Der Ausschuss für Rechtspolitik der vbw (Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft) ist für mich (Andreas Lutz) eine Wissenstankstelle: In ebenso kompakter wie kompetenter Form werden vom Ausschussvorsitzenden, den Mitarbeitern der vbw und Experten von Universitäten und Forschungsinstituten die neuesten rechtlichen Entwicklungen und Urteile referiert, die Unternehmen und Selbstständige betreffen.
Vorab erhält man zu den wichtigsten Themen eine umfangreiche Präsentation, vor Ort oder auch im Nachgang kann man dann Fragen stellen, die auf den Punkt beantwortet werden.
Das so erworbene Wissen kann ich in Beiträgen hier auf der Website mit euch teilen und auch bei Gesprächen in Berlin einfließen lassen. Der Ausschuss hilft mir dabei, neue Themen schnell zu durchdringen und den Überblick darüber zu behalten, was wirklich wichtig ist.
Der Ausschuss trifft sich drei Mal pro Jahr für gut zwei Stunden. Beim anschließenden Mittagsbuffet kann man sich mit den Referenten undanderen Ausschussmitgliedern unterhalten, was ebenfalls bei der Bewertung der Themen hilft und immer wieder auch zu einem weitergehenden Austausch bzw. sogar zur Zusammenarbeit führt.
Zum Beispiel: Die Themen der letzten Ausschusssitzung
Bei der letzten Sitzung am Donnerstag letzter Woche (18. Juli) ging es schwerpunktmäßig um folgende Themen:
- Rechtliche Umsetzung des EuGH-Urteils zur Arbeitszeiterfassung (wonach nicht nur Überstunden, sondern auch die reguläre Arbeitszeit erfasst werden muss)
- Bewertung der Europawahl und des Programms der neuen Kommissionspräsidentin
- Verfassungsrechtliche Grenzen der Privilegierung tarifgebundener Arbeitgeber
Ihr seht schon: Nicht jedes Thema betrifft Solo-Selbstständige, viele Ausschussmitglieder in der vbw vertreten Unternehmen mit Arbeitgebern. Immer wieder geht es aber auch um Themen, die unmittelbare Auswirkungen auch auf Selbstständige ohne Mitarbeiter haben, z.B. um Scheinselbstständigkeit, die Auswirkungen der DSGVO und andere "Bürokratie-Monster".
Das "Stechuhr-Urteil"
Über das EuGH-Urteil habt ihr sicher bereits in den Medien gelesen. Für euch selbst gilt das Urteil natürlich nicht - als Selbstständige dürft ihr so viel arbeiten wie ihr wollt. Falls ihr Minijobber beschäftigt, müssen diese schon jetzt (und leider sehr umständlich) ihre Arbeitszeit erfassen.
Meine Meinung dazu: Diese Pflicht, die viele – nicht nur Arbeitgeber – als lästig und bürokratisch wahrnehmen, soll künftig für alle Arbeitnehmer gelten. Das Urteil stellt die bisher vielerorts und gerade auch bei kleinen Unternehmen geltende Vertrauensarbeitszeit in Frage.
Zu fürchten steht, dass man auch da, wo man sich bisher seine Zeit relativ frei einteilen konnte, Beginn und Ende aufschreiben muss und zwar innerhalb sehr kurzer Fristen. Dabei kann man überraschend leicht mit dem Arbeitszeitgesetz in Konflikt geraten. Der Arbeitgeber muss darauf achten, dass der Arbeitnehmer nicht "mogelt", sonst kann das negative Konsequenzen für ihn haben.
In Zeiten der Dienstleistungsgesellschaft, wo man auch mal auf dem Sofa über ein Problem nachdenkt und sich dazu eine Notiz macht oder am Badesee eine Frage per SMS beantwortet, ist das eine kleinteilige Angelegenheit.
Natürlich ist fraglich, ob kleine Unternehmen überhaupt je geprüft werden. Aber gerade dann handelt es sich um eine weitere völlig sinnlose Pflicht, die viel Zeit kostet und auf die zumindest bei wenigen Mitarbeitern Arbeitgeber und -nehmer verzichten können sollten, wenn sie sich darüber einig sind.
Detaillierte Bewertungen in Hinblick auf Solo-Selbstständige werden im Rechtsausschuss nicht vorgenommen, sie bleiben Mitgliedern wie mir vorbehalten. Im Ausschuss geht es um die Frage, was genau rechtlich geplant ist und welche Forderungen man an den Gesetzgeber stellen sollte, um das Recht mit der Lebenspraxis in Übereinklang zu halten.
