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Lesetipp Wie lebst und arbeitest du als Selbstständige/r im Alter von über 60 Jahren? Angelika Sieburg, 75: "Mit jüngeren Menschen im Kontakt zu bleiben, ist mir wirklich wichtig"

Vorhang auf und Lichter an: Angelika Sieburg ist Theatermacherin aus Leidenschaft. Gemeinsam mit ihrem Mann produziert und inszeniert sie Stücke à la Brecht und beweist, dass man fürs Rampenlicht niemals zu alt ist.

Angelika Sieburg blickt voller Stolz auf erfolgreiche Jahre zurück – doch vor allem schaut sie in die Zukunft und freut sich auf weitere kreative Meilensteine.

"Mein Name ist Angelika, ich bin freie Theatermacherin, 75 Jahre alt, und habe vor, auch weiterhin als freie Produzentin mit meinem Mann künstlerisch tätig zu bleiben. Unser Label, das Wu Wei Theater Frankfurt, besteht nun seit über 35 Jahren und ich bin sehr stolz auf das, was wir uns aufgebaut haben.

Ein künstlerischer Werdegang

Ich stamme aus Österreich und bin ausgebildete Schauspielerin. Während meiner Zeit an verschiedenen Stadttheatern habe ich meinen Mann kennengelernt. Gemeinsam haben wir zwei Kinder aufgezogen. Unsere Selbstständigkeit gründete sich darauf, eigene Produktionen auf internationalen Festivals und Gastspiel-Tourneen zu präsentieren – eine Tätigkeit, die viele Jahre sehr erfolgreich war. Später kam der Wunsch auf, dass wir uns mehr in Frankfurt und Hessen etablieren und engagieren.

Ein Ort der Inspiration

Gegründet 1989 von mir und meinem Mann Andreas Wellano, basiert das Wu Wei Theater Frankfurt auf dem epischen Theater nach Brecht. Mit der Reihe 'Epische Versuche' geht unser Ensemble auf Gastspiel-Tournee und ist national sowie international unterwegs – in Ländern wie China, den USA und europaweit. Seit 1992 führten wir Regiearbeiten durch, und ab 1996 entwickelten wir Wu Wei für Kinder und Jugendliche sowie theaterpädagogische Projekte.

Im Jahr 2005 erweiterten wir unsere Theaterästhetik vom Epischen zum postdramatischen und performativen Theater mit diversen Produktionen. Unsere Aufführungen finden an verschiedensten Orten statt, darunter das Künstlerhaus Mousonturm, das Pfalzbau Theater Ludwigshafen, das Staatstheater Darmstadt, Agora Kultur am Ostbahnhof Darmstadt, Lebenszeiten Offenbach, Stalburg Theater und die Landungsbrücken.

Engagement und kulturpolitische Arbeit

Wir haben unsere Erfahrungen in der Förderung von Kultur, durch Anträge bei hessischen Kulturämtern, dem Ministerium für Wissenschaft und Kunst in Wiesbaden, Stiftungen, Firmen und öffentlichen Institutionen von Bund und Ländern, an jüngere Kollegen weitergegeben. Als Vorstände des einzigen hessischen Theaterverbands laPROF (Landesverband professionelle freie darstellende Künste Hessen e. V.) waren wir 14 Jahre lang als Vorsitzende ehrenamtlich tätig. Durch unsere kontinuierliche kulturpolitische Arbeit konnten wir in Hessen Strukturen für Gastspiele des freien professionellen Kinder- und Jugendtheaters etablieren. Wir gründeten das Festival MADE, um freien professionellen Künstlerinnen und Künstlern, in Hessen Auftrittsmöglichkeiten zu schaffen, darunter auch an hessische Staats und Stadttheatern, um so natürlich auch ihre Verdienstmöglichkeiten zu verbessern.

Vor einigen Jahren haben wir diese Tätigkeit beendet und an versierte jüngere Kollegen, die in der Zwischenzeit nachgekommen sind, übergeben. Ich finde es nicht schlimm, jüngeren Menschen etwas Arbeit abzugeben, im Gegenteil. Für mich ist es ein Zeichen von Stärke, Aufgaben zu delegieren. Außerdem haben mein Mann und ich so mehr Zeit für uns.

Durchdacht vorgesorgt

Ich verstehe, dass die Rente für viele Künstler und Künstlerinnen ein schwieriges Thema ist. Ich habe vorgesorgt, indem ich mir mehrere "Rentenströme" geschaffen habe: Als junge Frau habe ich in Österreich gearbeitet, weshalb mir eine kleine Pension aus der Zeit zusteht. Zusätzlich habe ich regelmäßig in die KSK Künstlersozialkasse eingezahlt und war dadurch renten- und krankenversichert.

Noch dazu habe ich seit dem Anfang meiner Theaterkarriere die Mindestbeiträge für die Bayerische Versicherungskammer gezahlt. Mit Anfang 40 habe ich eine Lebensversicherung abgeschlossen, die wird mir zur aktuellen Rente obendrauf ausgezahlt.

Ein Leben in Gemeinschaft quer durch die Generationen

Mit jüngeren Menschen im Kontakt zu bleiben, ist mir wirklich wichtig. Dank der neugewonnenen Zeit gelang es mir, meinen Traum von einem Mehrgenerationen-Wohnen zu verwirklichen. Mittlerweile lebe ich seit knapp drei Jahren mit meinem Mann in einem solchen Projekt. Unser Zuhause ist eine Gemeinschaft von 80 Erwachsenen und 42 Kindern.

Wir genießen das Zusammenleben sehr. Jede Familie hat ihren eigenen Wohnbereich mit Garten oder Balkon, und wir teilen uns große Gemeinschaftsflächen wie den Innenhof, die Dachterrasse, die Waschküche und die Tiefgarage. Es gibt genügend Platz für Theater, Tanz, Chor und Musikveranstaltungen, was unseren künstlerischen Ambitionen wieder Raum gibt. Besonders in der schwierigen Corona-Zeit hat sich diese Gemeinschaft als enorm wertvoll erwiesen. Und durch den ständigen Austausch bleiben wir inspiriert. Und deshalb freuen wir uns sehr darauf, in diesem wunderbaren Umfeld weiterhin kreative Projekte zu verwirklichen.

The show must go on

Gerade haben die Proben für eine neue Produktion des Wu Wei Theaters begonnen, bei der ich die Regie übernommen habe. Der Titel lautet: „Wellano lebst aa no? Über das Wirken und Werden der Liesl Karlstadt, dargeboten von ihrem Großneffen Andreas Wellano". Am 15. November ist es soweit. Und ich freue mich auf alles, was noch kommt. Für mich steht fest: Ich will der Bühnenwelt noch nicht den Rücken kehren."

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