Am 7. Dezember findet auf Initiative der FDP-Fraktion (Franktionsvorsitzender ist der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner) eine öffentliche Anhörung vor dem Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales des nordrhein-westfälischen Landtags statt.
Der Titel der Anhörung ist: „Solo-Selbstständige nicht unter Generalverdacht stellen – Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und Werk- bzw. Dienstverträgen angemessen und rechtssicher ausgestalten“. Die Anhörung beginnt um 10 Uhr und findet in Raum E3 A02 des Landtags in Düsseldorf statt. Der VGSD wurde damit bereits zum zweiten Mal zu einer Anhörung des Ausschusses eingeladen. Zuletzt waren wir durch Hendrik Schäfer vertreten, der als Sprecher der Arbeitsgruppe Scheinselbstständigkeit zum Thema „Click- und Crowdworking“ Stellung nahm.
Von Seiten des VGSD nimmt dieses Mal Vorstand Dr. Andreas Lutz teil. Als weitere Experten sind Professor Dr. Stefan Sell bzw. Tim Obermeier vom Institut für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung (ISAM) der Hochschule Koblenz, Markus Hofmann vom DGB Bundesvorstand sowie Dr. Tobias Hentze vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln eingeladen.
Der Ausschuss hat 25 ordentliche Mitglieder (PDF mit Fotos und Namen), davon elf SPD, sieben CDU, drei Grüne und je zwei für FDP und Piraten. Ausschuss-Vorsitzender ist Günter Garbrecht von der SPD, mit dem Andreas schon bei einer anderen Veranstaltung in Düsseldorf diskutiert hat.
FDP kritisiert Rechtsunsicherheit und Konsequenzen für Auftraggeber und -nehmer
Anlass ist ein Antrag, in dem die FDP-Fraktion das Werkvertragsgesetz kritisiert, das in Kürze (wohl noch vor der Anhörung) im Bundesrat besprochen wird. In dem neuen § 611 BGB würden unbestimmte Rechtsberiffe festgeschrieben, so dass das Ziel höherer Rechtssicherheit in Frage stehe. In der Praxis würde durch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) zunehmend restriktiv geprüft, ob Solo-Selbstständige nicht als Scheinselbstständige einzuordnen seien. Entsprechende Beurteilungen hätten zwischen 2009 bis 2013 von 19 auf 45 Prozent zugenommen, Sozialversicherungsbeiträge würden über mehrere Jahre nachgefordert.
Dies halte einerseits Menschen davon ab, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Andererseits seien viele Unternehmen nicht mehr bereit, Solo-Selbstständige zu beauftragen. Letztlich werde dadurch die Existenzgrundlage eines großen Teils der 2,5 Millionen Solo-Selbstständigen gefährdet. Das Engagement der Selbstständigen sei aber wesentlicher Baustein für Dynamik und Innovationkraft in unserer Gesellschaft, ihr flexibel zur Verfügung gestelltes Know-how unverzichtbar.
Stundensatz von 36 Euro, mehrere Auftraggeber und Beschäftigte als Positivkriterien vorgeschlagen
Als Lösung schlägt die FDP in ihrem Antrag vor, ergänzend zu den geltenden Abgrenzungskriterien Positivkritieren einzuführen:
„Eine Lösung könnte darin bestehen, ergänzend zu den geltenden Abgrenzungskriterien zwischen Selbstständigkeit und Beschäftigung zusätzlich den eigenverantwortlichen Abschluss eines Vertrages unabhängig von der von den Vertragsparteien gewählten Bezeichnung dann als Indiz für das Fehlen einer abhängigen Beschäftigung anzusehen, wenn die Vereinbarung ein Stunden- oder Tageshonorar, das Lebenshaltungskosten, soziale Vorsorge und Auslastungsrisiko des Auftragnehmers abdeckt, umfasst. Dieser Indizcharakter könnte einer solchen Vereinbarung etwa orientiert an den Beitragsbemessungsgrenzen in der Kranken- oder Rentenversicherung zugeschrieben werden (bezogen auf die Rentenversicherung West würde sich für 2016 ein Stundenhonorar von 36 Euro bzw. ein Tageshonorar von 285 Euro ergeben).Um Eintrittshürden für Existenzgründer bzw. Berufsanfänger zu verhindern, könnte für diese in den ersten Jahren ihrer Tätigkeit eine niedrigere indizielle Grenze gelten.
Zudem sollte wie bisher die Beschäftigung von Arbeitnehmern und die Erbringung von Leistungen gegenüber mehreren Auftraggebern ein Kriterium für Selbstständigkeit darstellen.
Während für Vertragsverhältnisse, die eines dieser Positivkriterien erfüllen, keine intensive Prüfung hinsichtlich einer etwaigen Scheinselbstständigkeit mehr erforderlich wäre, wäre zum Beispiel für Solo-Selbstständige mit niedrigeren Honoraren weiterhin eine umfassende Prüfung des Einzelfalls durchzuführen.“ (Hervorhebungen durch uns)
Wir freuen uns über die Einladung und natürlich auch über die Initiative der FDP, die in vielen Punkten den Positionen des VGSD entspricht. Wir werden vorab eine schriftliche Stellungnahme einreichen und im Rahmen der Anhörung auf weitere mögliche Positivkritieren hinweisen, die auch Selbstständigen mit niedrigerem Einkommen mehr Rechtssicherheit sichern könnten. Wir berichten Euch dann im Anschluss über den Verlauf und die Ergebnisse der Anhörung. Alle offiziellen Dokumente zur Anhörung findet ihr auf der Website des Landtags, wo sie schrittweise ergänzt werden.
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