(Update vom 26.10.20) Am Dienstag letzter Woche haben wir überraschend einen Anruf des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) erhalten. Dr. Philipp Birkenmaier, der dort die Stabsstelle Mittelstandsstrategie leitet, lud VGSD-Vorstand Andreas Lutz für Donnerstag (22.10.20) zu einer Videokonferenz (Viko) von Wirtschaftsminister Altmaier mit rund 35 Verbänden ein.
Nicht nur sicherte Birkenmaier Andreas ein Vortragsslot in der Viko zu (vgl. Rednerliste unten), sondern machte ihm gegen Ende des Telefonats zusätzlich das Angebot, in der an die Verbandskonferenz anschließenden Pressekonferenz als einer von drei Verbandsvertretern "vor der Hauptstadtpresse" ein dreiminütiges Statement abzugeben. Natürlich nahm er dieses Angebot an!
Bitte anhören und teilen: Bei der Pressekonferenz mit Peter Altmaier spricht Andreas Lutz ab Minute 15:40
Andreas fordert in Pressekonferenz des BMWi Hilfe auch für Lebenshaltungskosten der Selbstständigen
Andreas forderte in der Pressekonferenz – wie zuvor schon in der Videokonferenz mit Altmaier und den anderen Verbänden – die Einführung eines fiktiven Unternehmerlohns, also der mindestens teilweisen Anerkennung von Lebenshaltungskosten, Krankenversicherung und privater Miete. Diese müsse unbedingt noch dieses Jahr im Rahmen der Überbrückungshilfe II eingeführt werden, zugleich müsse der Zugang zur Überbrückungshilfe deutlich vereinfacht werden (zum Manuskript).
Auch mehrere Vertreter anderer Verbände, unter deren Mitglieder viele Soloselbstständige und Kleinstunternehmer/innen sind, forderten in ihren Statements die Einführung eines solchen Unternehmerlohns.
Medienberichterstattung konzentriert sich auf Forderung nach Unternehmerlohn
Die Pressekonferenz und die Pressemitteilung (in der Andreas sich ebenfalls äußern durfte) führte in den vergangenen Tagen zu einer umfangreichen Berichterstattung in den Medien, wobei die Forderung nach dem Unternehmerlohn im Mittelpunkt stand. Hier einige Beispiele:
- Corona-Hilfen für Selbstständige: Altmaier arbeitet an "Unternehmerlohn" (n-tv)
- Altmaier will "Unternehmerlohn" für Freiberufler (Westdeutsche Zeitung)
- Corona-Hilfen für Selbstständige: Peter Altmaier fordert Einführung von "Unternehmerlohn" (RP Online)
- Unternehmer fordern mehr Corona-Hilfen: "Manche verbrennen jeden Monat einen Jahresgewinn" (Spiegel)
- Überbrückungshilfen sollen verlängert werden – Kommt der Corona-Unternehmerlohn? (Tagesspiegel)
Altmaier und sein Pressesprecher legten im Vorfeld Wert darauf, sich in den öffentlichen Äußerungen nicht zu sehr festzulegen, es war die Rede davon, dass man einen Unternehmerlohn prüfen bzw. diskutieren wolle.
In der Pressekonferenz wird Altmaier deutlich
Am deutlichsten wurde Altmaier, als er in der Pressekonferenz (ab Minute 6:00) sagte:
"Es hat sich gezeigt, dass wir an vier Stellen voran kommen müssen: (...) Zweitens, die Fortsetzung der Hilfen für die von Umsatzrückgängen besonders betroffenen Branchen. Das ist wichtig, damit Planungssicherheit entsteht. Ein entsprechender Beschluss ist auf meinen Vorschlag hin mit den Ministerpräsidenten der Länder bereits in der vorletzten Woche gefasst worden. Wir sind mit der Umsetzung beschäftigt.Und dabei ist dann drittens notwendig, dass wir die Hilfen erhöhen, verbessern und ausweiten in Bereichen, wo die Umsatzrückgänge besonders groß sind. Wir haben heute bei dieser Pressekonferenz Vertreter von drei Branchen eingeladen, wo zum Teil seit März 100 Prozent der Umsätze weggebrochen sind, zum Teil 90 oder 80 Prozent weggebrochen sind und dadurch für viele die Existenzfrage gestellt wird.
