Bei der obigen Analyse haben wir festgestellt, dass in der heutigen Arbeitswelt viele der geplanten Kriterien auch mit viel gutem Willen von Auftraggeber- und –nehmerseite einfach nicht zu erfüllen sind. Insofern widersprechen sie dem Anspruch der Ministerin, die Gesetzeslage an die digitalisierte Arbeitswelt anzupassen.
Im folgenden Ranking haben wir die Kriterien nach dem Anteil der Selbstständigen geordnet, die Kriterien verletzen, diese aber aufgrund der Natur der Sache auch gar nicht erfüllen können bzw. nur unter unverhältnismäßigen finanziellen und produktivitätsmäßigen Einbussen.
Ranking nach Nichterfüllbarkeit der Kriterien
- Benötigen keine eigene betriebliche Organisation (Angestellte, Lager, Maschinen) und ein Aufbau ist auch nicht sinnvoll – 63,4% aller Befragten
- Müssen ihre Leistung in Zusammenarbeit mit festen/freien Mitarbeitern des Kunden erbringen und es geht auch nicht ohne – 49,7%
- Können kein abgrenzbares Arbeitsergebnis erzielen – 31,9%
- Können und wollen vernünftigerweise keine Gewährleistung übernehmen – 31,9%
- Erbringen ihre Leistung immer oder oft beim Kunden und es geht auch gar nicht anders – 31,0%
- Können Umsatzanteil mit anderen Kunden nicht steigern, weil aufgrund der Natur der Hauptaufträge gar kein Spielraum – 24,1%
- Erbringen ihre Leistung immer oder oft mit Arbeitsmitteln des Auftraggebers und können gar nicht anders – 23,0%
- Bestimmen ihren Arbeitsort nie oder selten selbst und können das aufgrund der Art der Tätigkeit auch gar nicht – 21,2%
- Bestimmen ihre Arbeitszeit nie oder selten selbst und können das aufgrund der Natur der Aufgabe auch gar nicht – 9,8%
- Können Ihre Leistung aus sachlogischen Gründen nie oder selten selbst gestalten – 7,9%
Ein Rechenbeispiel hierzu: 74,2% der Befragten unterhalten keine betriebliche Organisation, für 85,4% davon macht das auch keinen ökonomischen Sinn. 74,2% x 85,4% ergibt 63,4% aller Befragten, die über keine solche Organisation verfügen und für die ein Aufbau auch keinen Sinn macht.
Fazit: Die meisten Kriterien widersprechen der heutigen Arbeitswelt widersprechen
Aus dem Ranking können wir die Schlußfolgerung ziehen, dass eine betriebliche Organisation (mit Angestelten, Lager, Maschinen) zu verlangen und die Zusammenarbeit mit anderen freien und festen Mitarbeitern zu verbieten in höchstem Maße ungeeignete Kriterien sind, da die Hälfte bzw. fast zwei Drittel der Befragten ihr Arbeit gar nicht anders erbringen kann.
Problematisch ist angesichts der Natur von Projektarbeit (teils mehrjährige, komplexe Projekte mit intensivem Abstimmungsbedarf) heute auch, ein abgrenzbares Arbeitsergebnis und die Übernahme von Gewährleistung zu verlangen, die Tätigkeit beim Kunden als Kriterium für Scheinselbstständigkeit zu bewerten und einen höheren Umsatzanteil mit weiteren Kunden vorzuschreiben, da dies für ein Viertel bis ein Drittel der Selbstständigen gar nicht machbar und erfüllbar ist.
Selbst in Hinblick auf Arbeitsmittel und Selbstbestimmung des Arbeitsorts gibt es bei jedem vierten bis fünften Selbstständigen zwingende sachlogische Gründe, zum Beispiel, weil Leistungen nur vor Ort oder nur mit bzw. an (teuren, besonders abgesicherten, zu wartenden) Arbeitsmitteln des Kunden möglich sind.
Weisungen bezüglich Arbeitszeit und –inhalt sind dagegen nur für eine sehr kleine Zahl von Selbstständigen nicht vermeidbar – wobei auch deren Gründe bedacht werden sollten.
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