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Lesetipp Wie viel verdient eigentlich eine Musicaldarstellerin? Pamela F. , 34: "Bei Pauschalen bekomme ich oft nachträglich Mehrarbeit aufgebrummt"

Pamela F. liebt es zu singen – und zwar nicht unter der Dusche, sondern professionell und vor Publikum. Die 34-jährige Musicaldarstellerin und Vokalpädagogin gewährt uns einen Blick hinter die Kulissen und auf ihr Konto: Wie ist es, sich als Musicaldarstellerin den Lebensunterhalt zu verdienen?

Pamela F. liebt die Musical-Welt – doch es handelt sich um hart umkämpftes Terrain.

Kunst, Kultur und Kunden

"Ich heiße Pamela, bin 34 Jahre jung und wohne in Dinslaken in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 bin ich selbstständige Musicaldarstellerin und Vokalpädagogin. Mir bereiten besonders Aufträge aus dem Bereich der darstellenden Kunst große Freude, sprich: Bühnenauftritte und Singen. Meine Auftraggeber kommen größtenteils aus dem Kunst- und Kulturbereich und aus der entsprechenden Bildungsbranche. Es handelt sich dabei um Theater, Schulen, öffentliche Institutionen und größere Unternehmen, oder um Privatpersonen. Die Aufträge erhalte ich meistens über Internetplattformen oder Empfehlungen. Für andere Selbstständige aus der darstellenden Kunst kann ich als Arbeitsvermittler beispielsweise die Online-Plattform Theapolis empfehlen.

Ich pflege den Kontakt mit meinen Kunden persönlich oder via Telefon, Mail und WhatsApp. Wenn ich nicht gerade auftrete oder unterrichte, findet man mich im Homeoffice beim Abarbeiten administrativer Aufgaben. Meine typische Woche sieht ungefähr so aus: Ich arbeite 40 Stunden und stelle meinen Kunden davon nur ca. fünf Stunden in Rechnung. Der Rest verteilt sich etwa so: 60 Prozent meiner Zeit gehen für administrative Tätigkeiten drauf, 17,5 Prozent für Weiterbildungen und etwa 5 Prozent für Akquise.

Respekt und Rampenlicht?

Eigentlich verlange ich einen Stundensatz von 50 Euro, gestartet in die Selbstständigkeit bin ich mit 30 Euro pro Stunde. Meist aber rechne ich nicht nach Stunden ab, sondern verlange eine Pauschale. Einen richtigen Stundensatz zu ermitteln, ist daher nicht ganz einfach. Meine typische Auftragsgröße liegt bei etwa 250 Euro. Meist arbeite ich an vier bis fünf Aufträgen gleichzeitig. Das Problem mit Pauschalen: Oftmals, wenn sie gezahlt wurden, bekommt man im Lauf der Zeit mehr Aufgaben aufgebrummt, die vorher nicht abgemacht waren. Das ist nicht nur unfair, sondern auch schwer zu koordinieren.

Ich mache mit meiner Arbeit 20.000 Euro Umsatz pro Jahr, davon bleiben mir 10.000 Euro Gewinn. 100 Prozent meines Gesamteinkommens stammen aus der Selbstständigkeit, aus meiner Tätigkeit als Vokalpädagogin und Musical-Darstellerin.

Auftraggeber geben den Preis vor

In meiner Branche sind es nicht die Selbstständigen, die den Preis vorgeben, sondern die Auftraggeber. Das ist in meinen Augen nicht ganz richtig. Man kann einen Deal eingehen oder eben nicht. Es ist schwer, in meiner Brache an gut bezahlte Jobs zu gelangen. Bessere Chancen als Selbstständige hat man monetär gesehen, wenn man für einen bestimmten Zeitraum fest angestellt ist, wie beispielsweise beim örtlichen Stadttheater. Meist sind auch Honorare nicht verhandelbar, da sich immer jemand findet, der den Job auch für eine noch niedrigere Entschädigung erledigt. Es läuft oft nach dem Motto: "Irgend jemand wird es schon machen". Und: Je länger ich bei einem Kunden arbeite, desto unfairer ist irgendwann die Bezahlung. Tatsächlich habe ich auch schon einige Jobs hingeschmissen, weil ich mich irgendwann zu schlecht bezahlt gefühlt habe. Während Corona beispielsweise wurde mein Honorar um die Hälfte gekürzt, und zwar für ein ganzes Jahr. Erst ab 2023 erhielt ich wieder meine normale Gage. Es fehlt einfach zu oft an Wertschätzung und Respekt, auch fernab des finanziellen Aspekts.

Hohe Reisekosten mindern die Gage

Mit Aufträgen gehen oft auch Reisekosten einher. Als Musicaldarsteller/in kann es schon passieren, dass man mal mehrere Monate von zu Hause weg ist. Unterkunft- und Anfahrtskosten werden vom Auftraggeber nur sehr selten übernommen. In Kombination mit den geringen Gagen ist das nicht nur schwer, sondern manchmal auch gar nicht rentabel. Das Künstler/innen-Netzwerk greift sich zwar gerne gegenseitig gerne unter die Arme und Gästecouches werden herzlich angeboten – doch hat sich das eben besonders durch die Unterbezahlung in der Branche ergeben.

Was vielen nicht bewusst ist: Die Musical-Branche ist männerdominiert. Es gibt zahlreiche Jobs für Männer und nur wenige für Frauen – und die sind natürlich umso heißer begehrt. Dass die Diversität fehlt, ist also problematisch. Deshalb habe ich mich auch für eine Petition engagiert, die verstärkt die Gleichstellung in der Film- und Medienbranche fordert.

Ein Happy End gibt es dennoch

Das meiste Geld gebe ich für meinen Lebensunterhalt aus. Urlaub gönne ich mir pro Quartal ca. eine Woche. Und der ist eher so semi-erholsam. Ab und zu nehme ich mir obendrein nach Bedarf mal ein bis zwei Tage frei. Ich mag meine Tätigkeit sehr, selbst wenn ich mich mal über den einen oder anderen Auftraggeber ärgern muss.

Doch das Gefühl der 'echten Selbstständigkeit' fehlt: Dadurch, dass meine Kund:innen größtenteils meine Preise vorgeben, fühle ich mich nicht wirklich frei. Vielleicht muss ich aber auch besser verhandeln. Wie auch immer: In meinem Hinterkopf schwirrt schon ewig die Idee, mich on top als Hochzeitssängerin selbstständig zu machen. Denn die Liebe zum Gesang, die ist auch trotz bisher niedriger Bezahlung nicht vergangen."

In der Serie "Wie viel verdient eigentlich ein ... ?“ stellen wir Selbstständige vor, die offen, aber anonym über ihren Stundenlohn, ihren Jahresumsatz – aber auch über die Zeit reden, die sie unbezahlt in ihr Unternehmen stecken. Du bist selbstständig und willst ebenfalls offen über Geld sprechen? Dann geht es hier zum anonymen Fragebogen.

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