Wir bereiten uns deshalb darauf vor, dass wir über das Prinzip der Kostenerstattung der Fixkosten, also Mieten, Heizung, Elektrizität hinaus auch weitere Kosten erstatten, die ansonsten die Existenz der Unternehmen gefährden können. Da geht es um Abschreibungen, da geht es um Tilgungen, da geht es um Stornierungen."
Und dann ab Minute 7:00:
"Es geht auch um die Frage, wie man den Soloselbstständigen und Unternehmern, die ja ihre Mitarbeiter zwar in Kurzarbeit schicken können, aber selbst nicht von diesen Regelungen erfasst werden , wie man ihnen besser als bisher helfen kann, das ist das Stichwort Unternehmerlohn. Da müssen wir in der Koalition eine Einigung finden. Daran arbeiten wir und es hat dazu eine sehr offene, aber auch sehr konstruktive Aussprache heute gegeben."Warum die Verbände- und Pressekonferenz ein wichtiger Fortschritt ist, es aber auf die Durchsetzung ankommt
Man kann schon mit Fug und Recht von einer Kehrtwende sprechen, wenn das BMWi seine Haltung uns Soloselbstständigen gegenüber ändert von einem weitgehenden Ignorieren unserer Forderungen hin zu einem aktiven Einladen und es uns sogar eine Bühne für unsere Forderungen gibt. Auch wenn von "Prüfen" und "Diskutieren" gesprochen wird, so hat sich Bundesminister Altmaier sich mit diesem Schritt doch für seine Verhältnisse sehr deutlich hinter unsere Forderungen gestellt. Darüber freuen wir uns wirklich sehr. Es ist auch ein Zeichen dafür, dass sich Engagement und Beharrlichkeit lohnen, dass man mit bürgerschaftlichem Engagement politische Änderungen herbeiführen kann.
Das allein genügt jedoch nicht. Entscheidend für uns ist, dass es nun tatsächlich auch schnell zu einer Einführung des Unternehmerlohns kommt. Dazu muss sich Peter Altmaier gegenüber seinen Ministerkollegen Scholz und Heil durchsetzen. Die beiden SPD-Minister hatten entsprechende Anläufe für einen Unternehmerlohn nach übereinstimmenden Berichten in der Vergangenheit immer wieder zurückgewiesen.
Das Ergebnis von Altmaiers Initiative darf nicht sein, dass wir vorgeführt bekommen, dass die Regierung sich uneins ist und der kleinere Koalitionspartner den größeren ausgerechnet hier ausbremst. Dann wäre zwar die Schuld anders verteilt, aber den Betroffenen nicht geholfen. Aus diesem Grund werden wir die Initiative von Minister Altmaier für einen Unternehmerlohn nach Kräften unterstützen, wie Andreas am Ende seines Presse-Statements sagte.
Ablauf und Teilnehmer der Videokonferenz der Verbände mit Wirtschaftsminister Altmaier
Auch wenn das in solchen Runden Besprochene grundsätzlich vertraulich ist, wollen wir euch einen Einblick in den Ablauf und die Teilnehmer geben. Es handelt sich um die erste Videokonferenz des Wirtschaftsministers mit den Verbänden seit fast viereinhalb Monaten. Nach dem Ausbruch der Corona-Krise hatte es am 18. März ein physisches Treffen gegeben, an dem auch Andreas beteiligt war und dann zwei Videokonferenzen am 17. April und 12. Juni.
Die Videokonferenz begann kurz nach 12 Uhr am Donnerstag Minister Altmaier, hielt eine kurze Rede, anschließend sprachen die folgenden Verbandsvertreter:
- Prof. Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI)
- Dr. Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK)
- Alexander Gunkel, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)
- Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH)
- Reinhold von Eben-Worlée, Vorsitzender von Die Familienunternehmer
- Guido Zöllick, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA)
- Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV)
- Jörn Huber, Vorstandsvorsitzender des FAMAB Kommunikationsverbands sowie des Aktionsbündnisses #Alarmstufe Rot
- Prof. Jens Michow, Vorsitzender des Bundesverbands der Veranstaltungswirtschaft (bdv)
- Dr. Andreas Lutz für VGSD und BAGSV
- Prof. Wolfgang Ewer, Präsident des Bundesverbands der Freien Berufe
- Eckhard Schwarzer, Präsident von Der Mittelstandsverbund - ZGV
- Michael Frenzel, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft
- Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE)
- Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA)
- Prof. Susanne Keuchel, Präsidentin des Deutschen Kulturrats
Am Ende und auch schon kurz zwischendurch nahm Altmaier, wie bei solchen Runden üblich, zu den Forderungen seiner Vorredner Stellung. Altmaier verließ die Videokonferenz zusammen mit Jörn Huber und Andreas Lutz gegen 13:45 Uhr für die Pressekonferenz (siehe oben). Der parlamentarische Staatssekretär Thomas Bareiß führte parallel dazu die Viko mit den Verbänden fort, so dass noch zahlreiche weitere Verbandsvertreter zu Wort kamen.
