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35 Verbände unterzeichnen Positionspapier Gesetzentwurf gefährdet bezahlbare Bildungsangebote

Der aktuelle Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2024 sieht eine Änderung von § 4 Nr. 21 UStG vor, die die Bezahlbarkeit von Bildungsangeboten gefährdet. Die geplante Änderung schafft neue Rechtsunsicherheit und bedroht die Existenz von kleinen Bildungsanbietern und Lehrenden. Koordiniert von der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) fordern 35 Verbände eine Überarbeitung, damit Angebote wie berufliche Weiterbildung, Musik- und Tanzunterricht für Bürger/innen erschwinglich bleiben.

Deutschland ist verpflichtet, Artikel 132 Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie der EU umzusetzen. Es ist bereits im Februar von der EU-Kommission wegen der fehlenden Umsetzung gerügt worden. Die Umsetzung soll nun durch eine Änderung von § 4 Nr. 21 Umsatzsteuergesetz erfolgen. Dazu liegt ein Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2024 vor. Diesem zufolge soll das bisherige Bescheinigungsverfahren zur Befreiung von der Umsatzsteuer wegfallen und die Entscheidung darüber, ob ein Angebot eine "Bildungsleistung" (umsatzsteuerbefreit) oder eine "Freizeitbeschäftigung" (umsatzsteuerpflichtig) ist, den Finanzämtern obliegen. Im Bereich der Fortbildung setzt die Steuerbefreiung voraus, dass keine systematische Gewinnerzielung angestrebt wird.

Entwurf schafft neue Bürokratie und Rechtsunsicherheit

Damit schafft der Entwurf neue Bürokratie und neue Rechtsunsicherheiten. Er widerspricht auch der "Wachstumsinitiative" der Bundesregierung. Dort heißt es, dass "die Bundesregierung ab sofort EU-Richtlinien 1:1 in nationales Recht umsetzen und bestehende überschießende Umsetzungen identifizieren und reduzieren" wird.

Die EU-Vorgaben werden nicht angemessen umgesetzt, wenn es Ausnahmen bei der Umsatzsteuerbefreiung von Bildung gibt und Fortbildung in Teilen von der Steuerbefreiung ausgeklammert wird. Der nach diesem Entwurf zusätzlich zu prüfende Tatbestand einer Gewinnverwendung für Bildung ist in der Praxis kaum umsetzbar: Bei ein und demselben Kurs müssten unterschiedliche Preise verlangt werden, denn die Lerninhalte sind oft identisch, allein die Motive der Teilnehmenden unterscheiden zwischen Aus- und Fortbildung. Zudem ist die Erzielung von Gewinn nichts Verwerfliches. Für Einzelunternehmer/innen entspricht sie dem Arbeitseinkommen von Angestellten. Sie müssen Gewinn erzielen, um von diesem nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben ihre Lebenshaltungskosten bestreiten zu können. Die Neuregelung bringt Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten privater Anbieter und neuen bürokratischen Aufwand, obwohl das europarechtlich nicht notwendig ist.

Freiberuflichen Lehrenden drohen existenzgefährdende Nachzahlungen

Vielen Bildungseinrichtungen ist es wirtschaftlich nicht möglich, freiberufliche Lehrende fest anzustellen. Was im allgemeinbildenden Schulunterricht machbar ist, würde die große Palette innovativer freier Bildungsangebote verengen. Freiberuflichen Lehrenden drohen langjährige Steuernachzahlungen, wenn nachträglich eine Umsatzsteuerpflicht erkannt wird. Diese können ihre Existenz gefährden. Freiberufliche Lehrende müssen deshalb als "selbständige Lehrer" ausdrücklich nach dem Gesetzeswortlaut von der Umsatzsteuer befreit werden, wie das bereits vor Jahren in § 4 Nr. 21 b realisiert wurde. Eine Nennung in der Gesetzesbegründung reicht dabei nicht aus, um angemessene Rechtssicherheit für die hunderttausenden freiberuflich Lehrenden zu gewährleisten.

Das Positionspapier "Bildung umfassend fördern statt verteuern und bürokratisieren" haben 35 Verbände unterzeichnet, darunter der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland, der Deutsche Musikrat, die Royal Academy of Dance, der Verband der freien Musikschulen sowie der Deutsche Tonkünstlerverband.

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