Mein Fazit: Lasst euch nicht verrückt machen. Ihr braucht jetzt noch kein neues Zeiterfassungssystem anzuschaffen. Das Urteil greift nicht unmittelbar, sondern muss erst durch eine Gesetzesänderung in Deutschland umgesetzt werden. Den Gesetzugebungsprozess werden wir, auch mithilfe des Rechtsausschusses, weiter verfolgen, euch über konkrete Planungen informieren und uns auch direkt in den Prozess einbringen, wo uns dies nötig erscheint.
Selbstständige doppelt im Nachteil
Auf die Privilegierung tarifgebundener Arbeitgeber durch das Arbeitsministerium hatten wir bereits mehrfach hingewiesen, zuletzt als die gewerkschaftsnahe Böckler-Stiftung ein Gutachten vorlegte, in dem sie Steuervorteile für Gewerkschaftsmitglieder forderte – und zwar in drei- bis vierfacher Höhe des Gewerkschaftsbeitrags. Durch Maßnahmen wie diese möchte der DGB erreichen, dass wieder mehr Arbeitnehmer und -geber sich in Gewerkschaften bzw. Arbeitgeberverbänden organisieren – das ist die Voraussetzung dafür, dass sie auch künftig Lohnabschlüsse verhandeln können.
Meine Meinung dazu: Die Überlegungen der Gewerkschaften kann ich nachvollziehen und es ist wichtig, dass sie auch künftig Tarifverhandlungen führen können. Die Besserbehandlung einiger ist aber zugleich immer auch eine Schlechterbehandlung anderer.
Selbstständige sind hier gleich doppelt im Nachteil: Im Vergleich zu Angestellten hätten (Solo-)Selbstständige, die eine ähnliche Leistung erbringen, keinen Zugang zu diesen nicht unerheblichen Steuervorteilen.
Als Arbeitgeber mit wenigen Mitarbeitern lohnt sich für sie in der Regel die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband nicht. Die Beiträge sind zwar nach Umsatz gestaffelt, aber für kleine Arbeitgeber trotzdem unverhältnismäßig hoch. Allein schon der bürokratische Aufwand einer weiteren Mitgliedschaft – mit all den Mails und dem Papierkram, der damit einhergeht – dürfte jemand, der nur einen oder wenige Mitarbeiter hat, überfordern. Damit aber hätten die größeren Unternehmen einen weiteren Vorteil bei der Gewinnung von Fachkräften, neben ihrer größeren Bekanntheit und den höheren Löhnen, die sie meist bezahlen können.
Clemens Höpfner, Professor für Arbeits-, Sozial und Wirtschaftsrecht an der Universität Münster, war aus Gründen wie diesen von der vbw beauftragt worden, ein Gutachten zu den verfassungsmäßigen Grenzen der Privilegierung tarifgebundener Unternehmen zu verfassen. Er berichtete im Rechtsausschuss über seine Ergebnisse . Meine obigen Überlegungen konnte ich also direkt mit ihm diskutieren und so herausfinden, an welcher Stelle die geplanten Privilegien aus Sicht kleiner Selbstständiger verfassungsrechtlich problematisch und somit angreifbar sind.
In der Hälfte der vbw-Ausschüsse und -Arbeitskreise ist der VGSD präsent
Die vbw verfügt über 12 Fachausschüsse sowie eine Reihe von Arbeitskreisen. In sieben davon sind wir als VGSD mit aktiven Mitgliedern präsent:
- Arbeitsmarktpolitik
- Bildungspolitik
- Rechtspolitik
- Sozialpolitik
- Steuer- und Finanzpolitik
- Arbeitskreis IT-Sicherheit
- Arbeitskreis Social Media
Andere Ausschüsse haben wir bisher noch nicht besetzt. Bei Interesse könnt ihr euch gerne dafür bewerben. Voraussetzung ist, dass ihr Vereinsmitglieder seid und uns zum Beispiel durch euer Engagement bzw. Präsenz in einer Regionalgruppe oder an anderer Stelle bekannt seid. (Was nicht wird, kann ja noch werden...).
- Energie- und Klimapolitik
- Forschung, Technologie und Innovation
- Medienwirtschaft
- Mittelstandspolitik
- Mobilität
- Tourismus
- Umweltpolitik
Ihr könnt euch auch für einen der bereits besetzten Ausschüsse bewerben, euch dann ggf. als stellvertretendes Ausschussmitglied mit dessen Arbeit vertraut machen bzw. mit dem Ausschussmitglied Informationen teilen.
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