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UpdateLesetipp Durchgestochener Gesetzentwurf Wie das BMAS die Arbeitszeiterfassung künftig regeln möchte

Kommt nun die digitale Stechuhr für alle und damit das Ende der Vertrauensarbeitszeit? Lies hier, was dazu ein Gesetzentwurf sagt, den das Arbeitsministeriums bei Verbänden, nicht aber bei den anderen Ministerien in Umlauf gebracht hat.

Die Rückkehr zur Stechuhr würden wir gerne vermeiden – ein BMAS-Gesetzentwurf schreibt allerdings eine tagesaktuelle Aufzeichnung der Arbeitszeiten vor

Zuerst überraschte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Mai 2019 mit seinem "Stechuhr-Urteil" und warf viele Fragen auf. Im September 2022 folgte dann ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG), das weit über das EuGH-Urteil hinausging und mit seiner ungewöhnlichen Argumentation für Kopfschütteln unter Juristen sorgte. Die SPD forderte schon 2019 ein neues Arbeitszeitgesetz, der Arbeitsminister stellte ein solches in Aussicht – ohne es aber damit wirklich eilig zu haben (zu den Gerichtsurteilen siehe weiter unten).

BMAS-Gesetzentwurf vom April 2023

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Nach langem Warten hat das Bundesarbeitsministerium (BMAS) im April 2023 nun endlich einen Gesetzentwurf bei Verbänden in Umlauf gebracht, nicht aber zur Ressortabstimmung an die anderen Ministerien gegeben. Offenbar möchte es zunächst einmal den Zeit- und Erwartungsdruck reduzieren, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften in Ruhe über das Thema diskutieren lassen, um dann Ende des Jahres oder vielleicht auch erst Anfang 2023 einen überarbeiteten Gesetzentwurf vorzulegen. Es kann sich also noch einiges an den im Folgenden dargestellten Plänen ändern.

Während bisher eine "Spitzenerfassung" nur von Arbeitszeiten über acht Stunden an Werk- und Samstagen sowie aller Arbeitszeiten an Sonn- und Feiertagen genügte, soll künftig Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit jeden Tag  erfasst werden. Positiv: Die genauen Pausenzeiten müssen nicht angegeben werden, es genügt die Summe der Pausenzeiten abzuziehen. Negativ: Die Zeiten müssen laut Gesetzentwurf künftig noch am selben Tag erfasst werden, Korrekturen sollen nur zeitnah möglich sein. Und der Arbeitgeber soll all dies laufend kontrollieren.

Zwingend elektronische Aufzeichnung mit Ausnahmen

Die Aufzeichnung soll zwingend elektronisch erfolgen, wobei eine Selbstaufzeichnung durch den Arbeitnehmer möglich ist. Laut Gesetzesbegründung soll eine Excel-Datei ausreichen, allerdings muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass er bei Arbeitszeitverstößen (zum Beispiel Nicht-Eintragung) automatisch informiert wird, was unseres Wissens mit Excel nicht möglich ist. (Oder vielleicht doch? – Über Kommentare mit euren Lösungsvorschlägen freuen wir uns!).

Betriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern (Zahl der Köpfe, nicht Vollzeit-Äquivalente) sollen von der elektronischen Form dauerhaft ausgenommen bleiben – was die zumindest theoretisch notwendige tägliche Kontrolle und den Austausch mit Mitarbeiter/innen im Home-Office aber nicht wirklich vereinfacht. (Betriebe bis 49 Mitarbeitern sollen bezüglich der Umstellung auf die elektronische Aufzeichnung eine fünfjährige Übergangsfrist erhalten, ab 50 zwei Jahre, ab 250 ein Jahr. Die kollektive Erfassung für alle Arbeiter einer Schicht bleibt möglich, es sind dann nur Abweichungen, beispielsweise verspätetes Eintreffen, zu dokumentieren.)