Handelsblatt: "Union offen für Unternehmerlohn"
(Update vom 19.10.20) Äußerungen des BMWi zu einer Berücksichtigung des Unternehmerlohns bei der Überbrückungshilfe haben am Mittwoch letzter Woche die Hoffnung auf wirksamere Hilfen für Soloselbstständige ausgelöst.
Leider blieb Wirtschaftsminister Altmaier bisher eine Konkretisierung schuldig. Geplant war, das Thema in der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder zu besprechen. Dort diskutierte man dann allerdings viele Stunden über Beherbergungsverbote und andere Maßnahmen zum Gesundheitsschutz – offenbar aber nicht darüber, wie man die Folgekosten wieder verschärfter Kontakteinschränkungen fairer aufteilen kann. Im Protokoll der Sitzung ist auf jeden Fall nichts über solche Gespräche zu lesen.
Handelsblatt: Union offen für Unternehmerlohn – Schuldzuweisungen
In der Woche zuvor hatte das Handelsblatt in einem (inzwischen frei verfügbaren) Artikel darüber berichtet, dass die Union nun offen für die Zahlung eines Unternehmerlohns sei. Demnach habe der Sprecher der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, Carsten Linnemann, gesagt, wenn die Änderungen bei der Grundsicherung nicht schnell zu einem Erfolg führten, "müssen wir kurzfristig einen zusätzlichen Punkt im Programm für die Überbrückungshilfen aufnehmen". Dafür habe er ein Konzept in der Schublade. Dafür brauche es aber strenge Regeln, damit nur jene profitierten, "die wirklich unter Wasser sind".
Aus dem BMWi hieß es damals, die Berücksichtigung eines Unternehmerlohns sei mehrfach intensiv geprüft worden. "Nach Abstimmung mit den anderen relevanten Ressorts habe man jedoch entschieden" die bestehende Trennung beizubehalten. Finanz- und Arbeitsminister Scholz und Heil (beide SPD) lehnten es mindestens bis vorletzte Woche dahin strikt ab, die Überbrückungshilfen für Soloselbstständige auszuweiten. Dabei ginge es nicht um die Kosten, sondern "grundsätzliche Überlegungen". Man wolle neben Hartz IV kein weiteres Auffangsystem speziell für Soloselbstständige aufbauen. Stattdessen habe man die Grundsicherung großzügiger ausgestalten und auf eine Vermögensprüfung ganz verzichten wollen, was aber die Union, namentlich Jens Spahn, blockiert hätte.
Das Spiel mit gegenseitigen Schuldzuweisungen beherrschen beide Seiten in der Koalition gut. Messen werden wir sie daran, wann sie endlich wirksame Lösungen beschließen.
Funke Mediengruppe: „Fiktiver Unternehmerlohn könnte bald bundesweit gelten“
(Update vom 14.10.20) Wir erhalten gerade jede Menge Medienanfragen zu den Plänen Altmaiers. Um 12:15 Uhr wurde ich (Andreas Lutz) dazu ausführlich im Deutschlandfunk befragt. Auch die Radiosendung "Profit" auf WDR5 wird heute Abend ab 18:05 Uhr auf Basis eines Gesprächs mit mir über das Thema berichten.
(Beitrag vom 14.10.20) Die Funke Mediengruppe (u.a. WAZ) hat heute Morgen berichtet, dass Bundeswirtschaftsminister Altmaier weitere Corona-Hilfen plant und dabei die Auszahlung eines fiktiven Unternehmerlohns erwägt, also eines Betrags, der auch für Lebenshaltungskosten, Krankenversicherung und private Miete verwendet werden kann.
Diese und andere Ausgaben haben die Soloselbstständigen aus Ihren Honoraren gedeckt, die bei vielen aber aufgrund staatlicher Maßnahmen in der Corona-Krise weggebrochen sind, ganz besonders bei denen, die von Veranstaltungsverboten betroffen sind.
