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Arbeitgeber fordern Altersvorsorgepflicht für Selbstständige

In einem gestern veröffentlichten rentenpolitischen Grundsatzpapier mit dem Titel "Nachhaltige Finanzierbarkeit und Leistungsfähigkeit unserer Alterssicherungssysteme sicherstellen" (PDF) positioniert sich der Bundesverband Deutscher Arbeitgeber (BDA) zur aktuellen Debatte um die Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung. Am Ende des fünfseitigen Papiers fordern die Arbeitgeber die Einführung einer Vorsorgepflicht für Selbstständige.

Arbeitgeber und Gewerkschaften einig?

Auch die Gewerkschaften fordern eine Versicherungspflicht für Selbstständige, allerdings in Form einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Für diese und andere Forderungen wollen die Gewerkschaften im August im Rahmen einer groß angelegten Kampagne werben.

Da Arbeitgeber und Gewerkschaften auf Fragen der Arbeitsmarkt- und Sozialversicherungspolitik großen Einfluss haben, kommt der Position der Arbeitgeber erhebliche Bedeutung zu. Bisher sind Selbstständige bei den Gesprächen der mächtigen „Sozialpartner“ nicht eingeladen. Es steht zu fürchten, dass über statt mit den betroffenen Selbstständigen verhandelt und das Ergebnis dann großen Einfluss auf die weiteren politischen Entscheidungen hat. Arbeitsministerin Nahles steht dabei den gewerkschaftlichen Positionen näher.

Wir werden die Veröffentlichung des Grundsatzpapiers zum Anlass nehmen, mit dem BDA Kontakt aufzunehmen und uns hier stärker als bisher zu vernetzen. Unabhängig davon ist unser Ziel, dass wir und andere Selbstständigenverbände künftig in Verhandlungen einbezogen werden, von deren Ergebnissen Soloselbststädige und Kleinstunternehmer betroffen sind. Hier machen wir auch erste Fortschritte.

Im Folgenden gehen wir aus Zeitgründen zunächst nur auf die Aussagen des BDA-Papiers zu Selbstständigen ein.

Was die Arbeitgeber genau fordern: Altersvorsorgepflicht unter Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit

"Alle Selbstständigen, die bislang nicht Mitglied eines obligatorischen Alterssicherungssystems sind, sollten zur Altersvorsorge verpflichtet werden, sofern sie im steuerlichen Sinne leistungsfähig und daher zur Altersvorsorge in der Lage sind. Eine Vorsorgepflicht für diese Selbstständigen wäre ein sinnvoller Beitrag zur Vorbeugung künftiger Altersarmut und ist insbesondere dringlicher als zusätzliche Vorsorge bei denjenigen zu erreichen, die ohnehin bereits in einem obligatorischen Alterssicherungssystem Mitglied sind."

Position des VGSD dazu: Der BDA fordert grundsätzlich eine Altersvorsorgepflicht wie sie schon unter Arbeitsministerin von der Leyen geplant war. Verkammerte Berufe mit eigener Versorgungskasse bleiben ebenso außen vor wie Beamte, Bundestagsabgeordnete etc.

Positiv sehen wir, dass der BDA auf die Leistungsfähigkeit der Betroffenen eingeht. Die Wendung „im steuerlichen Sinne leistungsfähig“ bezieht sich dabei auf das steuerfreie Existenzminimum.

Position des VGSD ist, dass Selbstständige mit überdurchschnittlichem Einkommen in der Regel bereits ausreichend vorsorgen und insofern eine Altersvorsorgepflicht für sie nicht zu einer besseren Altersvorsorge, sondern zu bürokratischen Nachweispflichten und zu einer Einschränkung der Wahlfreiheit führt. Immobilien würden z.B. voraussichtlich nicht als Altersvorsorge im Rahmen einer solchen Regelung anerkannt.

Das eigentliche Problem mangelnder Vorsorgefähigkeit besteht bei Selbstständigen mit unterdurchschnittlichem Einkommen. Eine zentrale Ursache dafür: Sie werden durch die hohen Mindestbeiträge bei den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen überproportional belastet. Die Absenkung der Mindestbeiträge und Gleichbehandlung mit Angestellten bei der Kranken- und Pflegeversicherung ist deshalb Grundvoraussetzung dafür, dass sich diese Selbstständigen eine Altersvorsorge aufbauen können. Ohne einen solchen Schritt macht die Einführung einer Altersvorsorgepflicht keinen Sinn, weil sie nur diejenigen zur Altersvorsorge verpflichtet, die das ganz überwiegend schon in vorbildlicher Form tun.

Freie Wahl der Altersvorsorge, keine zwangsweise Einbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung

"Wie Selbstständige ihrer Vorsorgeverpflichtung nachkommen, sollte ihnen grundsätzlich selbst überlassen bleiben. Abzulehnen ist insbesondere die zwangsweise Einbeziehung der Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung. Denn dadurch würden zusätzliche künftige Finanzierungslasten für die gesetzliche Rentenversicherung geschaffen, obwohl deren Finanzierungsbasis angesichts der demografischen Entwicklung absehbar schrumpfen wird. Zu befürchten ist zudem, dass die zusätzlichen Einnahmen durch neue Beitragszahler sofort wieder für Leistungsausweitungen verwendet würden, obwohl diesen Ansprüchen langfristig zusätzliche Leistungsansprüche entgegenstehen. Im Ergebnis würde damit die nachhaltige Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung sogar geschwächt."

Position des VGSD dazu: Sollte es zu einer Vorsorgeverpflicht kommen, so teilen wir die Position des BDA, dass die Selbstständigen hier größtmögliche Freiheit bei der Wahl des Anlageinstruments haben sollten, keinesfalls aber zwangsweise in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden sollten. Dies lehnen wir aus den auch vom BDA genannten Gründen entschieden ab, denn eine Versicherungspflicht der Selbstständigen ist die falsche Antwort auf das demographische Problem der Rentenversicherung und setzt Anreize, nötige Reformen weiter in die Zukunft zu verschieben oder das Geld sogar für Leistungsausweitungen zu nutzen, statt die Rentenversicherung zukunftssicher zu gestalten.

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