Das Elterngeld (EG) ist von den Anforderungen von Arbeitnehmern her gedacht. Bei ihnen sind Prognosen und feste Vereinbarungen mit der Elterngeldstelle über Arbeitszeitkorridore und das erzielte Einkommen während der Elternzeit möglich und sinnvoll. Die Lebenssituation von Selbstständigen ist dagegen typischerweise von größeren Einkommensschwankungen, einer schwankenden Auftragslage und damit zwangsläufig auch stärker schwankenden Arbeitszeiten verbunden.

Beispiel: Ein selbstständiges Paar musste für mehrere Monate Elterngeld zurückzahlen, weil die Mindestarbeitszeit von 25 Stunden aufgrund der häufigen Krankheiten ihrer Kleinkinder unterschritten wurde. Arbeitnehmer-Familien haben demgegenüber Anspruch auf bis zu 25 bezahlte Kinderkrankentage (Alleinerziehende bis zu 50 Tage). Sie müssen sich deshalb keine vergleichbaren Sorgen um eine Verletzung des Arbeitszeitkorridors und mögliche Rückzahlungsverpflichtungen machen.

Diese Situation macht es für Selbstständige zu einem Vabanque-Spiel, Zuverdienst und voraussichtliche Arbeitszeiten zu prognostizieren und verbindlich mit der Elterngeldstelle zu vereinbaren. Bereits unerwartete (verspätete) Zahlungseingänge können zum vollständigen Verlust des EG-Anspruchs und damit hohen Rückzahlungsrisiken führen. Damit wird die originäre Zielsetzung des Elterngeldes – finanzielle Sicherheit und Stabilität in dieser verletzlichen Lebensphase zu ermöglichen – bei Selbstständigen verfehlt.

Relativ berechenbar ist allenfalls der Bezug von Basis-EG ohne Zuverdienst. Allerdings können es sich nur wenige Selbstständige leisten, für Monate komplett aus dem Beruf auszusteigen und gar nicht zu arbeiten, da dies eine Auflösung der Kundenbeziehungen mit sich bringt.

Eine weiterer Unterschied gegenüber Arbeitnehmern besteht darin, dass Selbstständige während des EG-Bezugs häufig mit hohen Fixkosten zum Beispiel für (Sozial-)Versicherungsbeiträge, Miete, Löhne etc. belastet sind, die auch bei einer verminderten Arbeitszeit voll anfallen und das verbleibende Einkommen bei einer Einschränkung der Arbeitszeit überproportional mindern. Teilweise wird das Elterngeld durch diese Fixkosten ganz aufgezehrt. Die bei der Elterngeldberechnung angewendeten Pauschalen für Sozialversicherungsbeiträge sind zu niedrig, um dies zu kompensieren. Bei Selbstständigen müsste daher bei der EG-Bemessung auf das tatsächlich verfügbare Einkommen während des EG-Bezugs abgestellt werden.

Ein weiteres Problem ist, dass bei Selbstständigen für die Bemessung des EG der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum herangezogen wird, der oft nicht repräsentativ für die tatsächlichen Einkommensverhältnisse und damit auch Ausgaben ist, zum Beispiel weil viele selbstständige Frauen in diesem Zeitraum erst gegründet haben oder während der Schwangerschaft kürzer treten mussten Selbstständigen sollten daher Wahlmöglichkeiten hinsichtlich des Bemessungszeitraums (12 Monate vor der Geburt wie abhängig Beschäftige und mehrjähriger Durchschnitt des Jahreseinkommens) eingeräumt werden.

Zudem wird das Antragswesen und die Berechnung des Elterngeldes von den Selbstständigen als extrem kompliziert und intransparent erlebt. Die Elterngeldstellen entscheiden zu gleichen Sachverhalten unterschiedlich, Selbstständige müssen wesentlich länger auf Entscheidungen warten, dürfen aber zugleich nicht arbeiten, um den EG-Anspruch nicht zu verlieren. Eine zentralisierte Bearbeitung von EG-Anträgen könnte hier ein Lösungsansatz sein.