Leitende Angestellte bleiben ausgenommen, nicht aber Familienangehörige

Der Trend, aus jedem Gesetz ein Tarifvertrag-Stärkungsgesetz zu machen, macht auch vor der Änderung des Arbeitszeitgesetzes nicht Halt: Unternehmen mit unmittelbarer Tarifbindung können mit dem Betriebsrat eine längere Eintragungsfrist oder Ausnahmen für bestimmte Arten von Mitarbeitern vereinbaren. Die Kleinstunternehmen unter unseren Mitgliedern können davon mangels Tarifbindung nicht profitieren.

Positiv: Die Ausnahme von der Zeitaufzeichnung für leitende Angestellte bleibt erhalten. Sie sollte unseres Erachtens allerdings auch für mithelfende Familienangehörige gelten.

Was wir ändern würden

Seit Jahren wird eine Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts gefordert. Schon wenn man zuhause berufliche E-Mails auf dem Handy anschaut, weil man eine dringende Nachricht erwartet, kann dies zu Arbeitszeitverstößen führen. Das widerspricht der – auch von Arbeitnehmerseite gewünschten – freien und stärker eigenverantwortlichen Zeiteinteilung, die Rücksicht auch auf private Belange wie die Kinderbetreuung erlaubt. 

Auch eine tagesaktuelle Aufzeichnung und deren Überwachung durch den Arbeitgeber ist unseres Erachtens in Zeiten von mobiler Arbeit und Home-Office wenig praxisnah und vor allem ein Bürokratietreiber. Wann kommt eine Anpassung des Arbeitsrechts an die moderne Arbeitswelt? 

Die Unternehmen werden abwarten

Der Streit wird wohl weiter gehen: Die einen werden auf die kleinteilige Aufzeichnung der Arbeitszeit bestehen, andere im Gegenzug eine Flexibilisierung einfordern. Wir würden uns wünschen, dass das BMAS die vom EuGH vorgegebenen Regeln 1:1 umsetzen würden, statt deutlich darüber hinauszugehen. Eine einheitliche Umsetzung sorgt für eine Harmonisierung der Arbeits- und Wettbewerbsbedingungen.

Die meisten Unternehmen werden nachvollziehbarerweise wohl abwarten, was am Ende bei diesem Streit herauskommt und was die eventuell anzuschaffende technische Lösung dann alles können muss.

Update, 18.09.2022

Bundesarbeitsgericht verpflichtet zur Arbeitszeiterfassung: Das Ende der Vertrauensarbeitszeit?

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Vor allem kleine und mittlere Unternehmen sind von einem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgericht (BAG) vom Dienstag dieser Woche (13.9.2022) betroffen (Aktenzeichen 1ABR 22/21). Während es bisher bei den meisten Arbeitnehmern genügte, nur Überstunden und Sonntagsarbeit zu dokumentieren, muss nun künftig die gesamte Arbeitszeit festgehalten werden.

Das BAG-Urteil könnte Experten zufolge weitreichende Auswirkungen auf die bei Arbeitgebern und -nehmern beliebte Vertrauensarbeitszeit haben und sogar mobile Arbeit und Homeoffice behindern.

Eigentlich ging es um etwas ganz anderes

Dabei ging es bei dem BAG-Verfahren eigentlich um etwas ganz anderes: Ein Betriebsrat wollte den Arbeitgeber verpflichten, ein elektronisches System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen und hatte vor dem Landesarbeitsgericht Hamm Recht erhalten, dass dies unter sein Mitbestimmungsrecht falle.

Das vom Arbeitgeber angerufene BAG verneinte das Mitbestimmungsrecht dagegen: ein solches bestünde nur, wenn und soweit die betriebliche Angelegenheit nicht schon gesetzlich geregelt sei. Arbeitgeber aber seien – und diese Begründung hat es in sich – durch § 3 Absatz (2) Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) schon jetzt verpflichtet, ein Arbeitszeiterfassungssystem einzuführen.

§3 (2) Arbeitsschutzgesetz verpflichtet laut BAG zu Zeitaufzeichnung

Dort heißt es: "(2) Zur Planung und Durchführung der [Arbeitsschutz-]Maßnahmen nach Absatz 1 hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten 1. für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen …". Im vorausgehenden Absatz (1) wiederum wird der Arbeitgeber verpflichtet, "die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen".

