In der Serie "Wie viel verdient eigentlich ein ... ?“ stellen wir Selbstständige vor, die offen, aber anonym über ihren Stundenlohn, ihren Jahresumsatz – aber auch über die Zeit reden, die sie unbezahlt in ihr Unternehmen stecken. Heute berichtet Jürgen K. (Name geändert), Coach und Berater für Potenzialentwicklung:
Jürgen hat sich mit 49 Jahren selbstständig gemacht
"Ich heiße Jürgen, wohne in Berlin und bin 57 Jahre alt. Vor 7 Jahren habe ich mich nach mehreren Coachingausbildungen selbstständig gemacht, ich arbeite als Coach und Berater für Potenzialentwicklung.
Ich arbeite mit ganz unterschiedlichen Menschen privat und beruflich, einzeln oder in Teams und helfe, Blockadesysteme zu erkennen, zu verstehen und hinter sich zu lassen. Ich unterstütze Menschen, ihre tatsächlichen Stärken und Potenziale zu erkennen und gezielt einzusetzen. Dies führt zu nachhaltigem Wachstum auf persönlicher und beruflicher Ebene. Ich berate und entwickle Management, Teams und Organisationen, um ihnen dabei zu helfen, sich erfolgreich an Veränderungen anzupassen und in der Zukunft bestehen zu können.
Nie ist ein Tag gleich
Vorher war ich angestellt als Anlagentechniker, Banker, Unternehmensberater und Vertriebler. Am meisten Spaß an meiner aktuellen Tätigkeit macht mir, dass ich meine Kunden dabei begleite, hinter die Kulisse von Menschen schaue und sie in ihren Themen und ihrer Entwicklung unterstütze. Ich habe mit vielen verschiedenen Menschen, Themen und Branchen zu tun, nie ist ein Tag gleich. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Tätigkeit.
Keine Garantie, dass der Umsatz so bleibt
Ich hatte im Jahr 2022 einen Gesamtumsatz von rund 200.000 Euro. Das Jahr davor war es die Hälfte, 100.000 Euro, 2020 noch 60.000 Euro. Ich habe keine Garantie, dass es bei dem hohen Umsatz bleibt. Das muss man als Selbständiger aushalten. Dass ich einen so viel höheren Umsatz habe als etwa 2021 oder 2020, liegt vor allem an der Arbeit mit zwei größeren Kunden, die ich an mehreren Tagen pro Woche berate, bzw. beraten habe. Es handelt sich dabei um Unternehmen, mit denen ich bereits in vorhergehenden Berufen als Angestellter zusammengearbeitet habe.
Das Quäntchen Glück gehört dazu
Andere Auftraggeber sind sowohl Privatpersonen, Unternehmen und auch öffentliche Einrichtungen. Tatsächlich habe ich bisher keine Zeit in Akquise investiert, alle Aufträge entstanden über mein bisheriges Netzwerk und über Empfehlungen – und vermutlich auch mit Hilfe des Quäntchens Glücks, zur rechten Zeit das richtige Angebot zu haben, oder die richtigen Menschen zu treffen. In der Regel bearbeite ich zeitgleich drei bis vier Aufträge. Darauf, dass einer der beiden großen Aufträge Ende des Jahres auslaufen wird, bereite ich mich vor, indem ich mein Angebot anpasse und plane, künftig mit mehr verschiedenen Kunden gleichzeitig parallel zu arbeiten.
Bis zu 290 Euro Stundensatz - bei Geschäftskunden
2016, zu Beginn meiner Selbstständigkeit, betrug mein Stundensatz 100 Euro. Wenn ich einen Privatkunden habe, stelle ich ihm aktuell pro Stunde etwa 140 bis 170 Euro in Rechnung, Geschäftskunden müssen 190 bis 290 Euro bezahlen. Mein Tagessatz beträgt zwischen 1.500 und 2.000 Euro. Wieviel ich monatlich zur Seite legen kann, ist unterschiedlich. Je nach Umsatz sind es vielleicht 500 bis 1.500 Euro.
20 Prozent der Arbeitszeit sind unbezahlt
Für meinen Umsatz arbeite ich mich nicht tot – durchschnittlich sind es 30 bis 35 Wochenstunden, die ich in meine Selbstständigkeit investiere, was aber stark schwankt: Es können mal 20, aber auch mal 50 Wochenstunden sein. Etwa 20 Prozent meiner Arbeitszeit ist unbezahlt, die gehen drauf für Vorbereitung, Technik, Bürokratie. Was halt so ansteht. Diese 20 Prozent sind eine Schätzung, genau notiere ich mir das nicht. Vermutlich unterschätze ich meine Arbeitszeit, denn ich denke auch in meiner freien Zeit über Kunden und Aufträge nach.
Unschöne Vorstellung, im Urlaub nichts zu verdienen
Richtigen Urlaub mache ich aktuell maximal drei Wochen pro Jahr. Ich kann mir mehr leisten, aber die Vorstellung, in dieser Zeit nichts zu verdienen, mag ich nicht. Das ist aber ein mentales Problem von mir, daran arbeite ich. Unterm Strich habe ich aber noch mehr frei: Wenn es gut passt, arbeite ich mal einen Tag nicht, etwa weil ich einen Ausflug mache. Ich zähle diese Tage aber gar nicht mit, kann mir aber gut vorstellen, dass ich in Summe dann doch auf fünf, sechs Wochen Urlaub komme."
Bist du auch als Coach selbstständig? Decken sich Jürgens Erfahrungen mit den deinen? Diskutiere gerne in den Kommentaren darüber!
Erzähl uns, wie viel du verdienst!
Und: Jetzt bist du dran! Für unsere Beitragsreihe wollen wir wissen, wie viel du als Selbstständige/r erwirtschaftest, wie viel du dafür arbeitest, wie viele Stunden in deiner Selbstständigkeit unbezahlt sind und was dir schließlich bleibt. Hast du Lust, uns darüber zu erzählen? Wir würden uns freuen! Hier erfährst du mehr darüber.
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