Alexandra Oks ist selbstständige Konferenzdolmetscherin und Übersetzerin. Mit 25 Jahren hat sie sich direkt nach dem Studium selbstständig gemacht. Unterstützt wurden sie und Kommilitonen dabei von den meist freiberuflich tätigen Dozenten an der Uni.
Alexandras Schlüssel zum Erfolg war und ist, stets an sich zu arbeiten, immer bereit zu sein, von anderen zu lernen und Networking zu betreiben. Woran sie ihren Erfolg misst und was sie in ihrer Selbstständigkeit erlebt hat, erfahrt ihr im Beitrag.
Ich heiße Alexandra Oks, von Beruf bin ich Konferenzdolmetscherin und Übersetzerin für Russisch, Deutsch und Englisch. Meine jetzige Selbstständigkeit habe ich begonnen, als ich 25 Jahre alt war.
Bereits in der Uni Kontakt mit der Selbstständigkeit
Der Auslöser war damals, dass die meisten meiner Dozenten und Dozentinnen an der Uni auch Freiberufler waren und uns die Selbstständigkeit durch ihre Erfahrungsberichte en passant nahegebracht und uns die Angst davor genommen haben. Ich war Studentin im Studiengang Konferenzdolmetschen, bzw. davor Übersetzungswissenschaft.
Ein weiterer Grund für den Schritt in die Selbstständigkeit war, dass die Mehrheit der in Deutschland tätigen Dolmetscher und Dolmetscherinnen und/oder Übersetzer und Übersetzerinnen freiberuflich arbeitet. Außerdem hatte ich keine Lust auf weitere Jahre Fernbeziehung, wenn ich in einer anderen Stadt eine Festanstellung gefunden hätte und für den Job umziehen müsste.
Etablierung am Markt: Es ist nicht so, dass jemand auf dich wartet
Ich hatte in der Selbstständigkeit durchaus auch mit Herausforderungen zu kämpfen. Zum Beispiel musste ich mich am Anfang überhaupt am Markt etablieren, denn es ist ja nicht gerade so, als hätte jemand auf mich gewartet. Man ist am Anfang quasi ein Niemand, weil keiner dich kennt, weder die Kollegen und Kolleginnen, noch die Kunden und Kundinnen. Und auch danach muss man immerwährend um Aufträge kämpfen.
Trotz alledem bin ich selbstständig geblieben, weil es jedes Jahr immer besser und erfolgreicher lief und weil ich meine Freiheit sehr zu schätzen gelernt habe. Ich war zwischendurch schon mal angestellt, nämlich als Englisch-Dolmetscherin beim Auswärtigen Amt in Berlin als Mutterschaftsvertretung.
Meine Motivation war damals eine andere, nämlich auch mal etwas anderes auszuprobieren und unschätzbare Erfahrungen zu sammeln.
Erfolgsrezept: Hart (an mir) zu arbeiten
Der größte Erfolg meiner jetzigen Selbstständigkeit war, dass ich seit ein paar Jahren und bis zur Corona-Krise mehr verdient habe als mein Mann in Festanstellung. Für diese Erfolge war entscheidend, dass ich immer sehr viel und hart (an mir) gearbeitet habe, stets professionell war, viel Networking betrieben habe, nichts für selbstverständlich hinnahm und immer bereit war, von Anderen zu lernen.
Die Selbstständigkeit gibt mir die Freiheit, die ich als Angestellte nicht hätte, angefangen bei den Arbeitszeiten, der regelmäßigen und bequemen Arbeit von zu Hause aus, meinen Geschäftsentscheidungen, die ich von keinem Vorgesetzten absegnen lassen muss, bis hin zu sehr kurzfristigen Urlaubstagen, wenn die Kinder mal krank sind (ich habe 20 Monate alte Drillinge zuhause, die nebenbei auch etwas Arbeit machen).
Homeoffice und Kinder gelingt nur mit Plan A, B, C und D
Jeder, der Kinder hat oder über etwas gesunden Menschenverstand verfügt, wird wissen, dass Homeoffice und Kinderbetreuung gleichzeitig nicht geht. Deswegen sind eine zuverlässige Kinderbetreuung, ein Partner, der vieles mitträgt, sowie Plan B, C und D essentiell. Aber die Tatsache, dass ich nicht jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit irgendwo (zum Beispiel in einem Büro) sein muss, wo ich auch noch den ganzen Tag verbringen muss, macht sehr Vieles einfacher.
