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Warum bist du selbstständig? - Katarina von Verschuer, virtuelle Assistentin "Ich war schon immer multitasking unterwegs"

Warum um alles in der Welt hast du dich selbstständig gemacht? Was beglückt dich in deinem Business, was treibt dich an? Warum bist du trotz aller Hindernisse Unternehmerin oder Unternehmer – und willst es auch bleiben?

Katarina von Verschuer kann durch ihre Selbständigkeit ihren Beruf und ihre Familie mit vier Kindern vereinen

Das wollten wir von dir wissen und haben auf unseren Aufruf hin mehr als 60 spannende Geschichten erhalten. Viele davon werden wir vorstellen.

Heute erzählt Powerfrau Katarina von Verschuer über ihre freiberufliche Tätigkeit als virtuelle Assistentin. Multitasking war schon immer ihr Ding, wie sie sagt. Daher kann sie durch ihre Selbstständigkeit ihre Arbeit und ihr Familienleben mit vier Kindern unter einen Hut bekommen.

Katarinas Geschichte: "Hat mein Tag mehr Stunden als der anderer Mütter?"

Ich heiße Katarina und bin freiberufliche virtuelle Assistentin (VA). Da das in Deutschland noch nicht zu den gängigen Berufen gehört, erkläre ich das als „Sekretärin aus der Ferne“. Dazu später mehr.

Etwa sechs Monate, nachdem unser viertes Kind geboren wurde, haben uns die Kinderbetreuungseinrichtungen für drei von vier Kindern kurzfristig zeitgleich versetzt. Neue waren nicht zu finden. Wir waren frisch aus dem europäischen Ausland zurück nach Deutschland gezogen - und meine Berufstätigkeit als Assistentin in der Geschäftsführung eines IT-Unternehmens verlangte mir eine Menge ab. Einige dieser „Unpässlichkeiten“ waren vorher nicht absehbar, denn mit Kindern läuft das Leben doppelt anders, als frau denkt. Mein Partner ist ebenfalls in der IT tätig, allerdings in Vollzeit angestellt. Um meine Selbständigkeit und den Familienalltag zu kompensieren, fahre ich täglich bis zu 20 km Fahrrad (Weg zum Kindergarten und Co-Working-Space) und bin ehrenamtlich in der deutschen Telefon- und Chatseelsorge aktiv. Manchmal denke ich, mein Tag hat mehr Stunden als der anderer Mütter. Doch: Nein, hat er nicht. Ich war einfach schon immer multitasking unterwegs. Auf dem Rad telefoniere ich mit Kunden oder mache Strategie-Sessions mit mir selbst. Oder ich brainstorme mit Kolleginnen und Kollegen per Sprachnachricht.

2018 begann die Selbstständigkeit

Wie kam ich zur Selbständigkeit? Eine befreunde Unternehmerin suchte 2018 händeringend nach einer Sekretärin, die sowohl die Kundenbetreuung managen als auch Social-Media-Posts planen kann, obendrein die Buchhaltung wuppt und bestenfalls mehrsprachig arbeitet. Ich bot ihr an, dass ich das übernehmen könnte. Das war der Anfang meiner großartigen virtuellen Karriere. So begann ich zunächst nebenberuflich abends und in den frühen Morgenstunden als virtuelle Assistentin zu arbeiten - immer dann, wenn es die Familie zuließ. Wobei auch hier das Wort „arbeiten“ nicht passt, denn die Tätigkeiten bereiten mir unglaublich viel Freude und ich habe zu keiner Zeit das Gefühl, zu arbeiten. Mit vier Kindern wäre es mir ansonsten nicht möglich, selbstständig zu sein.

"Ich tat und tue genau das, was ich wollte"

Bei der Weihnachtsfeier einer Netzwerkveranstaltung lernte ich meine spätere Gründungscoachin und heutige Kundin kennen. Wir schrieben innerhalb von drei Wochen einen großartigen Businessplan. Wieder einmal stand ich vor Sonnenaufgang auf und ging lange nach Sonnenuntergang ins Bett. Das war anstrengend - und zielführend. Kurzum, ich tat und tue genau das, was ich wollte.

Dann kam die Pandemie, und ich merkte schnell, dass ich in die Vollselbständigkeit gehen sollte, denn die Stundenzahl reichte kaum aus, um die Aufträge zur Zufriedenheit aller auszuführen. Den Gründungszuschuss von der Agentur für Arbeit erhielt ich, auch wenn das nur ein kleiner Betrag war, um die Sozialversicherungskosten zu Beginn zu decken. Entscheidend war und ist mein unbändiger Wille, unabhängig und den Kindern ein Vorbild zu sein.

Wir haben ein gutes Netzwerk im Umfeld, auch wenn unsere Familien nicht in der Nähe sind. Privat stelle ich mich schon immer den größeren Herausforderungen. Im Sommer 2020 war eine Reise geplant, die in den Niederlanden beginnen und zunächst in Estland enden sollte. Mit den Kindern wollten wir auf einer Interrail-Tour sehen, wo wir uns niederlassen wollen und damit die Abmeldung unseres Wohnsitzes aus Deutschland planen können. Diesen Weg haben wir durch die Pandemie verschoben. Ich bin seit klein auf sehr viel gereist, meine Kinder lieben fremde Kulturen und gehen offen auf jeden Menschen zu. Sie finden auch meine Selbständigkeit spitze: Ich sei doch deutlich entspannter als zuvor. Wir Eltern kümmern uns zu gleichen Teilen um die Kinder, da spielte jedoch das Gender-Gap auch eine Rolle für mich. Mein erklärtes Ziel ist es, als digitale Nomaden-Familie leben zu können.

