In Brüssel, aber auch in Berlin wird zurzeit viel über den digitalen Wandel diskutiert, der zu neuen Formen der Arbeit führt und in seinen Auswirkungen nur mit der industriellen Revolution zu vergleichen sei.
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat nun in einem Beitrag für das Magazin Cicero (Aprilausgabe) ihre Partei dazu aufgefordert, die Folgen des digitalen Wandels stärker zu ihrem Thema zu machen.
Anlässlich des 200. Geburtstags Otto von Bismarcks zieht sie einen historischen Vergleich: Bismarck hatte damals - letztlich als Reaktion auf die sozialdemokratische Bewegung - die gesetzliche Kranken- und Unfallversicherung (1883/84) sowie die Renten- und Invalidititäsversicherung (1889) eingeführt.
Auch heute gebe es durch Digitalisierung, Globalisierung und demografischen Wandel wieder weitreichende Veränderungen. Diesen Zukunftsfragen dürfe sich die SPD nicht verschließen, sondern müsse aktiv mitgestalten. Nahles: „Der Blick zurück zeigt: Wenn wir nur verhindern wollen, werden wir die wenigsten (Zukunftsfragen) lösen.“
Und weiter: „Vielfältige neue Beschäftigungsformen – von selbstbestimmten Selbstunternehmern bis zu Akkordarbeit leistenden Clickworkern – müssen in die Architektur unserer Sozialsysteme eingereiht werden.“
Was heißt das konkret? Offenbar denkt Nahles darüber nach, einen weiteren Anlauf in Richtung Altersvorsorgepflicht für Selbstständige zu machen: „Wird es in Zukunft ein berufsständisches Versorgungswerk für Crowdworker geben? Oder krempeln wir die 125 Jahre alte gesetzliche Rentenversicherung um und öffnen sie für Soloselbstständige?“
Das klingt freundlich und ergebnisoffen. Gerne wollen wir Andrea Nahles da beim Wort nehmen. Aber wir haben unsere Zweifel, dass es dabei bleibt. Die Einführung einer Rentenversicherungspflicht für Selbstständige ist nicht von Tisch, sowohl SPD als auch CDU/CSU hatten bei der Beantwortung unserer Wahlprüfsteine vor der letzten Bundestagswahl eine solche Pflicht befürwortet, dann aber nicht im Koalitionsvertrag vereinbart.
Wir werden die Äußerungen von Andrea Nahles in den nächsten Monaten genau verfolgen und ihr gegenüber frühzeitig die Interessen der Soloselbstständigen und Kleinstunternehmen artikulieren.
Nahles-Vorgängerin von der Leyen hatte vor drei Jahren bereits eine Altersvorsorgepflicht geplant. Durch eine von VGSD-Vorstand Tim Wessels initiierte Petition konnte das Vorhaben damals verhindert werden. Aus dem erfolgreichen Widerstand entstand dann einige Monate später unser Verband.
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