Tagesspiegel-Redakteur Harald Martenstein beschreibt in seiner ZEIT-Kolumne den Fall von Frau H. Sie hat 40 Jahre lang als Angestellte in die Rentenversicherung einbezahlt, rund 490 Euro monatlich. Gegen Ende ihres Berufslebens hat sie sich selbstständig gemacht und war einige Jahre privat krankenversichert.
Sie erhält eine Rente von 600 Euro zugesprochen – und ein Schreiben der Krankenkasse: Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch sei in ihrem Fall eine (kostengünstige) Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner nicht möglich, weil sie nicht die Bedingung erfüllt „seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrages mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraumes Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse“ gewesen zu sein. Die Konsequenz: 175 Euro oder 30 Prozent ihrer Mini-Rente gehen künftig an die Krankenkasse.
Martenstein kommentiert:
„Das muss man sich drei Mal schön langsam durchlesen. (...) Aus einer Rente, von der man mit großer Mühe leben kann, wird durch einen staatlichen Hoheitsakt eine Rente, die dazu nicht reicht. (...) Big Brother produziert die Altersarmut, für deren Bekämpfung er sich hinterher feiern lässt.“
Frau H. hat das Glück, dass sie einen Partner mit offenbar besserer Altersvorsorge hat. Ansonsten würde sie heute wohl auf Grundsicherung im Alter angewiesen sein. Sie würde dann von DRV und BMAS als Beispiel dafür herangezogen, dass ehemals Selbstständige im Alter überdurchschnittlich häufig auf staatliche Hilfe angewiesen sind. Dass der Grund nicht mangelnde Vorsorge sondern eine Ungleichbehandlung bei der Krankenversicherung ist, wird dabei aber verschwiegen werden.
Jetzt mitzeichnen: Mit unserer Petition setzen wir uns für faire Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ein. Es ist nicht einzusehen, dass Selbstständige deutlich mehr zahlen als Arbeitgeber und -nehmer zusammen. Eine Gesetzesverschärfung zum 1.1.18 macht eine Reform noch dringlicher.
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