Wörtlich heißt es in der WAZ (hinter Paywall): "Fiktiver Unternehmerlohn könnte bald bundesweit gelten (...) Ihnen (den betroffenen Solo-Selbstständigen, die bisher kaum Anspruch auf Überbrückungshilfe haben) könnte mit einem sogenannten fiktiven Unternehmerlohn geholfen werden. Zwei Bundesländer haben einen solchen Lohn schon eingeführt."
Regelung nach Vorbild von Baden-Württemberg und NRW jetzt auf Bundesebene?
Gemeint sind hierbei Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, die die Sofort- und Überbrückungshilfen des Bundes mit 1.000 bzw. 1.180 Euro Euro pro Monat aufgestockt haben. Viele andere Bundesländern können sich eine solche Ausgabe nicht leisten.
Die Deutsche Presseagentur hat die Meldung der Funke-Mediengruppe vom Bundeswirtschaftsministerium bestätigen lassen und schreibt:
"Im Wirtschaftsministerium wird demnach zudem an weiter verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten, Tilgungszuschüsse und Elemente eines Unternehmerlohns gedacht – erstattet werden bisher fixe Betriebskosten wie Miete und Pachten".
Andere Medien wie Deutschlandfunk und Tagesschau wählten folgende Formulierung:
"Darüber hinaus sei ein so genannter Unternehmerlohn im Gespräch. Dieser sei für Freiberufler und Solo-Selbstständige vorgesehen, die anderweitig nicht förderberechtigt seien und damit Gefahr liefen, in die Grundsicherung zu fallen."
Altmaier hat Unternehmerlohn mehr als sieben Monate lang blockiert
Offenbar wird Wirtschaftsminister Altmaier diese sowie die unten beschriebenen weiteren Maßnahmen mit der Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten der Länder abstimmen, wenn sie heute im Kanzleramt zusammengekommen, um u.a. über eine Vereinheitlichung von Reisebeschränkungen innerhalb von Deutschland diskutieren.
Altmaier hat sich lange gegen einen Unternehmerlohn gesperrt, wie ihn nicht nur wir, sondern auch die Wirtschaftsminister der Bundesländer, die Opposition sowie führende Wirtschaftsforscher seit nunmehr sieben Monaten fordern. Er erlaubte statt dessen nur die Bezuschussung weiterlaufender Betriebskosten (die bei Soloselbstständigen kaum eine Rolle spielen) und brachte die Bundesländer zum Schweigen, indem er von ihnen forderte, sie sollten doch selbst einen Unternehmerlohn bezahlen, wenn ihnen das so wichtig sei.
Der Verweis auf die Bundesländern ist unverständlich, weil eine Vergabe durch die Bundesländern einem Mehr an Bürokratie und auch zur Ungleichbehandlung der Bürger in den verschiedenen Ländern führt. Ein weiteres Argument für eine bundesweite Durchführung ist, dass ja auch das (in mehreren Stufen erhöhte und verlängerte Kurzarbeitergeld) seit Herbst aus dem Bundeshaushalt bzw. dem Kreditrahmen des Bundes finanziert wird.
Lange hat sich Altmaier dagegen gesperrt, aber zuletzt ist der Druck durch die Medien immer größer geworden, woran der VGSD erheblichen Anteil hat.
Worauf es bei der Umsetzung ankommt
Beim VGSD begrüßen wir das Umdenken des Wirtschaftsminister und hoffen, dass es die Zustimmung auch der Ministerkollegen findet. Zuletzt war immer wieder zu hören, dass es Bundesfinanzminister Scholz ist, der wirkungsvolle Hilfe für Soloselbstständige blockiert.
Im nächsten Schritt kommt es dann auf die konkrete Ausgestaltung der Hilfen und auch des Antragsprozesses ab. Dass die Beantragung der Überbrückungshilfe nur über Steuerberater möglich ist, schließt viele Soloselbstständige, die "ihre Steuer selbst machen" aus und ist mit erheblichen Kosten für die Antragsteller verbunden. Dabei sollten viele Informationen dem Finanzamt ohnehin bekannt sein bzw. sind im Rahmen der Steuererklärung für die Jahre 2020/21 ohnehin zu erklären. Mindestens sollte der Kreis der Berechtigten auch auf Buchhalter ausgeweitet werden, um mehr Kapazitäten und auch Wettbewerb zu schaffen.