Von Arbeitszeiten und deren Erfassung ist in §3 zwar nicht die Rede, aber natürlich kann eine zu lange Arbeitszeit insbesondere bei körperlichen Tätigkeiten Auswirkungen auf Gesundheit und Sicherheit haben. Künftig ist §3 auf jeden Fall als Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung zu verstehen.

"Stechuhr-Urteil" des EuGH

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Das BAG-Urteil kommt nicht überraschend: Im Mai 2019 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits in seinem sogenannten "Stechuhr-Urteil" (Aktenzeichen: C-55/18) verlangt, dass Arbeitgeber ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Arbeitszeiterfassung bereit stellen.

Schon damals wiesen Experten auf alle möglichen negativen Folgen einer strikten Zeiterfassung aus, andere behaupteten, dass die deutsche Arbeitsschutzregeln nicht mit denen in Spanien vergleichbar wären und dass das in Bezug auf Spanien getroffene Urteil keine Auswirkungen auf Deutschland hätte.

Gilt nun auch für Deutschland!

Mit dem Urteil des BAG haben sich diese Hoffnungen zerschlagen. Das Bundesarbeitsgericht wird seine Entscheidungsgründe allerdings erst noch veröffentlichen und es bleibt abzuwarten, ob das Gericht zu den genauen Anforderungen an die Arbeitszeiterfassung sowie der Fragen nach Kontrollpflichten des Arbeitgebers Aussagen machen wird. Mit der Urteilsbegründung wird im November gerechnet.

Dann will auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) diese prüfen, das Gespräch mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden suchen und Vorschläge zur Präzisierung des deutschen Rechts machen – wobei das BMAS eine solche eingehende Prüfung bereits nach dem EuGH-Urteil 2019 angekündigt hatte, ohne dass konkrete Lösungsideen nach außen drangen.

Ampel-Vertrag: Vertrauensarbeitszeit muss weiterhin möglich sein

In ihrem Koalitionsvertrag hatte die Ampel-Koalition sich darauf festgelegt, dass "flexible Arbeitszeitmodelle (z. B. Vertrauensarbeitszeit)" trotz des Urteils weiterhin möglich sein müssen. Auf Seite 54 des Vertrags heißt es:

"Im Dialog mit den Sozialpartnern prüfen wir, welchen Anpassungsbedarf wir angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Arbeitszeitrecht sehen. Dabei müssen flexible Arbeitszeitmodelle (z. B. Vertrauensarbeitszeit) weiterhin möglich sein."

Gesetzgeber bzw. BMAS stehen nun unter Druck, diese Zusage zeitnah umzusetzen, denn durch das Urteil entsteht bei den Arbeitsgebern Rechtsunsicherheit darüber, ob Vertrauensarbeitszeit weiter praktiziert werden kann oder für alle Mitarbeiter ein Zeiterfassungssystem eingeführt werden muss.

Welchen Anforderungen muss Zeitaufzeichnung genügen?

Dabei stellt sich auch die Frage, welche Anforderungen dies genau erfüllen muss: Reicht eine Excel-Tabelle oder muss ein elektronisches Zeiterfassungssystem angeschafft werden? Genügt es, die Gesamtdauer der Arbeitszeit an einem Tag festzuhalten? Oder müssen Anfang, Ende sowie alle Unterbrechungen genau dokumentiert werden. Und: muss der Arbeitgeber regelmäßig die Angaben der Mitarbeiter kontrollieren? Dazu gibt es bisher keine genauen Vorgaben: Die Stundenzettel konnten bisher handschriftlich, in Excel-Tabellen, Web-Anwendungen oder Apps festgehalten werden.

Laut EuGH muss das System jedoch nachvollziehbar und fälschungssicher sein. Insbesondere die Fälschungssicherheit macht die Angelegenheit deutlich komplizierter, wie wir aus der Umsetzung der GoBD wissen. Angesichts praxisferner Anforderungen wie zuletzt bei der Umsetzung der EU-Nachweisrichtlinie, die für Arbeitsverträge u.a. zu einer Abkehr von digitalen Unterschriften und damit die Rückkehr zur Schriftform führte, ist nichts auszuschließen.

