„Das packen wir im Mai an. Das heißt, das nächste Gesetz ist schon auf dem Weg“ antwortete Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles auf die Frage von Parteifreunden, welche Reformen sie „noch im Köcher für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ habe, nachdem das Mindestlohngesetz nun unter Dach und Fach sei.
Auch Computerwoche und radiobremen berichten, dass mit einem ersten Entwurf des „Gesetzes gegen den Mißbrauch von Werkverträgen“ bereits im Mai zu rechnen sei. Mit dem Gesetz möchte Nahles strengere Kriterien für die Abgrenzung von „Scheinwerkverträgen und echten Werkverträgen“ einführen. Dabei will sie offenbar bestimmte Gerichtsurteile und die restriktive Entscheidungspraxis der Deutschen Rentenversicherung (DRV) in Gesetzesform bringen.
Betroffene Selbstständige, die eine DRV-Prüfung erlebt haben, sprechen von nicht weniger als dem "Ende der Selbstständigkeit", wenn diese Verwaltungspraxis zum Gesetz wird, da es für viele fast unmöglich sein wird, noch selbstständig tätig zu werden. Schon jetzt werden IT-Selbstständige massenweise in Arbeitnehmerüberlassung gedrängt, was sie als deutliche Verschlechterung erleben. Als Einzelselbstständiger von größeren Unternehmen direkt Aufträge zu erhalten ist in den letzten Jahren immer schwieriger geworden.
Der VGSD e.V. hat vor zwei Monaten eine Arbeitsgruppe gegründet, die unter Hochdruck an mehreren Aktionen sowie der direkten Ansprache von Politikern arbeitet, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Interessen der Freiberufler und Selbstständigen bei der Gesetzgebung berücksichtigt werden. Die Arbeitsgruppe kooperiert mit einer ganzen Reihe von weiteren Verbänden. Weitere Informationen / Verteiler der Arbeitsgruppe
Rentenversicherungspflicht für Selbstständige kommt wieder auf den Tisch
Das ist aber offenbar nicht der einzige Pfeil, den Ministerin Nahles im Köcher hat. Gegenüber zwei Medien hat sie in den letzten Tagen über die Einbeziehung von Soloselbstständigen in die Rentenversicherung gesprochen. Gegenüber Cicero (Zusammenfassung): „Vielfältige neue Beschäftigungsformen – von selbstbestimmten Selbstunternehmern bis zu Akkordarbeit leistenden Clickworkern – müssen in die Architektur unserer Sozialsysteme eingereiht werden. (...) Wird es in Zukunft ein berufsständisches Versorgungswerk für Crowdworker geben? Oder krempeln wir die 125 Jahre alte gesetzliche Rentenversicherung um und öffnen sie für Soloselbstständige?“
Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert Nahles mit den Worten: "Solo-Selbständige etwa arbeiten in einem Bereich und auf eine Weise, die von den althergebrachten Systemen nicht abgesichert ist. (...) Viele wollen das so. Aber neben selbstbewussten Freiberuflern gibt es dort auch digitale Tagelöhner. (...) Ob wir ein neues berufsständisches Versorgungswerk für Crowdworker schaffen werden, oder ob wir die gute, alte Rentenversicherung für Solo-Selbständige öffnen - das ist noch nicht entschieden".
Die Einführung einer Rentenversicherungspflicht für Selbstständige ist nicht von Tisch, sowohl SPD als auch CDU/CSU hatten bei der Beantwortung unserer Wahlprüfsteine vor der letzten Bundestagswahl eine solche Pflicht befürwortet, dann aber nicht im Koalitionsvertrag vereinbart.
Nahles-Vorgängerin von der Leyen hatte vor drei Jahren bereits eine Altersvorsorgepflicht geplant. Durch eine von VGSD-Vorstand Tim Wessels initiierte Petition konnte das Vorhaben damals verhindert werden. Aus dem erfolgreichen Widerstand entstand dann einige Monate später unser Verband.
Beide Gesetze hängen eng miteinander zusammen. Letztlich geht es der DRV – da sind sich alle Beobachter einig - bei ihren rigiden Statusfeststellungsverfahren darum, möglichst viele Selbstständige in die Rentenversicherung zu bringen – und schadet damit den Selbstständigen, die doch eigentlich durch das Gesetz geschützt werden sollten.
Um die den Soloselbstständigen und Kleinstunternehmern eine Stimme zu geben, benötigt der VGSD Deine Unterstützung, sei es durch aktives Engagement oder die finanzielle Förderung (ab 5 Euro/Monat) im Rahmen einer Vereinsmitgliedschaft.
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