächspartnern vereinbaren. Als Verein konnten wir dadurch unsere Lobby- und Weiterbildungsangebote schneller ausbauen, als das sonst möglich gewesen wäre.
Ich kann hoffnungsvoll in die Zukunft schauen, weil ich zusammen mit meinen Kollegen etwas geschaffen habe, auf das ich sehr stolz bin. Ich freue mich darauf, unsere Aufgaben in einem wachsenden Team noch arbeitsteiliger zu erledigen, so dass ich mich noch mehr auf das fokussieren kann, was ich am besten kann.
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