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Lesetipp Behörden unliebsame Antworten entlocken, Teil 1 Frag doch mal ... den Staat!

Das Informationsfreiheitsgesetz ermöglicht jedem Bürger und jeder Bürgerin Fragen an deutsche Behörden zu stellen. Allerdings werden viele Beamte kreativ, wenn es darum geht, nicht oder nur ausweichend zu antworten. Wir zeigen euch, wie ihr dennoch an die gewünschten Informationen kommt. 

"Das Informationsfreiheitsgesetz gewährt jedem einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen."

Carsten Walcker wollte es genau wissen: Nachdem wir auf unserer Website die neuen Regeln zum Statusfeststellungsverfahren (Formular V0027) unter die Lupe genommen hatten, hat er über die Plattform fragdenstaat.de bei den Behörden nachgefragt, welche Hinweise und Anweisungen es zu diesem für viele Selbstständige relevanten Formular gibt. Seine Anfrage ist hier einsehbar.

Wie funktioniert FragDenStaat?

FragDenStaat ist ein Projekt in Trägerschaft der Open Knowledge Foundation Deutschland zur Förderung der Informationsfreiheit. Diese betreibt eine Internetplattform, die Nutzern die Wahrnehmung ihres Rechts auf Zugang zu amtlichen Informationen erleichtern soll. Rechtliche Basis hierfür ist das Informationsfreiheitsgesetz, das 2006 auf Bundesebene eingeführt wurde. Das Gesetz regelt den Zugriff auf staatliche Dokumente und Akten. Seitdem müssen Behörden auf Antrag Informationen herausgeben. FragDenStaat, kurz FdS, (https://fragdenstaat.de) vereinfacht die Wahrnehmung der dort formulierten Rechte auf wenige Mausklicks, indem viele Anträge und Klauseln vorformuliert werden.

Carsten Walcker hat bereits mehrere Anfragen bei FdS gestellt und ist von den Möglichkeiten begeistert. "Das IFG gewährt jeder Person einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden. Eine Begründung hierfür ist nicht erforderlich. Es existieren jedoch zahlreiche Ausnahmen, zum Beispiel für Gerichte, Geheimdienste oder wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann", erklärt Walcker. "Da Anfrageergebnisse dort auch veröffentlicht werden können, stehen die Ergebnisse der Allgemeinheit zu Verfügung. Es kann gezielt nach Anfragen gesucht oder nach Behörden gefiltert werden."

Praktisches zum IFG

Grundsätzlich müssen IFG-Anfragen nicht via FdS gestellt werden. Da sie keiner Form genügen müssen, können sie per Briefpost, Fax, E-Mail, telefonisch oder persönlich gestellt werden. Vermittlungsbitten gestalten sich aber schwieriger, wenn Anfragen nicht schriftlich dokumentiert sind. Behörden, die erheblichen Einfluss auf die Belange von Selbständigen nehmen und sich daher bevorzugt für Anfrage eignen, sind etwa: das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, das Bundesfinanzministerium und die Deutsche Rentenversicherung Bund. 

Bei FdS ist eine (kostenfreie) Registrierung erforderlich, wenn man Anfragen stellen möchte. Für jede Anfrage wird eine neue E-Mail-Adresse generiert (diese ist auf der Website nicht sichtbar). Interessierte können Anfragen folgen und werden dann bei Änderungen benachrichtigt.

Bevor man eine eigene Anfrage stellt, empfiehlt Walcker: 

  • Nach bereits vorhandenen Anfragen zu suchen. Möglicherweise wurde deine oder eine ähnliche Anfrage nämlich bereits beantwortet.
  • eine Übersicht über Dokumente anzufordern, die dich interessieren. Dann die Dokumente einzeln "befreien", also öffentlich zugänglich machen. Eventuell in Zusammenarbeit mit anderen Mitstreitern.

Wichtig zu wissen: Das IFG beinhaltet nur einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber Bundesbehörden und sonstigen Bundesorganen. Länderbehörden unterliegen nicht dem Gesetz. Allerdings existieren in vielen Bundesländern eigene Gesetze. Auf FdS gibt es auch Anfragen an Länderbehörden, allerdings weichen diese zum Teil gravierend von Bundesanfragen ab. Bayern und Niedersachsen sind besonders intransparent. 

