Eigentlich würde man vermuten, dass Kinder aus ärmeren Haushalten häufiger jobben müssen. Tatsächlich ist es umgekehrt: Kinder aus wohlhabenden Familien und ganz besonders von Selbstständigen gehen häufig schon in der Schulzeit Nebenjobs nach.
Das Institut der Deutschen Wirtschaft hat das Sozio-ökonomische Panel (SOEP) daraufhin ausgewertet, wie viele und welche Jugendlichen in den Jahren 2018 bis 2020 Erfahrungen mit Nebenjobs hatten (ohne betriebliche Ausbildungen und bezahlte Praktika). Ergebnis der Studie "Jobben in der Jugend: Eine Frage des Elternhauses": 42 Prozent aller 17-Jährigen hatten schon mal gejobbt, aber 61 Prozent derjenigen, die mindestens einen selbstständigen Elternteil hatten!
Wahrscheinlichkeit jobbender Kinder so hoch wie sonst nur unter Spitzenverdienern
Liegt das daran, dass Selbstständige prekär sind – wie wir es oft vom Arbeitsministerium und aus den Medien hören – und deshalb dringend auf zusätzliche Einnahmen angewiesen? Das Gegenteil ist der Fall: Es sind Haushalte mit überdurchschnittlichem Einkommen (52 Prozent), mit Eltern in gehobener beruflicher Position (54 Prozent) und mit mindestens einem akademischen Elternteil (55 Prozent) in denen die Kinder überdurchschnittlich häufig einem Nebenjob nachgehen.
Studienautor Wido Geis-Thöne erklärt sich das damit, dass diese Eltern über ein soziales Netzwerk verfügen, über das sie eher solche Jobs finden können. Bei Selbstständigen ist natürlich auch vorstellbar, dass die Kinder im elterlichen Betrieb oder dem befreundeter Selbstständiger Erfahrungen sammeln, vielleicht auch bei einem Lieferanten oder Kunden. Einen so hohen Wert wie bei Selbstständigen erreicht der Anteil der jobbenden Kindern ansonsten nur im sechsten Sextil der Haushalte, also in dem Sechstel mit dem höchsten Familieneinkommen (ebenfalls 60 Prozent).
Am seltensten jobben Kinder, bei denen kein Elternteil einen Berufsabschluss hat (18 Prozent) oder wo die Eltern nicht erwerbstätig sind (19 Prozent). Im Nachteil sind diesbezüglich auch alleine zugewanderte Jugendliche (25 Prozent) und solche mit indirektem Migrationshintergrund (32 Prozent).
Auch bei einer Regressionsrechnung, die untersucht, welche Faktoren die Wahrscheinlichkeit des Jobbens von Jugendlichen am besten erklären, hatte den größten Einfluss das Vorhandenseins eines selbstständigen Elternteils.
Es geht um mehr, als nur Geld zu verdienen
Dabei geht es vielen Jugendlichen nicht nur darum, Geld zu verdienen. Das ist zwar bei zwei Dritteln (68 Prozent) der Befragten das wichtigste Motiv, aber immerhin 28 Prozent gaben an, sie würden den Job aus Interesse an der Tätigkeit machen und 4,5 Prozent aus sonstigen Gründen (zum Beispiel Nachbarschaftshilfe).
Zehn Jahre zuvor, im Erhebungszeitraum 2008 bis 2010, hatten mit 15 Prozent nur etwa halb so viele Jugendliche "Aus Interesse an der Tätigkeit" angegeben. Dafür hatten damals etwas mehr Jugendliche gejobbt und die Jobs auch früher begonnen.
Mädchen (45 Prozent) jobben übrigens etwas häufiger als Jungen (39 Prozent). Typisch ist ein monatlicher Bruttoarbeitsverdienst von 150 Euro. Gut ein Drittel der Jugendlichen erhielt 2018 bis 2020 weniger als 100 Euro, ein Drittel bis 250 Euro und ein weiteres Drittel mehr.
Besserer Start ins Berufsleben
Auch wenn die Erzielung von Einkommen bei zwei Dritteln der Jugendliche im Vordergrund steht, glaubt der Studienautor, dass die Jobs in mehrerlei Hinsicht entwicklungsfördernd wirken: "Insbesondere können am Arbeitsmarkt wichtige Fähigkeiten wie Zuverlässigkeit und Eigenständigkeit erworben werden und die Arbeitserfahrung kann einen Pluspunkt bei Bewerbungsverfahren darstellen. [... Es] kann sich ein Ketteneffekt ergeben, indem die Arbeitserfahrung den jungen Menschen Vorteile in der Konkurrenz um Jobs und Praktika während der Schul- und Studienzeit verschafft, die wiederum für den Einstieg ins Erwerbsleben tatsächlich von Bedeutung sein können. Darüber hinaus ist es für die Entwicklung eines kompetenten Umgangs mit finanziellen Ressourcen hilfreich, wenn die Jugendlichen über Gelder verfügen, mit denen sie selbstständig wirtschaften können. Sind diese selbst verdient, sind sie hierbei in der Regel besonders unabhängig von ihren Eltern."
Unserer Meinung nach hilft ein solcher Job Jugendlichen auch herauszufinden, welche Tätigkeiten ihnen am meisten Spaß machen und welche keinen. Vielleicht vermitteln sie auch die Einsicht, wie wichtig eine gute Ausbildung ist, um eine gesellschaftlich angesehene und besser bezahlte Tätigkeit zu erhalten. Hast du selbst gejobbt? Hast du Kinder? Was ist deine Meinung zum Jobben? Hast du Jobs vergeben? Wir sind gespannt auf deinen Kommentar.
Wir machen übrigens selbst gerade gemeinsam mit dem Institut der Deutschen Wirtschaft eine groß angelegte Umfrage zum Thema "Wie selbstständig bist du?". Falls du noch nicht teilgeommen hast: Hier geht es zum Fragebogen.
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