Was tun? – Rechtsunsicherheit durch BAG-Urteil

Auch wenn die Anforderungen an die Zeiterfassung noch gar nicht feststehen, sind viele Anwälte überzeugt, dass es eine solche in mindestens rudimentärer Form schon jetzt geben muss. Ansonsten ist angesichts des BAG-Urteils absehbar, dass Unternehmen entsprechende Rechtsstreitigkeiten verlieren würden.

Andere Experten raten dazu, zunächst einmal Ruhe zu bewahren und abzuwarten, ob der Gesetzgeber einen klugen Kompromiss findet oder ob er aber die Kriterien am Ende strenger auslegt als in anderen EU-Mitgliedsstaaten. Klar ist: Sobald der Gesetzgeber die Anforderungen genau geregelt hat, müssen Arbeitgeber umgehend aktiv werden und eine den Vorgaben entsprechende Arbeitszeiterfassung einführen.

Sind Homeoffice und mobiles Arbeiten in Gefahr?

Die Befürchtung, mobiles Arbeiten und flexible Arbeitszeitmodelle könnte durch die neuen Regeln unmöglich werden, halten wir für übertrieben – angesichts deren Siegeszugs, des großen Interesses auch der Mitarbeiter und Gewerkschaften sowie der Festlegung im Koalitionsvertrag. Wenn es dem bzw. der Arbeitnehmer/in erlaubt bleibt, die Arbeitszeiten selbst aufzuzeichnen (und was wäre die Alternative?), kann er/sie dies auch zuhause oder unterwegs tun. Dies widerspricht nicht einer relativ freien Zeiteinteilung, sondern hilft vielmehr, Überblick über die tatsächlich geleistete Arbeitszeit zu gewinnen.

Schwierig wird es, wenn wie schon jetzt bei Minijobbern, der genaue Beginn, Ende und genaue Lage der Unterbrechungen aufgezeichnet werden müssen, statt einfach der an dem Tag geleisteten Stundenzahl. Dann nämlich stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber auch beim Arbeitnehmer zuhause oder unterwegs Anweisungen zur Dauer und Lage der Arbeitszeiten bzw. Pausen machen muss. Je genauer die Anforderungen an die Aufzeichnung, um so größer dürfte einerseits der Widerstand der Arbeitnehmer werden, andererseits auch der Druck, überholte Pausenregelungen auf den Prüfstand zu stellen. Denn schon jetzt ist es so, dass ein schneller Blick aufs Arbeitsmail am Abend mit dem Arbeitsschutzrecht grundsätzlich nicht vereinbar ist.

Wie Vertrauensarbeitszeit und Zeitaufzeichnung unter einen Hut bringen?

Wenn man Vertrauensarbeitszeit als kompletten Verzicht auf Zeitaufzeichnungen versteht, ist schwer vorstellbar, wie diese mit einer verpflichtenden Zeitaufzeichnung vereinbart werden kann. Laut Wikipedia handelt es sich um "ein Modell der Arbeitsorganisation bei dem die Erledigung vereinbarter Aufgaben im Vordergrund steht, nicht die zeitliche Präsenz des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer ist für die Gestaltung und Erfassung der Arbeitszeit verantwortlich. Die Verantwortung zur Einhaltung der gesetzlichen und tariflichen Arbeitszeitregelungen liegt beim Arbeitgeber."

(Über die Definition lässt sich sicher streiten. Als Quelle hierfür wird einerseits eine Broschüre der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin angegeben, zum anderen ein Artikel in der "Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit".)

Einen Schritt weiter geht der Bonner Arbeitsrechtler Gregor Thüsing. Er sagte gegenüber der Süddeutschen Zeitung, noch stünde gar nicht fest, ob Betriebe die Arbeitszeit aufzeichnen müssten oder nur ein System zur Aufzeichnung zur Verfügung stellen müssten. Der Arbeitnehmer könnte dann entscheiden, ob er davon wirklich Gebrauch machen möchte.