Der größte Erfolg: Nach einem halben Jahr die Familie versorgen können

Mit der zu Beginn genannten Kundin arbeite ich nach wie vor sehr gerne. Der größte Erfolg meiner jetzigen Selbständigkeit ist, dass ich meine Familie binnen sechs Monaten finanziell alleine versorgen konnte. Mit einem derart schnellen finanziellem Wachstum habe ich nicht gerechnet. Darauf bin ich stolz.

Auch mein ehemaliger Vorgesetzter war bis zur Pandemie mein Kunde. Ich liebte meine Tätigkeit in der Geschäftsführungs-Assistenz sehr und wollte auch bleiben. Wir stehen nach wie vor in sehr gutem Kontakt. Doch: Feinheiten wie fehlende Kinderbetreuung, Änderung der Betreuungszeiten und ein Einkommen, das meinem Anspruch nicht genügte, bereiteten mir Kopfschmerzen.

Mittlerweile darf ich eine Vielzahl virtueller Assistentinnen und Assistenten zu meinen KollegInnen zählen. Sie planen Social Media Kampagnen, erstellen die Inhalte, übernehmen den Kundenservice, die (vorbereitende) Buchhaltung, verfassen oder lektorieren Texte, transkribieren Videos oder Audiodateien, planen Termine und Dienstreisen, schneiden Videos, erstellen Podcasts und noch viel mehr.

Anfangs viel gearbeitet, heute kinderfreundliche Zeiten

Ich habe wunderbare KundInnen, die mich wertschätzen. Übrigens lerne ich neun von zehn KundInnen beim Netzwerken im Freundes- und Bekanntenkreis oder durch Empfehlungen kennen. Anfangs arbeitete ich sehr viel, wie das bei GründerInnen vielleicht üblich ist. Die Pandemie spielte mir außerdem sehr in die Karten, da die Digitalisierung nun auch in Deutschland angekommen zu sein scheint. In den USA, wo ich mit Mitte 20 studierte, hatte ich die Tätigkeit als virtuelle Assistenz kennen gelernt.

Jetzt achte ich auf familientaugliche Arbeitszeiten. Dennoch rennen meine Kinder mal bei Video-Konferenzen durch das Bild, malen auf meinen Schoß, während ich lektoriere, oder, oder. Oftmals versende ich Einladungen zu Video-Konferenzen mit dem Untertitel „Kinder willkommen in der Konferenz“. Schließlich war unser jüngstes Kind zu Beginn meiner Selbständigkeit noch ein Säugling und oft mit dabei.

Großer Wermutstropfen: Die Krankenversicherung

Ein großer Wermutstropfen ist die Krankenversicherung (KV). Ich habe bewusst die gesetzliche KV gewählt, da ich so die Kinder kostenfrei mitversichern kann. Außerdem möchte ich auch im höheren Alter weniger Sorgen haben, die KV zahlen zu können. Ein Wechsel zwischen privater und gesetzlicher Versicherung wird dann ggf. schwieriger. Ein weiterer Punkt, der mitunter für Selbständige nicht leicht zu Durchblicken ist, stellt das deutsche Steuersystem dar. Hier wurde ich durch das Gründungscoaching und Seminare bei der örtlichen IHK jedoch vorbereitet.

"Ich folge meiner Passion: Es macht mir unglaublich viel Spaß!"

Ich kooperiere mit anderen virtuellen AssistentInnen und lagere Tätigkeiten aus, die mich zu viel Zeit kosten, die ich nicht (mehr) anbieten möchte. Auch unterstütze ich angehende virtuelle AssistentInnen mit meinem Wissen. Manchmal entsteht auch hier eine Zusammenarbeit. Derzeit arbeite ich mit drei anderen VAs zusammen – so macht das noch mehr Spaß. Ich folge meiner Passion, bin noch immer absolut überzeugt davon, dass ich den richtigen Weg gehe und künftig wachsen kann und werde.

Manchmal werde ich gefragt, ob jedeR „SekretärIn“ auch VA werden kann oder sollte. Für mich ist es der richtige Job, weil ich überall gut arbeiten kann. Wenn ich den Laptop öffne, kann ich im Kleinkindabteil im Zug, in der Arztpraxis, daheim oder im Coworking-Spaces gut arbeiten. Und ich bin gerne frühmorgens und spätabends aktiv. Außerdem liebe ich (Kalt-)Akquise und bin sehr gut im Netzwerken.

Für mich ist die Selbständigkeit das absolut Richtige. Anderen Müttern und Vätern empfehle ich die Tätigkeit ausschließlich dann, wenn sie genug Disziplin und Kraft hierfür haben. Es erfordert Organisation, Mut und familiären Zusammenhalt. Gerade in Zeiten der Pandemie gilt es, sich immer wieder aus dem Geschehen zu ziehen und für die KundInnen tätig zu sein. Mir macht das unglaublich viel Spaß.

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