Das Geheimnis einer guten Altersvorsorge: So früh wie möglich anfangen und mit niedrigen Verwaltungskosten langfristig rentabel anlegen. Wenn man diese Regel beherzigt, kann man dank Zinseszinseffekt auch mit kleinen Sparraten sehr viel erreichen. Was weitsichtige Eltern für ihre neugeborenen Kinder tun, hat das ifo-Institut jetzt für Deutschland als Ganzes vorgeschlagen.
"Deutscher Bürgerfonds" nennt ein Team um ifo-Präsident Clemens Fuest und den Bochumer Professor Martin Werding sein Konzept. Im Gegensatz zum "Deutschlandfonds, bei dem die Erwerbstätigen zusätzlich zur gesetzlichen Rentenversicherung Ersparnisse in einen staatlich beaufsichtigten, besonders kostengünstigen Fonds anlegen, legt beim Bürgerfonds der Staat selbst Geld an, das er ggf. sogar durch Schulden finanziert.
Relativ niedrige Staatsverschuldung bietet Chance zu Einführung
Dafür sehen die ifo-Forscher jetzt den nötigen Spielraum. Denn die Staatsschuldung hat die mit den anderen Euro-Staaten vereinbarte Obergrenze von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung unterschritten. Zugleich liegt die Neuverschuldung deutlich unter den erlaubten drei Prozent, längere Zeit wurden sogar Schulden reduziert.
Der Bund könnte den Schuldenabbau verlangsamen bzw. Schulden aufnehmen und diese Mittel international breit gestreut u.a. in Aktien und Immobilien anlegen. Würde er auf diese Weise 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung pro Jahr anlegen und wäre die Rendite der Anlage im Schnitt zwei Prozent höher als der Zinssatz, mit dem er sich refinanziert, könnte ein heute 14-Jähriger Deutscher beim Renteneintritt mit 67 Jahren 1.270 Euro jährlich ausgezahlt (preisbereinigt, mit der Kaufkraft des Jahres 2020, bei den Älteren von uns würde die Leistung geringer ausfallen).
Kreative Lösung, die auf viele Fragen eine Antwort gibt
Fuest und Werding entwickeln damit eine kreative Antwort auf die Herausforderungen von Niedrigzinsen und demographischem Wandel, die zunächst viele überraschen dürfte. Ist das denn nichts Anderes als eine kreditfinanzierte Spekulation?
"In großem Umfang neue Staatsschulden aufzunehmen und die Mittel am Kapitalmarkt zu investieren, erscheint schwer vereinbar mit der Einsicht, dass die Bürger am besten selbst für ihre Altersvorsorge sorgen sollten", räumt Fuest ein. "Aber aus ökonomischer Sicht ist es sinnvoll, eine allgemeine Pflicht zur Altersvorsorge vorzugeben, um zu verhindern, dass sich Einzelne auf sozialstaatliche Unterstützung im Alter verlassen."
Die Altersvorsorgepflicht würde der Staat dem Bürger abnehmen
Mit Altersvorsorgepflicht ist hier gemeint, dass Angestellte zusätzlich zu ihren Pflichtbeiträgen Vermögen aufbauen müssen, um ausreichend hohe Alterseinkünfte zu erhalten, dafür war ja eigentlich die Riesterrente gedacht.
Diese zusätzliche Altersvorsorge(pflicht) würde quasi – nach unserem Verständnis des Vorschlags – der Staat nun wieder für die Bürger übernehmen. Da die Vermögensbildung letztlich nach finanzieller Leistungsfähigkeit aus Steuermitteln erfolgt, die resultierende Rente aber quasi eine für alle einheitliche Grundrente wäre (die Menschen mit niedrigem Einkommen eine Absicherung bietet) ist das Konzept für Sozialpolitiker und Vertreter linker Parteien eine attraktive Lösung, die zugleich auch der deutschen Staatsgläubigkeit entgegen kommt: Der Staat würde wieder vollumfänglich für die Alterssicherung sorgen. Von der Umverteilungsseite erinnert das Modell an das bestehende Schweizer System.
Die Vorsorge würde deutlich rentabler erfolgen als bisher
Auch der Aversion vieler Deutscher gegen eine als riskant wahrgenommene, aber tatsächlich langfristig deutlich rentablere Anlage mit breiter Streuung und hohem Aktienanteil käme die Lösung entgegen. Der Staat würde sich bei den Bürgern mit vergleichsweise niedrigen, aber als sicher wahrgenommenen Zinsen verschulden und selbst eine deutlich höhere Rendite erzielen – zumindest mittel- und langfristig gesehen.
Was mir zudem an dem Vorschlag gefällt: Der Spielraum für Politiker, die Staatsverschuldung zu erhöhen, wird kleiner. Das Geld ist ja schon anderweitig verplant. Diesen Effekt kennt jeder, der eine Versicherung abgeschlossen hat: Das Geld wird abgebucht und man kommt dann mit dem, was noch auf dem Konto ist, schon zurecht.
Und natürlich gilt auch: Die Kostenbelastung eines solchen Fonds wäre, zumindest in der Anlagephase, deutlich geringer als bei anderen denkbaren Lösungen. Würde man bei einem Einkommen von 2.500 Euro 0,5 Prozent anlegen wollen, so wären das 12,50 Euro/Monat - die Anlage eines so kleinen Betrages wäre mit unverhältnismäßig hohen Transaktionskosten verbunden.
Berechtigte Einwände – befriedigende Antworten?
Freilich – könnte man einwenden – wäre der Wert eines solchen Fonds – auch durch die Kreditfinanzierung – stärkeren Schwankungen unterworfen. Der Staat müsste diese in einem gewissen Umfang an die Rentenbezieher weitergeben. Sonst müssten die (noch) Erwerbstätigen das Kapitalmarktrisiko für die Rentner übernehmen, was nicht gerecht wäre. Statt dessen müsste dieses Risiko wohl geteilt werden. Das Modell würde von der Anlage- und Leistungsseite eher einem (kapitalgedeckten) Versorgungswerk ähneln als dem Umlagesystem der Deutschen Rentenversicherung.
Nicht unbegründet sind angesichts staatlicher Kontrolle über den Fonds auch Bedenken, dass in Wahlzeiten die Regierenden versucht sein könnten, Mittel des Bürgerfonds zweckfremd einzusetzen. „Die Verwaltung des Deutschen Bürgerfonds sollte dem politischen Tagesgeschäft entzogen sein und beispielsweise durch die Bundesbank erfolgen“, erklärt Fuest zu diesem Thema.
Es stellt sich auch die Frage, wer von einem solchen Fonds profitiert. Wie würden zum Beispiel Zu- und Auswanderer behandelt? - Die Antwort der Forscher: Entscheidend ist, wie viele Jahre man im Alter zwischen 14 und 67 Jahren in Deutschland verbringt.
Was haltet ihr von dem Vorschlag?
Fazit: Ein interessanter Vorschlag, der Antworten auf viele ganz unterschiedliche Fragen und Anforderungen gibt. Was haltet ihr denn davon?
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