Vor Kurzem haben wir als VGSD Wahlprüfsteine formuliert und diese an die wichtigsten Parteien bei der Bundestagswahl verschickt. In der Zwischenzeit haben wir sechs Rückmeldungen erhalten (davon eine gemeinsame von CDU/CSU). Diese werden wir in den kommenden Wochen veröffentlichen.
Wir haben von unseren Mitgliedern ein unvoreingenommenes Meinungsbildung eingeholt. Sie hatten die Möglichkeit, die Antworten der Parteien mit Schulnoten (1 = sehr gut – 6 = ungenügend) zu bewerten, ohne jedoch zu wissen, welche Partei sich hinter einer Antwort versteckt.
Frage 1a zur Rentenversicherungspflicht:
Planen Sie die Einführung einer Rentenversicherungspflicht für Selbständige? Falls ja: In welcher Form? Wie verhindern Sie eine Überforderung von Selbständigen mit geringem Einkommen, aber auch der Mehrheit derer, die verantwortungsvoll vorgesorgt haben und dazu bereits langfristige Verpflichtungen eingegangen sind?
Die Antworten der Parteien:
In Deutschland gibt es rund 2,6 Millionen Selbstständige ohne eigene Mitarbeiter. Viele von ihnen sind oft nur unzureichend für das Alter oder Krankheitsfälle abgesichert. Unsere Partei will ihren sozialen Schutz verbessern und eine Altersvorsorgepflicht für alle Selbstständigen einführen, die nicht bereits anderweitig abgesichert sind. Dabei sollen sie zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und anderen Vorsorgearten wählen können. Wir werden Lösungen entwickeln, die auf bereits heute selbstständig Tätige Rücksicht nehmen und Selbstständige in der Existenzgründungsphase nicht überfordern.
In der Diskussion über die Einführung einer Rentenversicherungspflicht für Selbständige sprechen wir uns grundsätzlich gegen eine gründungs- und innovationsfeindliche Zwangslösung aus. Diese bedroht die Existenz von Selbständigen und die Entstehung von Arbeitsplätzen: Wer heute schon vorsorgt, wird seine Vorsorge gegebenenfalls mit massiven Verlusten umstrukturieren müssen – und diejenigen, die sich aufgrund fehlender Gewinne eine Altersvorsorge noch nicht leisten können, werden in die Insolvenz und in die Abhängigkeit von staatlichen Transfersystemen getrieben.
Selbstständige, die bislang nicht obligatorisch Altersvorsorge betreiben, sollen in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. Dabei sprechen wir uns für einkommensgerechte Beiträge aus. Bei der Beitragszahlung soll zudem durch flexible Beiträge der besonderen Einkommenssituation von Selbstständigen Rechnung getragen werden. Für Personen, die bereits anderweitig Vorsorge betreiben, sind Vertrauensschutzregelungen notwendig.
Wir setzen uns für eine nachhaltige Bekämpfung der Altersarmut, die direkte Folge der über Jahrzehnte verfehlten Rentenpolitik ist, ein. Auch für das langfristige Ziel eines bedingungslosen Grundeinkommens wird das Rentensystem angepasst. Jede*r Rentner*in soll im Alter eine Mindestrente erhalten, welche eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Deshalb muss das bisherige Rentensystem so umgestaltet werden, dass die zukünftigen Rentner* innen wieder von einer sicheren Rente im Alter ausgehen können. Um diese Ziele zu erreichen, muss das Rentensystem so umgestaltet werden, dass die Einnahmebasis verbreitert und die Stärkeren sich angemessen mit Beiträgen an der Rentenversicherung beteiligen. Alle bestehenden Rentensysteme, berufsständische Versorgungssysteme und Pensionen im öffentlichen Dienst werden zu einer Rentenkasse zusammengeführt. Alle steuerpflichtigen Einkommen und Kapitalerträge werden zur Zahlung von Rentenbeiträgen verpflichtet. Keine Berufsgruppe wird ausgenommen, die Bemessungsgrenze soll entfallen. In die Rentenkasse zahlen alle in Deutschland lebenden Menschen einkommensabhängig ein. Die Beiträge von Selbstständigen werden sich an ihren jeweiligen Unternehmenszahlen orientieren, sodass diese in ihrer Existenz nicht gefährdet werden.
Nicht alle Selbstständigen sind von Altersarmut bedroht. Viele Selbstständige sorgen ausreichend für ihr Alter vor. Die Versorgungswerke für die freien Berufe funktionieren gut. In einem ersten Schritt wollen wir in der gesetzlichen Rentenversicherung die zwei Millionen Selbstständigen berücksichtigen, die nach heutigem Recht überhaupt nicht verpflichtet sind vorzusorgen. Diese sind nach Einschätzung der Sachverständigen besonders von Altersarmut bedroht. Einkommen von Gering- und Durchschnittsverdienern sind in Deutschland so hoch mit Sozialabgaben belastet wie in kaum einem anderen Land der OECD. Deshalb wollen wir, dass die Sozialabgaben insbesondere für diejenigen gesenkt werden, deren Einkommen vor allem von hohen Sozialversicherungsbeiträgen aufgezehrt werden. Die Einbeziehung in die Sozialversicherung muss so ausgestaltet sein, dass sie die Versicherten nicht überfordert. Die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung darf auch für Selbstständige nicht nur auf dem Papier bestehen, sondern muss real möglich sein - auch beim Blick ins Portemonnaie.
Alle Menschen bedürfen des Schutzes vor sozialen Risiken. Nur öffentliche und umfassende Sozialversicherungen können zuverlässig soziale Sicherheit garantieren – nicht Banken oder Versicherungskonzerne. Nur öffentliche Sozialversicherungen können sozialen Ausgleich organisieren. Auch weil die Erwerbsbiografien immer häufiger durch Wechsel zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbständigkeit gekennzeichnet sind, ist eine durchgehende Absicherung in den öffentlichen Sozialversicherungssystemen die sinnvollste Lösung. Wir wollen deshalb Selbständige, Freiberuflerinnen und Freiberufler in diese Systeme einbeziehen. Diese Einbindung eröffnet ihnen den Zugang zu den Leistungen der Sozialversicherungen, organisiert Solidarität zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und stärkt die finanzielle Basis der Sozialversicherungen. Die Bedingungen für diese Einbeziehung müssen aber für die Selbständigen tragbar sein. Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sollen deshalb einkommensabhängig erhoben und bis zu einer bestimmten Einkommenshöhe teilweise vom Staat übernommen werden. Zur Refinanzierung dieses Steuerzuschusses wird beim Öffentlichen Dienst, bei Unternehmen und Organisationen, die als Auftraggeberinnen und Auftraggeber agieren, eine abzuführende Sonderabgabe auf die Honorare erhoben. Außerdem wollen wir das Rentenniveau anheben, damit die gesetzliche Rente den Lebensstandard im Alter wieder sichern und langjährigen Beitragszahlenden armutsfeste Renten gewährleisten kann. Mit einer einkommens- und vermögensgeprüften solidarischen Mindestrente von 1.050 Euro netto sollen geringe Renten auf dieses Niveau angehoben und so sicher gestellt werden, dass jede/r im Alter frei von Armut und in Würde leben kann.
Alternative für bedürfen des Schutzes vor sozialen Risiken. Nur öffentliche und umfassende Sozialversicherungen können zuverlässig soziale Sicherheit garantieren – nicht Banken oder
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