Überraschend erhielt (wie schon berichtet) VGSD-Vorstand Andreas Lutz am 22.10.20 im Anschluss an eine Videokonferenz mit 35 Verbänden die Gelegenheit, nach Minister Peter Altmaier auf einer Pressekonferenz des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) einen fiktiven Unternehmerlohn zu fordern und diese Forderung zu begründen.
Hier das Manuskript seiner Rede:
"Ich freue mich, dass ich heute erstmals in der Runde dabei sein durfte, um den 2,1 Millionen Soloselbstständigen ohne Mitarbeiter eine eigene Stimme zu geben.
Es ist gut, dass Minister Altmaier sich so deutlich für einen fiktiven Unternehmerlohn auf Bundesebene ausgesprochen hat. Wir hoffen und sind zuversichtlich, dass er diesen in der Koalition durchsetzen wird. Dies sollte unbedingt noch im Rahmen der Überbrückungshilfe II dieses Jahr geschehen.
Wir haben den Wirtschaftsminister auch gebeten, den Zugang zur Überbrückungshilfe deutlich zu erleichtern, damit von 25 Milliarden Euro nicht nur 0,2 Prozent bei Soloselbstständigen ankommen.
Warum ist der Unternehmerlohn so wichtig?
Viele Soloselbstständige mieten kein Büro. Sie arbeiten von zuhause, beim Kunden oder am Veranstaltungsort.
Zwei Drittel haben betriebliche Fixkosten von unter 1.000 Euro pro Monat. Die Förderung dieser Kosten hilft ihnen also nur sehr begrenzt.
Ihre eigentlichen Kosten, die ihnen schlaflose Nächte bereiten, sind vielmehr die Lebenshaltungskosten für die Familie, die Krankenversicherung, die Miete der Wohnung, die Versicherungsbeiträge usw.
Diese haben sie bisher aus eigener Kraft gedeckt. Veranstaltungsverbote und andere staatliche Auflagen führen seit März nun aber zu bisher nie gekannten Umsatzeinbrüchen.
Von den Maßnahmen zum Gesundheitsschutz profitieren wir alle. Die Folgekosten tragen aber bisher überproportional die Selbstständigen.
Unser Schaden liegt im Schnitt pro Kopf bei 885 Euro pro Monat. Bei Angestellten liegen die Einbußen bei durchschnittlich 60Euro/Monat, (bei Beamten noch deutlich niedriger).
Selbstständige haben kein Kurzarbeitergeld bekommen, auch nicht diejenigen, die freiwillig Beiträge in die Arbeitslosenversicherung bezahlt haben.
Das Kurzarbeitergeld ist seit Herbst auch nicht mehr beitragsfinanziert, sondern kommt aus dem Bundeshaushalt. – Es ist deshalb ein Frage der Fairness, dass auch den besonders hart betroffenen Soloselbstständigen spätestens jetzt auf Bundesebene wirksam geholfen wird.
Grundsicherung, also Hartz IV, ist keine Lösung, das hat sich deutlich gezeigt:
Nur ganz wenige von uns hatten in der Krise bisher überhaupt Anspruch auf Hartz IV. Die Soloselbstständige sind im Schnitt 50 Jahre alt und haben privat für ihr Alter vorgesorgt. Dafür wurden sie angesichts sehr niedriger Vermögensgrenzen bestraft und mussten die ihnen aufgebürdeten Kosten der Corona-Krise folglich aus ihrer Altersvorsorge tragen.
Zudem friert Hartz IV quasi Leistungsempfänger auf dem Existenzminimum ein. Es lässt keinen Spielraum für Investitionen in Akquise, Weiterbildung, den Aufbau neuer Erlösquellen. Selbstständige aber wollen nicht auf die Hilfe angewiesen bleiben, sie wollen sich so schnell wie möglich herausarbeiten. Ob selbstständig oder nicht: Aus unabhängigen, eigeninitiativen Menschen dürfen nicht dauerhaft Hilfebedürftige gemacht werden.
Es ist wichtig, ein Zeichen zu setzen, dass
- Eigenverantwortung und Selbstständigkeit in Deutschland wertgeschätzt werden. Wer wird sonst in unserem Land noch gründen?
- Die Soloselbstständigen leisten einen unverzichtbaren Beitrag zu Wirtschaft und Gesellschaft. Ohne sie geht die Vielfalt in Städten und Kultur verloren sowie der Wettbewerb.
- Sie tragen neues Wissen in große Organisationen und sichern damit deren Flexibilität, Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit.
- Sie sind die Arbeitgeber von morgen.
Deshalb ist die Initiative von Minister Altmaier für einen Unternehmerlohn so wichtig und deshalb werden wir sie nach Kräften unterstützen."
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