Die Arbeitslosenversicherung für Selbstständige wurde 2006 als Reaktion auf die im gleichen Jahr erfolgten Veränderungen bei der Gründungsförderung für Arbeitslosengeld-1-Empfänger eingeführt: Das großzügiger ausgestaltete Überbrückungsgeld (ÜG) wurde durch den Gründungszuschuss ersetzt, der anders als das ÜG mit dem bei Gründung bestehenden Restanspruch auf Arbeitslosengeld (ALG) verrechnet wurde, mit der Folge, dass Geförderte bei einem Scheitern ihrer Gründung in der Regel ALG 1 mehr erhalten hätten.
Das Interesse an der freiwilligen ALV war unter den Selbstständigen zunächst sehr groß, die auf einige Monate begrenzte Übergangsregelung wollten auch viele Bestandsselbstständige nutzen, um sich zu versichern. Aufgrund des großen Interesses wurde diese Möglichkeit jedoch nach wenige Tagen abgeschafft, seitdem können sich Gründer/innen nur noch innerhalb eines kurzen Zeitfensters nach vorheriger versicherungspflichtigen Beschäftigung oder einem ALG 1-Bezug freiwillig versichern.
Sowohl der monatliche Beitrag als auch die Leistung sind unabhängig vom Einkommen. Versicherte mit formal niedrigerem Bildungsabschluss
erhalten bei gleicher Beitragshöhe ein geringeres ALG. Die Höhe des Beitrags wurde schon bald in zwei Stufen (zum 1.1.2011 und 1.1.2012) vervierfacht. Zugleich wurden die Leistungen eingeschränkt, anders als bei Arbeitnehmern sind sie auf einen zweimaligen Bezug beschränkt, egal wie kurz die Dauer der Arbeitslosigkeit ist.
Die unattraktive Ausgestaltung in Verbindung mit der starken Verteuerung hat zu einer Flucht der Selbstständigen aus der freiwilligen ALV geführt, so dass zu Beginn der Corona-Krise nur noch zwei Prozent von ihnen versichert waren. Für die Versicherten stellte sie oft eher einen Nachteil dar, denn sie erhielten Leistungen nur, wenn sie weniger als 15 Wochenstunden arbeiteten und wurden ansonsten sogar für den Bezug von ALG 2 gesperrt. Im Unterschied zu Angestellten, die bei 15 Stunden Wochenarbeitszeit ein positives Einkommen erzielen, müssen Selbstständige aber zunächst ihre laufenden Kosten decken, weshalb die Regelung sie daran hinderte, den Schaden zu minimieren und entstehende Verluste trotz ALG-Anspruch letztlich aus ihren Ersparnissen fürs Alter zu decken. Auch erhielten sie bei gleichen Beiträgen und unter vergleichbaren Umständen wie bei Arbeitnehmern kein Kurzarbeitergeld.
Forderung: Ein vereinfachter Zugang zur freiwilligen ALV reicht nicht aus, um diese wiederzubeleben, so lange sie unattraktiv und unfair ausgestaltet bleibt. Eine Reform muss deshalb entweder an den Leistungen und Versicherungsbedingungen ansetzen – oder an der Höhe des Beitrags, wenn man sich entscheidet, die Leistungen deutlich geringer als bei Arbeitnehmern zu belassen. Denkbar wäre auch ein zeitlich begrenzter Schutz in den ersten zwei bis drei Jahren nach der Gründung oder eine Wiederherstellung der Bedingungen, wie sie früher beim ÜG galten. Eine Nachkalkulation der Einnahmen und Ausgaben (bisher u.W. von der Bundesagentur für Arbeit verweigert) wäre ein erster Schritt zu einer wirksamen Reform.
Eine weitere Voraussetzung für eine Reform ist zudem eine faire Beitragsbemessung (vgl. www.vgsd.de/mitbestim…lein-schon).
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