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Warum bist du selbstständig? - Marie-Luise Dingler, Musikerin:

Marie-Luise Dingler und ihr Bruder Christoph musizieren gemeinsam im Duo The Twiolins. Nach ihrem Violinstudium stellte sich Marie-Luise die Frage, ob sie festangestellt Teil eines Orchester wird oder ob sie den freiberuflichen Weg wählt.

Warum Marie-Luise von ihrer Selbstständigkeit überzeugt ist und wie sie für sich persönlich Erfolg definiert, verrät sie im Beitrag:

Musik ist ihr Ding(ler): Marie-Luise bildet mit ihrem Bruder "The Twiolins".

Ich heiße Marie-Luise Dingler, von Beruf bin ich selbstständige Musikerin mit meinem Duo The Twiolins. Meine jetzige Selbstständigkeit habe ich begonnen, als ich 24 Jahre alt war.

Orchester oder freiberuflich unterwegs?

Der Auslöser war damals, dass ich fertig mit dem (Violin-) Studium war und mich entscheiden musste, ob ich in ein Orchester oder den freiberuflichen Weg gehe.

Weitere Gründe waren, dass mir die Arbeit im Duo mit meinem Bruder Christoph am meisten Spaß gemacht hat – was die Rückmeldung aus dem Publikum auch bestätigt hat. Hier lag die größte Freude und das schönste Feedback – die Sogwirkung war schon da.

In der Zeit vor der Gründung war ich einfach Studentin der Musik, die sich in allen Musikformen wie Orchester, Streichquartett, als Solistin und in vielem mehr ausprobiert hat. Auf die Geschäftsidee kam ich damals, weil ... ja es ist ja eigentlich keine „Idee“, sondern eine Entwicklung. Das erste Mal zusammen aufgetreten sind wir mit zwölf Jahren und haben das seitdem immer wieder gemacht. Im Studium haben wir das dann ausgebaut und weiterentwickelt.

Oft standen wir vor verschlossenen Türen

Ich hatte in der Selbstständigkeit durchaus auch mit Herausforderungen zu kämpfen, zum Beispiel mit der Frage, wie man als Ensemble überhaupt auf die Bühne kommt? Wer engagiert einen und warum? Zum Thema Konzertakquise wurden wir im Studium nicht ausgebildet und ich musste mir das Wissen selbst aneignen, viele Jahre bei Kollegen herumfragen und oft standen wir vor verschlossenen Türen. Irgendwann hatte ich Antworten und ich habe meine eigene Methode entwickeln.

Trotz alledem bin ich selbstständig geblieben, weil es einfach die größte Erfüllung ist, als Künstler selbst entscheiden zu können, welche Musik ich spielen kann und welche nicht. Oder Ideen zu Videos oder CDs einfach selbst zu entwickeln und herausgeben zu können.

Dranbleiben und nicht aufgeben

Einen einzelnen "größten" Erfolg in meiner Selbstständigkeit kann ich gar nicht benennen, denn es sind viele tausend Einzelschritte, die irgendwann eine Karriere ergeben: Preise, die man bekommen hat, tolle Engagements für Festivals und Konzerte (z.B. das Mozartfest Würzburg oder die Einladung nach Litauen oder Dubai, viele Konzertreisen ins Ausland), Auftritte oder Begegnungen mit Stars, das ist irgendwann ein Mix aus tollen Erlebnissen.

Für diese Erfolge war entscheidend, dass ich immer drangeblieben bin. Gerade am Anfang bekamen wir nur Absagen (oder auch keine, einfach nur Schweigen), weil wir entweder noch nicht so weit waren oder ich falsch an die Sache herangegangen bin. Aber der Gedanke, dass das Auftreten für mich und meinen Bruder das Richtige ist, hat mich angetrieben und Rückschläge überwinden lassen.

