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Jamaika-Sondierung Ermutigende Zwischenergebnisse für Selbstständige

Vor gut sechs Wochen wurde gewählt, seit drei Wochen wird sondiert, jetzt sind erste Ergebnisse oder zumindest Absichten bekannt.

Erfreulich ist, dass die für uns Selbstständigen wichtigsten Themen auf der politischen Agenda stehen, diskutiert werden („wollen gemeinsam angehen“, „wir sprechen über“, ...) und die Diskussion auch in eine konstruktive Richtung zu gehen scheint.

Wehende Jamaika-Flagge

Die CDU hat den gemeinsamen Sondierungsstand zum Themenbereich Arbeit, Rente, Gesundheit, Pflege und Soziales veröffentlicht. Das sind die für uns Selbstständige wichtigsten Passagen:

  • „Unser Ziel heißt Vollbeschäftigung. Unser gemeinsames Ziel ist es darüber hinaus, Rahmenbedingungen zu schaffen, die in Zeiten von Digitalisierung und sich wandelnder Erwerbsbiographien passen.“ – So leiten die vier beteiligten Parteien das vierseitige Papier ein.
  • „Im Zuge dessen wollen wir gemeinsam angehen: (...) Die Möglichkeiten von Bürokratieabbau, insbesondere für Gründer, StartUps und den Beginn von Selbständigkeit.“
  • Darüber hinaus sprechen wir im Rahmen der Sondierungen weiter über die folgenden Themen: Wir wollen Selbständigkeit fördern und unterstützen, unter anderem durch Bürokratieabbau, insbesondere bei der Statusfeststellung,
  • und einer Reduzierung der Mindest-Krankenversicherungsbeiträge.
  • In Verbindung damit diskutieren wir auch über die Frage der weiteren sozialen Absicherung von Selbständigen (Pflicht zur Altersvorsorge, möglicher Einbezug in die gesetzliche Rentenversicherung).
  • Unser gemeinsames Ziel ist die Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge. Um dies zu erreichen diskutieren wir über folgende Fragen: das politische Ziel einer Stabilisierung unter 40 %, die Frage der Einbeziehung weiterer Einkommensarten, (...)
  • Die Frage der Finanzierung des Gesundheitswesens hinsichtlich (...) des gemeinsamen Ziels einer Reduktion der Mindestbeiträge von Selbstständigen.

Wie sind diese Aussagen zu bewerten? Und welche Konsequenzen haben sie für die Arbeit des VGSD?

Die Ergebnisse im Einzelnen: Reduzierung der Mindest-Krankenversicherungsbeiträge

Gleich zwei mal wird die Reduzierung der Krankenversicherungs-Mindestbeiträge von Selbstständigen als gemeinsames Ziel genannt, in dessen Zusammenhang auch über die Finanzierung des Gesundheitswesens gesprochen werden muss.

Schon Mitte Oktober hatte die Süddeutsche Zeitung gemeldet: „Die CSU möchte genauso wie die Grünen kleine Selbstständige unterstützen, die unter hohen Versicherungsbeiträgen leiden.“

Vieles deutet darauf hin, dass auch die CDU/CSU, die eine Reduzierung der Mindestbeiträge bisher blockierte, das Problem nicht nur verstanden hat, sondern bereit ist, über eine Absenkung zu diskutieren. Erstmals haben auch die Gesundheitspolitiker in der Union erkennen lassen, dass die Mindestbeiträge zu hoch sind und man zu Kompromissen bereit ist.

Eine wichtige Rolle spielt dabei, dass auch die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherungen recht klar zum Ausdruck gebracht haben, dass sie eine Absenkung für sinnvoll und notwendig halten.

Die Chancen für eine Reduzierung stehen also gut. Auch hier müssen wir aber weiter Druck machen: Die Finanzierung des Gesundheitswesens ist ein komplexes und strittiges Thema, bei dem es um viel Geld geht. Deshalb können sich solche Diskussionen in die Länge ziehen.

Aufgrund der zum 1.1.18 in Kraft tretenden Verschärfung bei der Bemessung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen ist eine baldige Absenkung aber äußerst dringend. Und natürlich kommt es auch auf den Umfang der Absenkung an. Ob wie bei Angestellten 450 Euro als Mindestbemessungsgröße eingeführt wird, ist fraglich, wir gehen aber im Fall einer Änderung von einer sehr deutlichen Absenkung der Beiträge aus.

Wichtig ist hier in Hinblick auf ein gutes Ergebnis, dass die Mindestbeiträge von den politischen Akteuren vor allem als Problem von Teilzeitselbstständigen erkannt werden und nicht nur als das von Vollzeit-Selbstständigen mit niedrigem Einkommen. Wir arbeiten daran, dass sich das in der Medienberichterstattung besser widerspiegelt.

Unsere enge Zusammenarbeit mit BDD und BDÜ, die gemeinsame Befragung, die resultierende Studie von Prof. Neubauer, unsere Petition, die vielen Gespräche mit Verbänden, auch von Arbeitgeber- und Gewerkschaftsseite, mit Politikern verschiedener Parteien und Beamten zu diesem Thema scheinen sich auszuzahlen. Darüber freuen wir uns sehr!