Natürlich müssen Liefertermine von Übersetzungen eingehalten und Dolmetscheinsätze zu einer bestimmten Uhrzeit absolviert werden, aber es ist nicht so, dass jeder Tag ein Sprint aus vielen festen Terminen ist. Wenn beispielsweise die Kinder zu Hause sind und ich einen Online-Dolmetschtermin habe, schicke ich sie zusammen mit einem Erwachsenen (meinem Mann, der Kinderfrau, einer Babysitterin o.Ä.) entweder in den Garten, auf den Spielplatz oder in das 2. OG in ihr Kinderzimmer, baue mir meinen Arbeitsplatz im Keller auf und schließe sämtliche Türen dazwischen, damit keine Nebengeräusche zu hören sind. Die derzeitige Situation mit der Notbremse ist eine besondere Herausforderung für mich, da ich nicht weiß, wie meine Kinder nun in den kommenden Wochen und Monaten betreut werden sollen, aber immerhin kann ich vieles von zu Hause aus erledigen und notfalls nachts arbeiten.
Selbstständige müssen in der Corona-Krise um jeden Euro betteln
Ohne mich würde meinen Kunden und Kundinnen eine professionelle Vermittlung zwischen unterschiedlichen Kulturkreisen von einer Dolmetscherin, die wirklich weiß, was sie tut, fehlen. Wirtschaft und Gesellschaft wären ärmer, weil aufgrund von fehlender oder fehlerhafter bzw. missverständlicher Kommunikation viele wunderbare Projekte gar nicht stattfinden könnten.
Die Selbstständigen werden nicht immer fair behandelt, besonders ärgere ich mich darüber, dass wir in der Corona-Krise einfach allein und im Stich gelassen wurden und um jeden Euro der unterschiedlichen Hilfspakete wie um Almosen betteln müssen.
An Herausforderungen wächst man und lernt eine Menge über sich
Trotzdem war die Selbstständigkeit für mich die richtige Entscheidung, weil es mich einfach glücklich macht, mich mit Sinn erfüllt und mir das Gefühl verleiht, gebraucht zu werden. Als Angestellte wäre ich wahrscheinlich weniger zufrieden, weil ich in vielen Aspekten fremdbestimmt wäre und mich in eine feste Hierarchie einfügen müsste.
Ich würde anderen trotz aller aktuellen Probleme empfehlen, sich selbstständig zu machen, weil man sich damit seinen eigenen Lebenstraum erfüllen kann. Mindestens ausprobieren sollte man es auf jeden Fall. Auch wenn es nicht klappt, kann man immer noch eine Festanstellung suchen. Aber an Herausforderungen wächst man und lernt dabei eine Menge über sich und bekommt die Chance, über sich hinauszuwachsen.
Anmerkung:
Unsere Aktion "Warum bist du selbstständig?" stieß bei euch auf eine große Resonanz, worüber wir uns sehr freuen. Dabei haben wir deutlich mehr Zuschriften bekommen als wir erhofft haben. Wir bedanken uns herzlich bei euch, dass ihr euch die Zeit genommen habt, mit uns eure Geschichte zu teilen.
Wie ihr bestimmt schon gesehen habt, haben wir bereits eine Reihe von Warum-Geschichten veröffentlicht. Die Geschichten, die wir auswählen, zeigen immer neue Aspekte und Gründe für eure Selbstständigkeit: Seid ihr Unternehmer, weil eurer Kreativität in dieser Berufsform keine Grenzen gesetzt sind, weil die Freiheit durch eine Selbstständigkeit unbezahlbar ist - oder warum? Wir möchten mit der Auswahl der Geschichten der Vielfalt an Gründen für eine Selbstständigkeit Rechnung tragen und diese Bandbreite aufzeigen. Wir bitten daher um euer Verständnis, wenn wir deshalb nicht jede Geschichte veröffentlichen können, hoffen aber, euch durch immer neue Ansichten inspirieren zu können.
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