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Warum bist du selbstständig? - Petra Fischer, Verkäuferin von Naturbaustoffen "Ich bin stolz auf die eigenen Leistungen"

Endlich selbstbestimmt leben und arbeiten: Petra Fischer atmet auf...

Petra und Jörg Fischer leben in vielerlei Hinsicht freiheitlich: Privat haben sie 2012 die Enge der Stadt hinter sich gelassen und sich ihren Traum vom Landleben erfüllt. Dort wurden auch die Gedanken frei: "Sind unsere sicheren und einträglichen Jobs alles, was wir vom Rest unseres Lebens erwarten können?", fragten sich die beiden, bildeten sich nebenberuflich weiter und wagten 2017 den Sprung in die Selbstständigkeit.

Und hier ist die ganze Geschichte, erzählt von Petra.

Mit der körperlichen Entfaltung wurde auch der Geist frei

Im Frühjahr 2012 fanden und bezogen wir endlich den schon lange gesuchten Resthof - raus aus der Enge der Stadt, rein ins Landleben mit seiner frischen Luft, mit Weite und Raum für die persönliche Entfaltung. Wir haben gut sechs Jahre nach einem passenden Hof gesucht, um mit unserem Pferd zusammen ziehen zu können. Zuvor haben wir in Ritterhude (bei Bremen) in einer Wohnung gelebt. Was für eine Befreiung! Was für ein Genuss, auf der eigenen Wiese zu sitzen und den Grillen im Gras zu lauschen.

Mit der körperlichen Entfaltung wurde auch der Geist frei und wir begannen uns immer öfter zu fragen, ob die sicheren und einträglichen Jobs, die wir seit Jahrzehnten hatten, das sein sollte, was wir uns vom Rest des Lebens erwarteten. Jeden Arbeitstag eingezwängt in ein Korsett aus Vorschriften und Hierarchien, die wir weder verstehen noch nachvollziehen konnten, gebunden an Anweisungen, die wir nicht hinterfragen sollten. Ich arbeitete damals seit 20 Jahren im Einzelhandel - und Jörg war zu dieser Zeit 25 Jahre in der Betriebskrankenkasse angestellt.

Mit einem Bein im Neuland

So reifte in uns der Entschluss, noch einmal neu durchzustarten. Ohne den Sprung ins kalte Wasser, mit den sicheren Jobs im Rücken und dem festen Willen, unser Leben mit 40 noch einmal in die Richtung zu ändern, die uns vorschwebte. In den folgenden zwei Jahren bildeten wir uns neben der Arbeit intensiv fort, besuchten Existenzgründungsseminare, machten Zusatzausbildungen und Kurse, beschäftigten uns mit Zahlen, Fakten und Hintergründen, entwickelten und verwarfen, gewannen und verloren, immer mit einem Bein in der sicheren Existenz des Berufes und einem Bein im Neuland.

Der Erfolg stellte sich nach und ein, so dass wir immer öfter das gebügelte, steife Arbeitshemd gegen wetterfeste Arbeitskleidung tauschen konnten.

Pferde, Naturbaustoffe und ein Resthof

Seit 2017 schließlich sind wir komplett in der Selbständigkeit angekommen und zwar in folgenden Bereichen: Jörg ist Hufpfleger nach NHC, Pferdeosteopath, gibt Seminare zum Thema Hufpflege, führt Laser- und Blutegeltherapie für Pferde durch und ist Ausbilder für das Barhuf-Institut. Ich bin im Verkauf von Naturbaustoffen tätig, biete Seminare zum Thema Lehmputz an und vertreibe ökologisch wertvolle Pflanzen.

Auf die Geschäftsidee kam ich, da mir bei der Renovierung des Hauses auffiel, dass im Bereich natürliche Baustoffe hier im Umkreis keine entsprechenden Händler zu finden sind. Mich haben Naturbaustoffe von Anfang an begeistert und überzeugt. Mein Traum war es immer, einen kleinen Kundenstamm sehr gut zu betreuen. Die Anonymität eines normalen Einzelhandelsgeschäftes war immer etwas, was ich in meiner Festanstellung sehr schade fand. Schließlich arbeitet man mit Menschen - aber ohne sie zu kennen. Das ist jetzt anders.

Gemeinsam bewirtschaften und bewohnen wir einen Resthof mit Pferden, Hunden, Katzen und Hühnern. Außerdem bieten wir eine Urlaubsbetreuung für Pferde an und informieren zum Thema Bepflanzung von Pferdeweiden und Naturschutzideen.

Mehr Herausforderung, Intensität und Stolz

Auch wenn der Arbeitstag in der Regel mehr als die obligatorischen acht Stunden hat, Urlaub eine ferne Idee ist und Wochenenden sich oft auf die Zeit zwischen Sonntagmorgen und Sonntagmittag beschränken, würden wir um nichts in der Welt mehr tauschen wollen. Den Luxus, den Arbeitstag selbst gestalten zu können, im eigenen Rhythmus, angepasst an die eigenen Bedürfnisse, Erfordernisse und Lebensumstände, möchten wir nicht mehr missen.

Ja, es ist mehr Arbeit, mehr Verantwortung, mehr Risiko. Aber ebenso mehr geistige Herausforderung, mehr Intensität und mehr Stolz auf die eigenen Leistungen.

Selbständig zu sein bedeutet für uns, unsere kaufmännischen Entscheidungen nach unserem Gewissen tätigen zu können und Produkte sowie Dienstleistungen danach auszuwählen, ob sie unseren Kriterien und Vorstellungen, auch in ethischer Hinsicht, entsprechen. Wir arbeiten mit den Lieferanten und Kunden zusammen, mit denen wir uns wohl fühlen. Wir bereuen unsere  Entscheidung in keiner Sekunde und können uns ein Leben als Angestellte nicht mehr vorstellen.

Anmerkung:

Unsere Aktion "Warum bist du selbstständig?" stieß bei euch auf eine große Resonanz, worüber wir uns sehr freuen. Dabei haben wir deutlich mehr Zuschriften bekommen als wir erhofft haben. Wir bedanken uns herzlich bei euch, dass ihr euch die Zeit genommen habt, mit uns eure Geschichte zu teilen.

Wie ihr bestimmt schon gesehen habt, haben wir bereits eine Reihe von Warum-Geschichten veröffentlicht. Die Geschichten, die wir auswählen, zeigen immer neue Aspekte und Gründe für eure Selbstständigkeit: Seid ihr Unternehmer, weil eurer Kreativität in dieser Berufsform keine Grenzen gesetzt sind, weil die Freiheit durch eine Selbstständigkeit unbezahlbar ist - oder warum? Wir möchten mit der Auswahl der Geschichten der Vielfalt an Gründen für eine Selbstständigkeit Rechnung tragen und diese Bandbreite aufzeigen. Wir bitten daher um euer Verständnis, wenn wir deshalb nicht jede Geschichte veröffentlichen können, hoffen aber, euch durch immer neue Ansichten inspirieren zu können.

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