Als Angestellte fehlen mir Abwechslung und Freiheit

Die Selbstständigkeit gibt mir einfach Freiheit – ich habe auch hier und da als Angestellte gearbeitet, sei es im Orchester oder mal in einer Agentur, einfach um mich auszuprobieren. Aber als Angestellte fehlt mir die Abwechslung im Arbeitsalltag und die Freiheit über meine Entscheidungen.

Ohne mich würde meinen Kunden Folgendes fehlen: Musik! Ganz neue und auch alte Musik für zwei Violinen, die es ohne uns einfach nicht geben würde.

Wirtschaft und Gesellschaft wären ärmer, weil wir für die Musik auch immer neue Ideen einbringen, weil wir unsere Auftritte immer weiter ausbauen und optimieren, sodass es nicht nur die Musik ist, sondern der gesamte Auftritt, der die Augen unseres Publikums zum Strahlen bringt. Das fängt an beim perfekten Kleid bis hin zum abschließenden Witz in der Moderation, der alle zum Lachen bringt.

Restaurantbesitzer müssen auch nicht nachweisen, dass sie kochen können

Die Selbstständigen werden nicht immer fair behandelt, besonders ärgere ich mich darüber, dass die Hilfen für Künstler (und auch andere Selbstständige) so albern verteilt werden. Da werden Millionen versprochen, in irgendwelche Töpfe von Institutionen gespült und diese geben uns dann ein Bewerbungsverfahren vor, wo wir uns gnädigerweise bewerben dürfen. Da entscheidet eine Jury, die ich nicht kenne, über meinen Antrag, in dem ich beweisen muss, dass ich eine tolle Musikerin bin – als ob die letzten 11 Jahre Beruf dafür nicht ausreichen würden.

Ich habe noch nicht gehört, dass Restaurantbesitzer nachweisen müssen, dass sie kochen können, um ihre Hilfen zu bekommen. Das ist unserem Berufstand und unseren gezahlten Steuern unwürdig!

Alternativstrategien von A bis D

Ob man heutzutage Künstler werden soll, hängt vom ganz persönlichen Sicherheitsgefühl ab. Wie viel Planungs- und finanzielle Sicherheit brauchst du in deinem Leben, um dich gut zu fühlen? Vielleicht reicht ja auch ein Halbtagsjob und ein Halbtags-Künstler-Dasein? Dann gehe diesen Weg. Die ganz große Karriere ist nicht planbar und hängt von vielen Faktoren ab.

Wenn du diesen Weg gehen willst, dann überlege dir Alternativstrategien von A bis mindestens D, die du hier und da auch aufbaust, um zu überleben. Gerade in der Coronazeit hat uns das weitergetragen: Unser YouTube-Kanal trägt inzwischen zu unserem Einkommen bei und ich habe ein Kinderbuch herausgebracht. Solche Extra-Standbeine muss man haben, um in Notfällen ausweichen zu können.

Anmerkung:

Unsere Aktion "Warum bist du selbstständig?" stieß bei euch auf eine große Resonanz, worüber wir uns sehr freuen. Dabei haben wir deutlich mehr Zuschriften bekommen als wir erhofft haben. Wir bedanken uns herzlich bei euch, dass ihr euch die Zeit genommen habt, mit uns eure Geschichte zu teilen.

Wie ihr bestimmt schon gesehen habt, haben wir bereits eine Reihe von Warum-Geschichten veröffentlicht. Die Geschichten, die wir auswählen, zeigen immer neue Aspekte und Gründe für eure Selbstständigkeit: Seid ihr Unternehmer, weil eurer Kreativität in dieser Berufsform keine Grenzen gesetzt sind, weil die Freiheit durch eine Selbstständigkeit unbezahlbar ist - oder warum? Wir möchten mit der Auswahl der Geschichten der Vielfalt an Gründen für eine Selbstständigkeit Rechnung tragen und diese Bandbreite aufzeigen. Wir bitten daher um euer Verständnis, wenn wir deshalb nicht jede Geschichte veröffentlichen können, hoffen aber, euch durch immer neue Ansichten inspirieren zu können.

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