Der Werner-Bonhoff-Preis-wider-den-§§-Dschungel 2020 ist mit einem Preisgeld von 50.000 Euro einer der höchstdotierten Wirtschaftspreise in Deutschland. Seit 2006 wird der Preis an Unternehmer/innen vergeben, die mit der staatlichen Bürokratie in Deutschland zu kämpfen haben und mit ihrem Fall Verbesserungen anregen.
Aus den Einsendungen des Jahres 2019 wurden von der Jury vier Finalisten ausgewählt: Bäckermeister Holger Linden aus Traben-Trarbach in Rheinland-Pfalz, Hotelier Wolfgang Kanig aus Suhl in Thüringen, Bio-Landwirt Peer Sachteleben aus Osnabrück und Zimmerermeister Christian Lellau aus Osterwieck in Sachsen-Anhalt. Unter ihnen ist dieses Jahr leider kein/e Solo-Selbstständige/r und auch keine Frau. Hoffentlich nächstes Jahr wieder!
Feierliche Preisverleihung fällt dieses Jahr leider Corona-Beschränkungen zum Opfer
Alle vier Finalisten hätten sicherlich den Preis verdient, aber nur eine/r kann ihn bekommen. Wer hat deines Erachtens die besten Chancen? - Unten kannst du als Kommentar deinen Tipp abgeben bzw. Favoriten benennen.
Aufgrund der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen wird in diesem Jahr leider keine feierliche Preisverleihung stattfinden können. Die Preisverleihung, die sonst jedes Jahr im Sommer oder Herbst in der Berliner Landesvertretung eines Bundeslandes stattfindet, ist für viele Engagierte und Verbandsvertreter wie ein Klassentreffen. Dieses "Klassentreffen" fällt dieses Jahr leider aus.
Die Bekanntgabe der Juryentscheidung, wer der Nominierten den „Werner-Bonhoff-Preis-wider-den-§§-Dschungel 2020“ und das Preisgeld in Höhe von 50.000 EUR gewinnt, erfolgt statt dessen über die Website der Stiftung. Wir werden dann natürlich auch wieder berichten. Die nächste Preisverleihung wird 2021 stattfinden, dann soll auch der Preis an den diesjährigen Gewinner überreicht werden.
Lehrlingsbetreuungsgebühren ohne Lehrlingsbetreuung
Holger Linden, Bäckermeister aus Traben-Trarbach in Rheinland-Pfalz beschäftigt in seiner Bäckerei Wildbadmühle GmbH & Co. KG insgesamt 15 Auszubildene. Als Nichtmitglied wurde er von der Bäckerei-Innung Mosel-Eifel-Hunsrück-Region aufgefordert, sogenannte Lehrlingsbetreuungsgebühren zu zahlen.
Da Herr Linden kritisierte, dass er weder die von der Innung angebotenen Leistungen nutzt, noch dass diese ihm einen zurechenbaren Vorteil verschaffen und zudem die Gebühr unverhältnismäßig hoch sei, setzte er sich hiergegen zur Wehr. Das Verwaltungsgericht gab ihm recht und Herr Linden hat mit seinem Fall für viele andere Unternehmer und für das Gemeinwohl einen wichtigen Beitrag für mehr Transparenz und Rechtssicherheit geleistet.
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Kurgebühr für Geschäftsreisende
Wolfgang Kanig betreibt in Suhl in Thüringen das Ringberghotel, dessen Hauptzielgruppen Dienst- und Geschäftsreisende sind, die ca. 45 Prozent der Gäste ausmachen. Im Sommer 2014 beschloss die Stadt Suhl eine Kurbeitragssatzung, durch die auch Dienstreisende ab der zweiten Übernachtung zum beitragspflichtigen Personenkreis erklärt wurden. Die Stadt war der Auffassung, dass insbesondere Teilnehmer an Tagungen, Messen, Kongressen, Fortbildungen oder ähnlichen Veranstaltungen „erfahrungsgemäß“ die objektive Möglichkeit hätten, auch das Erholungsangebot der Stadt zu nutzen.
