Die vor kurzem beschlossenen, fragwürdigen Änderungen am Statusfeststellungsverfahren haben uns dazu veranlasst, im Rahmen der BAGSV (Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände) eine ganze Reihe von Politikern und Beamten einzuladen – mit dem Ziel, ihnen die Notwendigkeit einer echten Reform möglichst bald nach der Bundestagswahl aufzuzeigen.
Teil einer ganzen Reihe von Gesprächen mit wichtigen Entscheidern
Zuletzt sprachen wir mit Jürgen Beck, Richter am Bundessozialgericht (BSG), worüber wir im Folgenden berichten. Zuvor fand am 27.05.21 ein 90-minütiges Gespräch mit MdB Wilfried Oellers statt, der als Berichterstatter der CDU die Gesetzesänderungen verantwortete, in deren Rahmen die Änderungen des Statusfeststellungsverfahren beschlossen wurden.
Über das Gespräch mit seinem Kollegen Thomas Heilmann (CDU) haben wir bereits an anderer Stelle berichtet. Tags zuvor, am 26.05.21, fand ein Gespräch mit Thomas Kaulisch statt, dem Nachfolger von Hans-Ludwig Flecken. Mit Flecken als zuständigem Abteilungsleiter hatten wir 2019 über die Altersvorsorgepflicht und das Statusfeststellungsverfahren verhandelt.
Beck nahm sich mehr als zwei Stunden Zeit
Das Gespräch mit Jürgen Beck vom BSG fand am 08.06.21 statt. Der Richter nahm sich statt der ursprünglich geplanten 90 Minuten letztlich mehr als zwei Stunden Zeit, lobte das Niveau des Austausches und meinte, dass auch er selbst einiges für ihn Neues mitgenommen habe.
Bei den hier beschriebenen BAGSV-Konferenzen hat sich eingespielt, dass zu Beginn nach einem kurzen Warm-up Andreas Lutz in seiner Eigenschaft als BAGSV-Sprecher die gemeinsame Position der Verbände zu dem Gesprächsthema vorträgt und dabei auch unsere Forderungen deutlich macht. Abweichend davon hatte Beck hier zunächst selbst einen Vortrag gehalten und Andreas reagierte darauf mit seinem Statement.
Selbstständigkeit = "entindividualisierte Arbeitskraft"?
In seinem Vortrag bot Beck Andreas eine Steilvorlage, denn er sprach davon, dass für das BSG selbstständige Arbeit quasi entindividualisiert sei, man kaufe quasi den Körper. Andreas erwiderte, das dieses Bild von Selbstständigkeit nicht mehr vereinbar mit der heutigen Arbeitsrealität sei und auch ein Stück weit unmenschlich. Hochqualifizierte Wissensarbeit könnten dann ihre Leistungen nicht mehr selbstständig erbringen, denn zum einen komme es ja gerade auf das Individuum und sein spezielles Wissen an und zum anderen habe man als Soloselbstständige/r auch keine Mitarbeiter, auch insofern sei ihre Arbeitskraft nicht austauschbar.
Ausgehend davon erläuterte Andreas, wie ausgehend von der AÜG-Reform 2017 und dem zugrundeliegenden Koalitonsvertrag 2013 Rechtsunsicherheit entstanden sei und sprach über vom BSG verpasste Chancen, mit dem Erziehungshelfer-Urteil von 2017 und dem Honorarärzte-Urteil von 2019 für mehr Rechtssicherheit zu sorgen. Er fragte, wie sich die rechtliche Situation wieder in Übereinstimmung bringen lasse mit den Notwendigkeiten und der Entwicklung der modernen Arbeitswelt.
Nur Gesetzgeber könne von uns gewünschte Rechtssicherheit herstellen
Beck verwies in seiner Antwort auf den Gesetzgeber, nur er könne die von uns gewünschte Rechtssicherheit herstellen. Das ist wichtig, denn in der Vergangenheit hatten Regierungsvertreter immer auch wieder auf die Gerichte verwiesen.
Es bestärkt und darin, dass wir den politischen Druck weiter erhöhen müssen, um nach der Bundestagswahl eine echte Reform zu erreichen – in der Hoffnung, dass die künftige Leitung des BMAS unseren Anliegen offener gegenübersteht.
Wir freuen uns, dass wir relativ kurzfristig Termine mit so wichtigen Gesprächpartnern von BSG, BMAS und Bundestag vereinbaren konnten und glauben, dass diese Gespräche wichtig sind, um eine echte Reform zu erreichen.
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