Bei seiner Herbstvollversammlung am Freitag/Samstag letzter Woche (18./19. November 2016) in Bonn-Bad Godesberg hat das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) 45 Persönlichkeiten aus Politik, Gesellschaft und Kirche als Mitglieder gewählt, darunter auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles.
Alle vier Jahre erweitern die ZdK-Vertreter mit dieser Wahl die Repräsentativität des ZdK als höchstem Gremium der Laienarbeit in der deutschen katholischen Kirche. Insgesamt besteht das ZdK aus etwa 230 Mitgliedern, 97 davon werden von der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Organisationen Deutschland (AGKOD) gewählt, 84 kommen aus den Laienvertretungen der deutschen Diözesen (Katholiken- bzw. Diözesanräte).
Nahles spricht vor ZdK und fordert Pflichtversicherung für Selbstständige
Andrea Nahles nutzte die Gelegenheit, um die ZdK-Mitglieder auzurufen, sich für eine Stärkung des Solidargedankens in der Gesetzlichen Rentenversicherung einzusetzen. Die wichtigste Zukunftsaufgabe sei es, angesichts der demografischen Entwicklung auch für die jüngeren Generationen eine verlässliche Rentenleistung sicherzustellen, ohne zugleich die Beitragszahler zu stark zu belasten.
Nahles sprach sich mit dieser Begründung für eine doppelte Haltelinie beim Rentenniveau und bei den Beiträgen auch nach 2030 aus. Zugleich warnte sie mit Blick auf die aktuelle Rentendebatte ausdrücklich vor einem Überbietungswettlauf im Hinblick auf die Höhe des Rentenniveaus.
Als weitere Reformbaustellen in der Alterssicherung benannte sie darüber hinaus eine Pflichtversicherung von Selbstständigen, außerdem die Angleichung der Ost-West-Renten, die Erhöhung der Erwerbsminderungsrenten und der Stärkung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge.
Die große Koalition werde sich hoffentlich in der nächsten Woche auf wichtige rentenpolitische Weichenstellungen verständigen, die noch vor der Bundestagswahl umgesetzt werden können. Sie stellte zudem ein Alternativkonzept zur im Koalitionsvertrag festgehaltenen Lebensleistungsrente in Aussicht, die sowohl SPD als auch CDU inzwischen als nicht zielführend sehen.
ZdK legt „sozialethischen Kompass für Reformpläne“ vor
Das ZdK hatte die Bundesarbeitsministerin eingeladen, um zum Auftakt einer Debatte über eine eigene Erklärung zur Zukunft der Alterssicherung zu sprechen.
In der von der Vollversammlung verabschiedeten Erklärung mit dem Titel "Generationengerechtigkeit, Solidarität und Eigenvorsorge – Sozialethische Anforderungen an eine Alterssicherung in der Lebens- und Arbeitswelt von morgen" setzt sich das ZdK für eine Reform des Rentensystems ein, die sich an dem Ziel orientiert, für möglichst viele Menschen Altersarmut zu verhindern und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihren erarbeiteten Lebensstandard zu sichern.
Zum Thema Selbstständige heißt es darin:
„Zur Vermeidung von Altersarmut und Grundsicherungsbezug fordert das ZdK eine Altersvorsorgepflicht für Selbstständige einzuführen, die bisher nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen oder über berufsständische Versorgungswerke abgesichert sind. Generell sei es an der Zeit, die Pflicht zur Altersvorsorge auszudehnen. Dazu gehöre die Verbreiterung des Versichertenkreises in der gesetzlichen Rentenversicherung auf alle selbstständigen und nicht selbstständigen erwerbstätigen Frauen und Männer, um dem Solidarpakt wieder eine beständige Basis zu geben.“
Die Aussage ist insofern etwas widersprüchlich, als zunächst von "Altersvorsorgepflicht" die Rede ist, was der Position der CDU entspricht und eine gewisse Wahlfreiheit beinhaltet, im weiteren Verlauf entsteht aber den Eindruck, es sei eine Rentenversicherungspflicht gemeint (vgl. dazu Update unten).
Die Kirchenvertreter fordern in dem Papier des Weiteren, dass Durchschnittsverdiener im Alter nicht auf Grundsicherung angewiesen sein dürften und ein Mindestrentenniveau auch über das Jahr 2030 hinaus gelten muss. Zugleich fordern sie auch die Ausweitung der Mütterrente.
Sie befürworten die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre und dessen kontinuierliche Überprüfung im Hinblick auf die Entwicklung der Lebensentwicklung, zudem auch die kürzlich beschlossene Flexi-Rente.
*) Update: Stellungnahme des ZdK - Altersvorsorgepflicht gefordert, Rentenversicherungspflicht muss geprüft werden
Wir haben bei Theodor Bolzenius, dem Pressesprecher des Zentralkomitees der deutschen Katholiken nachgefragt, ob das ZdK eine Altersvorsorge- oder doch eine Rentenversicherungspflicht fordert. Außerdem haben wir nachgefragt, ob im ZdK auch Selbstständige vertreten sind. Hier sein Antwort:
"Gerne stellen wir unsere Positionierung zur Altersvorsorgepflicht für Selbstständige da. Als ZdK fordern wir mit Blick auf die aktuelle Diskussion in unserer Erklärung 'eine Altersvorsorgepflicht für Selbstständige einzuführen, die nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen oder über berufsständische Versorgungswerke abgesichert sind. In diesem Zusammenhang ist die generelle Einbeziehung von Selbstständigen, die zeitweilig abhängig beschäftigt waren oder dies neben ihrer Selbständigkeit sind, in die gesetzliche Rentenversicherung zu prüfen. Bei der konkreten Ausgestaltung muss auf die Vorsorgesituation der heute bereits selbstständig Tätigen Rücksicht genommen werden. Zugleich darf es zu keiner Überforderung der Selbstständigen in der Existenzgründungsphase kommen.'Der Einbezug in die GRV ist hier bewusst als Prüfauftrag formuliert.
Darüber hinaus sehen wir perspektivisch die Notwendigkeit, generell die Pflicht zur Altersvorsorge auszudehnen und über eine Verbreiterung des Versichertenkreises in der gesetzlichen Rentenversicherung auf alle selbständigen und nicht selbständigen erwerbstätigen Frauen und Männer nachzudenken, um dem Solidarpakt wieder eine beständige Basis zu geben. Dies betrifft dann keinesfalls nur die Selbstständigen, sondern beispielsweise auch die Beamten.
Selbstverständlich sind im Zentralkomitee auch eine Reihe Selbständiger. Für deren Anliegen und Perspektiven stehen auch Verbände wie der Bund Katholischer Unternehmer oder die Gesellschaft Katholischer Publizisten. Aber auch aus den Reihen der Diözesanräte arbeiten ZdK-Mitglieder als niedergelassene Ärzte, Rechtsanwälte, Notare, Unternehmensberater und Handwerker."
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