Einer der weniger bekannten Aspekte des geplanten Gesetzes „gegen den Missbrauch von Werkverträgen“ sind die vorgesehenen umfangreichen „Informations- und Unterrichtungsrechte“ des Betriebsrats. Was sich harmlos anhört, könnte für Selbstständige weitreichende Konsequenzen haben, denn bei Auftraggebern mit Betriebsrat darf dieser künftig in die Verträge mit Auftragnehmern reinschauen.
Geändert werden soll §92 „Personalplanung“ des Betriebsverfassungsgesetztes. Der erste Satz liest sich künftig wie folgt, der kursiv gesetzte Teil soll durch das Werkvertragsgesetz ergänzt werden:
„Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf sowie über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen einschließlich der geplanten Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und Maßnahmen der Berufsbildung anhand von Unterlagen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten.“
Gewerkschaften erhalten Einblick in ausgehandelte Preise und Honorare - aber das ist nicht alles...
In der Begründung des Arbeitsministeriums heißt es dazu (Hervorhebung durch uns):
„Zweck des Unterrichtungsrechtes ist es, dem Betriebsrat eine Prüfung in eigener Verantwortung zu ermöglichen, (...). Dazu sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nähere Informationen insbesondere über den zeitlichen Umfang des Einsatzes (Einsatztage und Einsatzzeiten), den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen sowie die Vorlage der Verträge erforderlich, die diesem Personaleinsatz zugrunde liegen.“
Zu den Informationsrechten des Betriebsrates soll somit nach unserem Verständnis die Einsicht in beliebige Dienst- und Werkverträge gehören, seien es die mit dem Kantinenbetreiber oder die mit einem einzelnen Softwareentwickler.
Die Gewerkschaften erhalten damit nicht nur Einblick in die verhandelten Preise und Honorare, sondern können den Vertrag auch daraufhin auswerten, ob irgendwelche Anhaltspunkte für eine Scheinselbstständigkeit vorliegen. In einem solchen Fall wäre es denkbar und wahrscheinlich aus Sicht der Gewerkschaft auch geboten, dass sie darüber die Unternehmensleitung oder direkt die Deutsche Rentenversicherung informieren.
Selbstständige könnten in Auseinandersetzungen zwischen Betriebsrat und Auftraggeber geraten
Angesichts der großen Unsicherheit darüber, was echte und was Scheinselbstständigkeit ist, schafft das ein ungutes Potenzial für die Denunziation von freien Mitarbeitern, so fürchten Selbstständige, die den Entwurf gelesen haben in Rückmeldungen uns gegenüber.
Auch könnte der Betriebsrat im Falle von Sparmaßnahmen des Auftraggebers gezielt auf Selbstständige und andere Auftragnehmer hinweisen, deren Tätigkeit statt dessen eingespart und „inhouse“ geholt werden könnte. Da die Gewerkschaften die Interessen der Angestellten und nicht der freien Mitarbeiter vertreten, ist eine solche Entwicklung duchaus nicht unrealistisch.
Insofern bedarf es beim "Werkvertrags"-Gesetz unserer Ansicht nach neben der Überarbeitung der Kriterien für Scheinselbstständigkeit auch eine Überprüfung der Einsichtsrechte der Betriebsräte. Zumindest sollten Soloselbstständige und Kleinstunternehmen davor geschützt werden, in Auseinandersetzungen zwischen seinem Auftraggeber und dessen Betriebsrat hineingezogen zu werden.
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