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Pressemitteilung VGSD-Mitglieder schlagen praxistaugliche Kriterien für Selbstständigkeit vor

Was unterscheidet Einzelunternehmer und andere Selbstständige von abhängig Beschäftigten? Zu dieser Frage hat der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD) e.V. eine Online-Abstimmung durchgeführt.

Die Ergebnisse stellen dem aktuell diskutierten Kriterienkatalog (heute findet dazu ein Spitzentreffen im Kanzleramt statt) eine praxistaugliche Alternative gegenüber. Beispielsweise soll die Höhe des Stundensatzes betrachtet werden, denn faire Honorare schließen Lohndumping aus.

Kriterien dürfen Sachzwängen der heutigen Arbeitswelt nicht widersprechen

Bei einer Forderung sind sich die Teilnehmer der Befragung alle einig (gut 800 Stimmen): Arbeitsbedingungen, die auf Sachzwängen der heutigen Arbeitswelt beruhen, dürfen nicht als Kritieren für Scheinselbstständigkeit gedeutet werden.

Hintergrund: Viele Solo-Selbstständige müssen im Rahmen von Projektarbeit in den Räumen des Auftraggebers tätig werden und aus Sicherheitsgründen von ihm gestellte Arbeitsmittel nutzen.

„Das gilt für IT-Experten und Unternehmensberater ebenso wie beispielsweise für selbstständige Trainer“, erklärt VGSD-Vorstand Dr. Andreas Lutz. „Wer trotzdem solche Kritieren einführen möchte, belegt einen erheblichen Teil der Soloselbstständigen faktisch mit einem Berufsverbot.“

Zur Abgrenzung von tatsächlicher und scheinbarer Selbstständigkeit sollte nach Ansicht der VGSD-Mitglieder der Verdienst herangezogen werden (rund 690 Stimmen). Deckt das Honorar die Lebenshaltungskosten, die Kosten der sozialen Absicherung und das Auslastungsrisiko des Auftragnehmers? Dann liegt kein Lohndumping vor.

Viele Experten schlagen als Schwellenwert einen Stundensatz von 40 Euro plus Mehrwertsteuer und Reisespesen vor. „Ein solches Mindesthonorar würde für viele Branchen Rechtssicherheit bringen, ohne dass Selbstständige mit geringerem Einkommen austomatisch als scheinselbstständig gelten würden. Vielleicht wäre das ein Anreiz für die öffentliche Hand und andere Auftraggeber ebenfalls auskömmliche Honorare zu bezahlen: Derzeit bezahlt der Staat freie Dozenten und viele andere für ihn tätige Selbstständige oft schlechter.“

Am meisten Stimmen bekommen die Kriterien faire Bezahlung, Qualifikation und ausreichende Altersvorsorge

In den meisten Branchen ist der Einsatz von Soloselbstständigen per selbstständigem Dienst- oder Werkvertrag üblich und unproblematisch. Die Ausnahmen konzentrieren sich in einigen wenigen Bereichen. Hier wird immer wieder die Fleischverarbeitung als Beispiel genannt. Zur Abgrenzung schlagen die VGSD-Mitglieder daher einen Blick auf die Art der Tätigkeit vor: Tätigkeiten, die ein hohes Maß an Wissen und Können erfordern oder die als „freie Berufe“ anerkannt sind, sollten als Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit berücksichtigt werden (480 Stimmen).

Darüber hinaus sieht die VGSD-Community im Nachweis einer ausreichenden Altersvorsorge ein Merkmal, das vom Verdacht der Scheinselbstständigkeit befreien sollte (330 Stimmen). Schließlich ist es erklärtes Ziel der Gesetzgebung, eine ausreichende Altersvorsorge sicherzustellen. „Warum werden dann selbst solche Selbstständige, die freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und darüber hinaus noch privat vorsorgen nach aktueller und geplanter künftiger Praxis ebenfalls verfolgt?“ fragt sich VGSD-Vorstand Lutz.

Ziel sind Positivkriterien, mit denen eine Scheinselbstständigkeit vor Vertragsabschluss zuverlässig ausgeschlossen werden kann

Gemeinsam ist all diesen Merkmalen, dass es sich um Positivkriterien handelt, anhand derer sich bereits bei Vertragsschluss feststellen lässt, ob eine Selbstständigkeit und damit ein gültiger Vertrag vorliegt. Daran fehlt es bei den Kriterien im Gesetzesentwurf. Auch zahlreiche andere Verbände und führende Arbeitsrechtler fordern inzwischen die Einführung solcher Positivkriterien. Eine vollständige Übersicht der vorgeschlagenen Kriterien ist online abrufbar.

Mit den Vorschlägen formuliert der VGSD eine praxistaugliche Alternative zum aktuellen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung u.a. des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Diesen Entwurf hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im November 2015 präsentiert. Wirtschaftsverbände und Juristen bezeichnen die im Entwurf vorgeschlagenen Kriterien als praxisfern und in Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung.

Die Diskussion hat das Interesse an der VGSD-Petition für Rechtssicherheit beflügelt: „Wir haben inzwischen mehr als 16.000 Mitzeichner überzeugt“, so Dr. Andreas Lutz. „Ich appelliere an die Bundesarbeitsministerin, eine Neuregelung vorab intensiv mit den Betroffenen zu diskutieren. In den Niederlanden hat man damit gut Erfahrungen gemacht. Dort wurden zusammen mit unserem niederländischen Schwesterverband Musterverträge entwickelt, die für kleine Unternehmen und ihre Auftraggeber Rechtssicherheit schaffen.“

Über den VGSD

Der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD) e.V. vertritt die Interessen von Soloselbstständigen und kleinen Unternehmen mit bis zu neun Mitarbeitern, von Gründern sowie Teilzeit-Selbstständigen. Der 2012 gegründete Verband zählt aktuell gut 1.300 zahlende Vereins- und 7.300 Communitymitglieder. Sitz des VGSD ist München.

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