Dem Berliner CDU-Abgeordneten Adrian Grasse ist zu verdanken, dass es am Beispiel des Landes Berlin nun erste Zahlen zu Entschädigungen nach §56 Infektionsschutzgesetz gibt. Der Paragraph regelt, dass und wie im Fall einer durch das Gesundheitsamt vorgeschriebenen Quarantäne zu entschädigen ist.
So sollen Selbstständige ihren Honorarausfall bis zu sechs Wochen in voller Höhe erstattet bekommen (danach zu 60 Prozent) sowie die weiterlaufenden betrieblichen Kosten.
Viele Juristen sind der Meinung, dass der Paragraph analog auch auf andere Maßnahmen anzuwenden ist, bei denen die Berufsausübung durch staatliche Maßnahmen eingeschränkt wird. Der VGSD hat dazu aufgefordert, entsprechende Anträge an die zuständigen Gesundheitsämter zu stellen, auch wenn diese Anträge in der Regel zunächst abgelehnt werden. Sobald die rechtliche Situation durch Präzedenzfälle juristisch geklärt ist, könnten Antragsteller ihre Ansprüche zu einem späteren Zeitpunkt geltend machen.
Zuständige Behörden schicken wie erwartet reihenweise Ablehnungen
CDU-Politiker Grasse hatte eine kleine Anfrage an die Finanzverwaltung des Senates gestellt und laut Tagesspiegel erfahren, dass bisher in der Corona-Krise 6.547 Entschädigungsanträge alleine in Berlin gestellt wurden.
- Drei von vier Anträge wurden bereits bearbeitet, bei den anderen typischerweise Unterlagen nachgefordert.
- Von den 3.180 durch Arbeitgeber beantragten Entschädigungen (typischerweise für die durch sie bzw. die Krankenkasse erfolgte Lohnfortzahlung) wurden bisher 212 bewilligt, eine Quote von 6,6 Prozent.
- Wenn wir es richtig verstehen, haben 2.810 Selbstständige Entschädigung beantragt, 90 haben eine erhalten. Das sind 3,2 Prozent.
- Auch Eltern, die wegen geschlossener Kita ihre Kinder betreuen mussten und nicht arbeiten konnten, haben Entschädigung beantragt. Von 203 über die Arbeitgeber eingereichte Anträgen wurden zwei bewilligt (1,0 Prozent). Bei den 250 Anträgen von Selbstständigen wurden vier bewilligt (1,6 Prozent).
Rechtsgrundlage ist genau zu benennen
Die Senatsverwaltung hat in ihrer Begründung erklärt (ebenso wie in den individuellen Ablehnungsbescheiden), dass ein allgemeiner Hinweis auf Corona-Maßnahmen nicht ausreiche, sondern eine Quarantäne oder ein angeordnetes Tätigkeitsverbot notwendige Voraussetzung seien. Ausbezahlt worden seien 422.000 Euro, das sind durchschnittlich 1.370 Euro pro Antrag.
Wir rechnen damit, dass es eine große Zahl von Rechtsstreitigkeiten um die Entschädigungen geben wird. In jedem Fall werden die Zahlungen zu spät kommen, um einem in Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen zu helfen. Trotzdem empfehlen wir, die nötige Zeit zu investieren und auf Basis einer Vorlage einen Antrag auf Entschädigung zu stellen. Ein erstes Urteil dazu macht Hoffnung.
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