Gestern (29.04.) fand – organisiert von der Mittelstandsallianz – ein Treffen mehrerer Verbandsvertreter im Bundesarbeitsministerium (BMAS) statt. Wir waren zu Gast bei Dr. Julia Borggräfe (geb. 1974). Sie ist seit einem Jahr Leiterin der neu geschaffenen Abteilung „Digitalisierung und Arbeitswelt“. Zuvor war sie Senior Vice President Human Resources & Corporate Governance der Messe Berlin. Außerdem war sie Mitgründerin der Change-Beratung autenticon.
Sie ist u.a. zuständig für die im Ministerium neu geschaffene Denkfabrik und hat den Anspruch, Vordenkerin im Bereich digitaler und agiler Arbeit sowie partizipativer Politikgestaltung zu sein, heißt es über sie (Quelle).
Den Finger in die Wunde gelegt
Ein zentrales Thema des Treffens war die Verunsicherung unter unseren Auftraggebern zum Thema Scheinselbstständigkeit und die Konsequenzen, die dies hat: Selbstständige werden in Arbeitnehmerüberlassung gedrängt, Projekte an große Beratungsunternehmen oder immer häufiger gleich ganz ins Ausland verlagert.
Ich (Andreas Lutz) machte auf die Ergebnisse der von uns (gemeinsam mit GULP) durchgeführten Studie aufmerksam und gab meinem Unverständnis darüber Ausdruck, dass die Bundesregierung auf Anfragen des FDP-Bundestagsabgeordneten Thomas Sattelberger geantwortet hat, dass ihr keine Erkenntnisse / Studien zu den negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Rechtsunsicherheit vorlägen.
- Warum lässt sie die Auswirkungen der Rechtsunsicherheit nicht selbst untersuchen, wenn sie unsere Studien nicht zur Kenntnis nimmt?
- Warum beauftragt das Arbeitsministerium statt dessen immer wieder Studien zum Phänomen der Plattformarbeit, deren wiederkehrendes Ergebnis es ist, dass es sich dabei um ein Nischenphänomen handelt?
- Warum werden Soloselbstständige und ihre Vertreter nicht in die Denkfabrik des BMAS eingeladen, um die Perspektive der Soloselbstständigen einzubringen?
Meine Fragen lösten Rückfragen von Dr. Borggräfe aus und damit eine Diskussion, an der sich Ralf Lemster (BDÜ) und Björn Sacknieß vom Bundesverband selbstständige Wissensarbeit intensiv beteiligten. Die Rückfragen der Abteilungsleiterin und ihrer Mitarbeiter konnten wir jeweils auf den Punkt beantworten und hoffen, dass unsere Argumente bei ihr einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.
Auch hoffen wir, dass wir nun vielleicht über diesen Weg einen Zugang zu der Denkfabrik des BMAS erhalten und dafür sorgen können, dass die Perspektive der gerne und freiwillig Selbstständigen dort mehr gehört wird und zu den politischen Entscheidungsträgern durchdringt.
Wer ist die Mittelstandsallianz?
Organisiert wurde das Treffen von der Mittelstandsallianz. Das Verbändebündnis kam auf Initiative des BVMW (Bundesverband mittelständische Wirtschaft) zustande. Die Mitgliedsverbände der Allianz treffen sich regelmäßig mit hochrangigen Politikern und Beamten und setzen sich für eine wirtschaftsfreundlichere Gesetzgebung ein. Natürlich machen sie auch auf spezifische Probleme und Anliegen ihrer Mitglieder bzw. Branchen aufmerksam.
Neben Berufsverbänden, die vorrangig Unternehmen mit Mitarbeitern vertreten, sind dort auch eine ganze Reihe Verbände aktiv, deren Fokus auf Soloselbstständigen liegt und mit denen wir oft schon längere Zeit zusammenarbeiten. So ist der BDÜ (Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V.) seit ihrer Gründung in der Mittelstandsallianz aktiv. Das gleiche gilt für die DDIM, die die Interessen selbstständiger Interimmanager vertritt sowie der Bundesverband selbstständige Wissensarbeit (früher: ADESW).
Insgesamt haben die in der Mittelstandsallianz organisierten Verbände rund 900.000 Mitglieder.
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