Wer zeichnet auf und wie detailliert? Wie stark muss kontrolliert werden?

Wenn die Definition korrekt ist, wären Vertrauensarbeitszeit und Arbeitszeitaufzeichnung durchaus vereinbar. Wichtig wäre, dass weiterhin der Arbeitnehmer diese aufzeichnen kann und dass die Kontrolle durch den Arbeitgeber nicht im Widerspruch zu dem der Regelung zugrundeliegenden Vertrauensverhältnis gerät.

Dies könnte z.B. dadurch geschehen, dass der Arbeitgeber nicht die Arbeitszeiten im Einzelnen kontrollieren muss, sondern nur wenn es zu Widersprüchen mit Arbeitszeit- und Pausenvorschriften kommt. So könnte er seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen ohne zu sehr ins die Zeiteinteilung zuhause hineinregieren zu müssen.

Schließlich wird von Selbstständigen ja auch eine Aufzeichnung der geleisteten Zeiten erwartet, ohne ihnen bezüglich deren Lage Vorschriften zu machen und ohne dass sie diese transparent machen müssten bzw. dürften. (Je stärker die Vertrauensarbeitszeit im Vergleich zur Praxis bei Selbstständigen beschränkt wird, um so eher könnte man damit vielleicht auch bei der Statusfeststellung argumentieren.)

Wird sich durch die Zeitaufzeichnung die Leistung der Mitarbeiter reduzieren?

Eine ganz andere Frage ist, ob eine genauere Aufzeichnungspflicht bei Angestellten zu einem Rückgang der von ihnen insgesamt geleisteten Arbeitszeit führen wird. Angesichts des bestehenden Fachkräftemangels wäre das kontraproduktiv. Typischerweise werden Mitarbeiter, mit denen Vertrauensarbeitszeit vereinbart wird, zudem höher entlohnt, weil davon ausgegangen wird, dass sie im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit nicht bezahlte Überstunden leisten.

Sollte die Arbeitszeitaufzeichnung dazu führen, dass sie weniger produktiv sind als bisher, hätte dies möglicherweise auch Auswirkungen auf ihre Gehaltsentwicklung. Leitende Angestellte sind übrigens nach §18 ArbSchG vom Arbeitsschutzgesetz und damit auch von einer Aufzeichnungspflicht ausgenommen.

SPD-Fraktion fordert neues Arbeitszeitgesetz

Bernd Rützel (SPD), immerhin Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales ist bereits vorgeprescht und hat gegenüber der Süddeutschen Zeitung erklärt, manche Unternehmen fürchteten nicht die Arbeitszeiterfassung, sondern dass sie künftig alle Überstunden zahlen müssten.

Er forderte die Einführung eines neuen Arbeitszeitgesetzes, das eine manipulations- und fälschungssichere Aufzeichnung der Arbeitszeiten vorschreibt und Strafen für Unternehmen festlege, die dagegen verstoßen.

Die digitale Stechuhr mit staatlicher Kontrolle?

Papier- und Excellösungen schieden für die Umsetzung aus, weil diese nachträgliche Änderungen erlaubten. Dass die Arbeitgeber (oder sind nicht die Arbeitnehmer gemeint?) bei Mini- sowie vom Mindestlohn betroffenen Jobs eine Woche Zeit zur Eingabe der Daten hätten, würde diesen zu viel Zeit für nachträgliche Korrekturen geben und staatliche Kontrollen erschweren.

Die SPD schießt sich also auf digitale Stechuhren in Form von Apps ein und will eine sehr zeitnahe Erfassung der Arbeitszeiten. Doch wie praktikabel ist das gerade im Homeoffice?

Wie bewertest du das BAG-Urteil? Bietet es einen besseren Schutz für Arbeitnehmer oder ist es eher bürokratisch und leistungsfeindlich? Und falls du Angestellte beschäftigst: Dokumentiert ihr deren Arbeitszeit und wie? Wir sind gespannt auf deinen Kommentar!

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