Thema Scheinselbstständigkeit

„Bürokratieabbau, insbesondere bei der Statusfeststellung“ – Die Formulierung deutet darauf hin, dass man das zum 1.4.2017 in Kraft getretene „Werkvertragsgesetz“ nicht ändern möchte. Den zwischen CDU/CSU und SPD sowie zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften mühsam gefundenen Kompromiss möchte man wohl nicht noch einmal aufschnüren.

Stattdessen will man die Statusfeststellungspraxis neu regeln. Dabei steht zu hoffen und alles deutet darauf hin, dass es nicht nur um eine Beschleunigung des Verfahrens geht, sondern auch um mehr Rechtssicherheit. Dass darüber gesprochen werden soll, ist ein großer Erfolg – für uns und die anderen Verbände, die an diesem Ziel seit Jahren arbeiten!

Natürlich kommt es nun darauf an, dass dieses Thema möglichst bald nach der Regierungsbildung auch tatsächlich zu gesetzgeberischen Maßnahmen führt und dass die dann beschlossenen Änderungen auch tatsächlich wieder Rechtssicherheit schaffen. Unsere Arbeit geht also auch hier weiter. Wir müssen den Druck aufrecht erhalten und deutlich machen, dass die Rechtssicherheit sich seit Inkrafttreten des Werkvertragsgesetzes immer weiter reduziert hat und eine Neuregelung somit außerordentlich dringend ist.

Altersvorsorge- bzw. Rentenversicherungspflicht

„In Verbindung damit diskutieren wir auch über die Frage der weiteren sozialen Absicherung von Selbständigen (Pflicht zur Altersvorsorge, möglicher Einbezug in die gesetzliche Rentenversicherung).“ – Aus der Formulierung wird deutlich, dass Selbstständige in der einen oder anderen Form zur Altersvorsorge verpflichtet werden sollen, wenn sie das nicht schon sind. Darum wird wohl kaum ein Weg herum führen - im Unterschied zu vor vier Jahren ist aber klar, dass eine solche Pflicht einkommensabhängig ausgestaltet werden muss.

Es kommt nun vor allem auf die Frage der genauen Umsetzung an. Das Thema ist sehr komplex und würde den Rahmen einer Sondierung sprengen, weshalb man offenbar hier einfach nur die denkbaren Gestaltungsvarianten als Optionen aufgeführt hat. Wir sind gespannt, ob die Planungen im Rahmen der Koalitionsverhandlungen noch präzisiert wird. Es ist in jedem Fall ein Thema, das uns in der neuen Legislaturperiode intensiv beschäftigen wird.

Zum Thema Altersvorsorgepflicht haben wir beim VGSD über die Jahre hohe Fachkompetenz entwickelt. Unser Ziel ist es, dass der VGSD als kompetenter Sparringspartner in künftige Gespräche zur konkreten Lösungsfindung und Ausgestaltung einbezogen wird. Dafür sind wir gut aufgestellt und glaubwürdig.

Nicht zu unterschätzen ist das gemeinsame Commitment der Parteien, die Sozialversicherungsbeträge bei unter 40% des Bruttoeinkommens zu stabilisieren. Da Selbstständige diese Abgaben in vollem Umfang und zusätzlich zu den Steuern alleine schultern müssen, ist eine Begrenzung der Abgabenlast für uns besonders wichtig. Vor der Einbeziehung weiterer Einkommensarten müssen wir uns dabei am wenigsten fürchten, denn bei Selbstständigen werden schon jetzt auch Zinsen, Dividenden und Mieten in die Beitragsbemessung einbezogen.

Bürokratieabbau

„Möglichkeiten von Bürokratieabbau, insbesondere für Gründer, StartUps und den Beginn von Selbständigkeit.“ – Von einer besseren Förderung von Gründern ist - an dieser Stelle zumindest - keine Rede. Für viele unserer Mitglieder ist aber ohnehin der Bürokratieabbau das wichtigere Thema. Darauf haben sich die Jamaika-Partner festgelegt, allerdings haben sie dabei vor allem „Gründer, StartUps und den Beginn der Selbstständigkeit“ im Auge.

Betroffen von Bürokratie sind in vollem Umfang aber ganz besonders die vielen bereits etablierten (Solo-)Selbstständigen. Wir müssen dafür sensibilisieren, dass das Thema Bürokratie nicht auf den Aspekt der Gründungsformalitäten und des ersten Jahres nach der Gründung eingeengt wird.

Für den VGSD wird der Bürokratieabbau ein Dauerthema bleiben – weit über die jetzige Legislaturperiode hinaus. In dem Maße, in dem wir bei den oben diskutierten sozialpolitischen Themen Fortschritte erzielen, werden wir uns dieses Dauerbrenner-Themas mit seinen vielen Erscheinungsformen noch stärker annehmen.

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