In Hinblick auf die Ausgestaltung der Hilfen kommt es darauf an, wie diese im Zusammenspiel mit anderen Hilfen, insbesondere auch der Grundsicherung wirken. Es darf sich nicht wiederholen, dass jede Hilfe jede andere ausschließt und am Ende gar keine fließt. Es muss berücksichtigt werden, dass Selbstständige einen gewissen finanziellen Spielraum benötigen, um Akquise betreiben und neue Erlösquellen entwickeln zu können (z.B. Investitionen, Ausgaben für Weiterbildungen, nötige Zertifikate etc.). Außerdem sind sie auf der Grundlage ihres bisherigen gesunden Geschäftsmodells auch höhere laufende Verpflichtungen eingegangen, etwa für die Altersvorsorge. Die Hilfen sollten nicht dazu führen, dass sie auf Hartz IV-Niveau "eingefroren" werden, sondern dass sie ihr Geschäft retten und fortführen können.
Großer Erfolg für VGSD
Nachdem letzte Woche bereits das Schonvermögen für Selbstständige, die Grundsicherung beantragen müssen, deutlich erhöht wurde, wäre die Anerkennung eines frei verwendbaren Unternehmerlohns auf Bundesebene ein weiterer wichtiger Fortschritt. VGSD-Vorstand Dr. Andreas Lutz: "Wenn es zu dem angekündigten Unternehmerlohn kommt, ist das ein großer Erfolg für den VGSD und alle unsere Mitglieder, die sich in überragender Weise dafür engagiert haben. Eine wichtige Rolle hat unsere Medienarbeit gespielt und die enge Zusammenarbeit mit unseren Partnerverbänden in der BAGSV, der MittelstandsAllianz und auch mit dem Bundesverband der Freien Berufe. Bitter ist, dass es mehr als sieben Monate gedauert hat, unsere Forderungen durchzusetzen. In dieser Zeit ist bei den Betroffenen viel Leid und Schaden entstanden. Wir müssen dafür sorgen, dass die Anliegen der Soloselbstständigen künftig schneller gehört und bei sie betreffenden Gesetzen von vorn herein mitbedacht werden. Das bleibt unser strategisches Ziel. Kurzfristig werden wir uns für eine sinnvolle Ausgestaltung der geplanten Änderungen einsetzen."
Was ist sonst noch geplant?
Bundeswirtschaftsminister Altmaier plant ein drittes Überbrückungshilfe-Paket, die auf Überbrückungshilfe I (Juni bis August) und die noch gar nicht beantragbare Überbrückungshilfe II (September bis Dezember) folgen soll. Mit den neuen Hilfen soll eine Förderung im Zeitraum Januar bis Juni 2020 ermöglicht werden.
Altmaier plant dabei verbesserte Abschreibungmöglichkeiten. Modernisierungen, die während der auftragsarmen Zeit durchgeführt werden, sollen höher bezuschusst werden, Kreditraten sollen ggf. im Rahmen der Überbrückungshilfe berücksichtigt werden.
Die Maßnahmen zielten vor allem auf das Hotel- und Gaststättengewerbe, die Veranstaltungsbranche sowie Messe- und Ausstellungswirtschaft. Laut Branchenverband Dehoga haben Hotels und Gaststätten in den sechs Monaten seit Eintreten des Pandemiefalles 56% ihrer Umsätze eingebüßt, mehr als 600 Messen wurden verschoben oder abgesagt.
Während von der Soforthilfe (50 Milliarden "im Schaufenster" für Ende März bis Mai bzw. für drei Monate ab Antragstellung) rund 15 Milliarden Euro ausgezahlt wurden (von denen aber wohl aufgrund des Ausschlusses des Unternehmerlohns wohl ein großer Teil zurückgezahlt werden muss), kam von der Überbrückungshilfe kaum etwas an. Von den hier ins Schaufenster gestellten 25 Milliarden Euro wurden bisher laut WAZ bisher nur 870 Mio. Euro ausbezahlt (3,5%), davon nur ein winziger Bruchteil für Soloselbstständige, der in etwa 0,1 Prozent (ein Tausendstel!) der in Aussicht gestellten Förderung entspricht. Zuletzt waren noch immer 40 Prozent der Anträge (ca. 40.000 Anträge) für den Zeitraum bis August nicht bearbeitet bzw. bewilligt, trotz der Vorarbeit durch die Steuerberater.
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