Wenn die ETFs substanziell zum Lebensunterhalt beitragen sollen, MUSS der Wert sogar sechsstellig sein. Sonst reicht das Vermögen nicht weit.
Es ist aus meiner Sicht sinnvoll, den Betrag tatsächlich in ETFs anzulegen, sofern sie:
- erstens kostengünstig sind und
- zweitens mehrere Regionen, Branchen und Unternehmensgrößen abdecken (also breit streuen) und
- drittens Zeit vorhanden ist, auch Phasen von Kursrückgängen auszusitzen.
Der Anlageerfolg hängt wesentlich von der Anlagedauer ab. Wenn Du Deine ETF-Anteile nur ein Jahr lang hältst, musst Du mit sehr starken Schwankungen rechnen. Aktuell (Juni 2022) ist es sogar so, dass Anleger durch Kursrückgänge einen Wertverlust zusätzlich zur Inflation erleiden.
Wir erleben solch eine Phase nicht zum ersten Mal. Stellt man den Wertzuwachs beim MSCI World dem kumulierten Wertverlust durch die Inflation gegenüber, dann zeigt sich, dass in der Vergangenheit beim Investieren in den MSCI World eine Anlagedauer von 13 Jahren notwendig war, um in jedem Falle eine positive Realrendite zu erzielen.
Stefan Pols zeigt diesen Zusammenhang auf seinem Blog GuidingData nachvollziehbar auf: guidingdata.com/inflation…sci-world
Wer dieses Durchhaltevermögen nicht aufbringen kann, sollte beim Investieren entsprechend vorsichtig bzw. zurückhaltend sein.
Was die Entnahme angeht, kann als erster Daumenwert die 4-Prozent-Regel Orientierung geben. Sie besagt vereinfacht gesprochen, dass Dein Depot mit breit streuenden kostengünstigen ETFs über einen Zeitraum von 30 Jahren nicht unter Null geht, wenn Du Deine Entnahmen, die Du zur Finanzierung Deiner Lebenshaltungskosten nutzt, pro Jahr auf 4 Prozent des Depotwertes beschränkst.
Die Frage, wie viel von Deinem Anlagebetrag Du mit welcher Wahrscheinlichkeit wieder heraus bekommst, kannst Du mit sogenannten Montecarlo-Simulationen selbst herausfinden. Diese Simulationen zeigen Dir in Abhängigkeit von Variablen wie etwa der Entnahmerate, der Mischung aus Aktien und Anleihen und dem zeitlichen Horizont, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Portfolio den Zeitraum übersteht. Ein solcher Simulator ist hier zu finden: cfiresim.com
Wer in Phasen von Kursrückgängen auch mal auf Entnahmen verzichten kann und in dieser Zeit sparsamer lebt, erhöht die Wahrscheinlichkeit des Überlebens des Depots deutlich. Dies gilt gerade für die fünf Anfangsjahre des Ruhestands.
Würde jemand über ETFs ein ähnliches Versorgungsniveau wie eine pensionierte Grundschullehrerin erreichen wollen (ca. 3.600 Euro brutto), müsste das ETF-Vermögen bei Anwendung der 4-Prozent-Regel bei Beginn des Ruhestands ganze 1.080.000 Euro betragen. Insofern: eine (höhere) sechsstellige Summe ist nicht unrealistisch und je nach anderen Quellen auch nötig, um im Alter von arbeitsunabhängigen Quellen seinen Lebensunterhalt finanzieren zu können.
Du möchtest Kommentare bearbeiten, voten und über Antworten benachrichtigt werden?
Jetzt kostenlos Community-Mitglied werden