Herr Kanig hatte große Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Heranziehung, da nach seiner langjährigen Erfahrung in der Hotelbranche die Dienstreisenden regelmäßig zum Arbeiten kommen, nicht um sich zu erholen und weiterhin die Differenzierung innerhalb der Personengruppe im Hotelbetrieb nicht praktikabel sei. Die von ihm am Oberverwaltungsgericht beantragte Überprüfung der Satzung führte dazu, dass diese für rechtswidrig erklärt wurde. Herr Kanigs Fall illustriert beispielhaft das notwendige Sichtbarmachen von Missständen im Verwaltungshandeln um Verbesserungen auf den Weg zu bringen.
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Schweine-Freilandhaltung mit Tücken
Peer Sachteleben, Bio-Landwirt im niedersächsischen Osnabrück konnte seine ursprüngliche Idee einer Schweine-Freilandhaltung aufgrund der Vorgaben des Veternäramtes zum Seuchenschutz nicht umsetzen und entwickelte daher eine Alternative zur Haltung seiner 57 Tiere: den mobilen Schweinestall. Mehrere knapp 25 m2 großen Ställe (Bio-Standard) werden samt Auslauf alle vier Wochen auf einer 35 ha großen Fläche versetzt, sodass die Tiere regelmäßig eine saubere neue Auslauffläche haben und sich der Boden regenerieren kann.
Nachdem das Veterinäramt für diese Haltungsform grünes Licht gab, erfuhr Herr Sachteleben, dass das Bauamt jedoch eine förmliche Baugenehmigung für die mobilen Ställe als notwendig erachtete. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahren wurden zahlreiche Behörden beteiligt und Herr Sachteleben stieß mit seinem neuartigen Konzept immer wieder auf neue Hürden.
Sein Fall zeigt beispielhaft den Themenkomplex einer mangelnden Problemlösungsorientierung sowie den mitunter unzureichend differenzierten Blick der Verwaltung auf Vorhaben, die keineswegs allein positive unternehmerische Aspekte, sondern auch Interessen des Gemeinwohls in sich vereinen.
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Landesrecht verbietet Anwendung einer durch Bundesrecht erworbenen Qualifikation
Christian Lellau ist Zimmerermeister und staatlich geprüfter Bautechniker in der Baudenkmalpflege. Mit seinem in Osterwieck in Sachsen-Anhalt ansässigen Betrieb ist er hauptsächlich mit der Planung, dem Bau und der Restaurierung von Fachwerkhäusern tätig. Seine erworbene Qualifikation, in Form der Erstellung von Bauvorlagen, darf er jedoch als Handwerksmeister in Sachsen-Anhalt nicht in demselben Maß ausüben wie andernorts in Deutschland.
Grund hierfür sind die entsprechenden Regelungen in den jeweiligen Landesbauordnungen: In neun Bundesländern dürfen Handwerksmeister im Baugenehmigungsverfahren selbst die sogenannten kleinen Bauvorlagen einreichen. In den anderen sieben Bundesländern, so auch in Sachsen-Anhalt, muss der Bauherr hierfür einen Architekten oder Ingenieur beauftragen. Herr Lellau macht auf diesen Misstand, nämlich der durch Landesrecht erfolgten Beschränkung seiner durch Bundesrecht erworbenen Qualifikation aufmerksam und es gelang ihm, eine Debatte im Landtag Sachsen-Anhalt anzustoßen.
Sein Fall verdeutlicht, dass der (Landes-)Gesetzgeber bei Abfassung von Regelungen deren mögliche Folgen für Betroffene in der Praxis nicht immer vollumfänglich im Blick hat und es daher umso wichtiger ist, dass Betroffene auf derartige Auswirkungen bei den Entscheidungsträgern aufmerksam machen, um Verbesserungen auf den Weg zu bringen.
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Bewirb dich für den Bonhoff-Preis 2021
Als Selbstständige/r bist du in viel größerem Maße mit Bürokratie, Zwangsabgaben und Rechtsunsicherheit konfrontiert als Angestellte und Verbraucher. Bewerbe dich schon jetzt (bis spätestens 31.12.2020) für den Bonhoff-Preis 2021 und dokumentiere dazu deinen Kampf mit der Bürokratie in der Fallsammlung der Bonhoff-Stiftung.
Oder engagiere dich aktiv für dein Anliegen im VGSD und schaffe so die Grundlage für deine Bewerbung. Mit Christa Weidner und Tim Wessels haben schon zwei VGSD-Mitglieder den Werner-Bonhoff-Preis gewonnen. So bewirbst du dich bei der Bonhoff-Stiftung.
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