Wie eine Anfrage abläuft - die wichtigsten Schritte 

Zurück zur konkreten Anfrage von Carsten Walcker an die DRV Bund: "Als Erstes wurde eine Eingangsbestätigung versendet. Diese enthält als Anhang eine Gebührenordnung. Unerfahrene Anfragende werden hier unnötig nervös", sagt Walcker. Denn eine über FdS gestellte IFG-Anfrage enthält standardmäßig eine Absicherungsklausel gegen unerwartete Kosten: „Sollte der Informationszugang Ihres Erachtens gebührenpflichtig sein, möchte ich Sie bitten, mir dies vorab mitzuteilen und detailliert die zu erwartenden Kosten aufzuschlüsseln. Meines Erachtens handelt es sich um eine einfache Auskunft. Gebühren fallen somit nach § 10 IFG bzw. den anderen Vorschriften nicht an.“

"Sollte sich im weiteren Verlauf herausstellen, dass tatsächlich Kosten anfallen, kann eine Anfrage immer noch eingeschränkt oder zurückgezogen werden", sagt Walcker. Allerdings sind nicht alle behaupteten Kosten auch rechtskonform - Auskunftsscheue Behörden versuchen Anfragende gerne durch überzogene Kostenforderungen abzuschrecken. Beispiele hierzu findest du im zweiten Teil unseres Ratgebers.

Hilfe vom Datenschutzbeauftragten

"Vor Ablauf der vorgesehenen Monatsfrist gab es dann eine erste Antwort. Diesmal (ausnahmsweise) ohne Erinnerung", berichtet Walcker weiter. "Meine Anfrage wurde zwar nicht beantwortet, aber immerhin hatte die erste Antwort zumindest etwas mit dem Formular V0027 zu tun. Das ist keineswegs immer der Fall. Mein Eindruck hierzu ist, dass dortige Mitarbeitende gerne denkfaul die erste Textvorlage verwenden, die auf ihrem Bildschirm erscheint. Das Ergebnis ist dann der häufig kafkaeske Verwaltungsmüll, den die eine oder der andere Selbständige sicherlich aus Schriftverkehren mit dieser Behörde kennt. Weil mein Auskunftsbegehren nicht erfüllt wurde, habe ich die Intention der Anfrage noch einmal spezifiziert."

Im nächsten Schritt hat Walcker dann den Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI) um Vermittlung gebeten. FdS stellt hierfür im Reiter „Vermittlung starten“ ein Template zur Verfügung, so dass auch dies mit wenig Aufwand verbunden ist. "Als Ergebnis der Vermittlung hat die Behörde dann neun Dokumente bereitgestellt. Die aussagekräftigste gibt Aufschluss über die einzelnen Prozesse, die den Erwerbsstatus feststellen. Die anderen Dokumente waren zwar nicht vollständig, aber davon ausgehend können fehlende Dokumente einzeln angefragt werden", sagt Walcker.  "Soweit eine typische, erfolgreiche Anfrage über FdS". 

Walckers Zwischenfazit

Informationen aus deutschen Amtsstuben ist kein Kinderspiel. Du musst dir Gedanken um die Anfragen machen und Zeit sowie Beharrlichkeit mitbringen. Eine gewisse Leidensfähigkeit im Umgang mit Behördenpersonal ist leider Voraussetzung. Auch die Veröffentlichung der Ergebnisse kann aufwendig werden (Schwärzungen anbringen, ggf. Dokumente einscannen/abfotografieren und hochladen).

"Auf fragdenstaat.de können Informationen nicht nur angefragt, sondern auch geteilt werden. Wer mitmacht ist Teil einer Gemeinschaft gleichgesinnter Informationsfreiheitskämpfender", sagt Walcker.  "Wie bei jedem Mitmachprojekt im Internet ist aber auch bei FdS nicht alles Gold, was glänzt, das Edelmetall überwiegt jedoch aus meiner Sicht. Vielleicht fügen andere Selbstständige durch beharrliche Anfragen ja künftig eine Perle oder gar einen Diamanten hinzu."

Im zweiten Teil unseres Ratgebers erklären wir, was man tun kann, wenn sich die Behörden hartnäckig weigern Auskünfte zu erteilen, was die beliebtesten (und juristisch nicht zulässigen) Ausreden sind – und wofür Frag den Staat NICHT genutzt werden sollte.

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