Wo Branko Trebsche kritisch hinblickt, wächst kein Gras mehr: Unser Mitglied kommentiert in seinen Glossen bissig, ironisch und provokativ aktuelle Ereignisse, die uns Selbstständige betreffen. Er vertritt seine eigene Meinung. Vor seinem Brennglas ist kein Politiker, keine Nachricht und keine neue Regelung sicher.
Brankos Themen in dieser Woche
Die Themen, auf die ich heute schaue sind:
- Auf EU-Ebene wurde im Frühjahr eine Beihilfeverordnung erlassen. Demnach darf Überbrückungshilfe nur in dem Umfang vergeben werden, in dem aufgrund der Corona-Pandemie ein bilanzieller Verlust entsteht. Die Antragsteller erhalten also nur Hilfe, wenn sie keinerlei Gewinn erzielen (aus Perspektive von Einzelunternehmern also keinen Lebensunterhalt verdienen).
- Im Grunde kennen Finanz- und Wirtschaftsministerium diese EU-Vorgabe seit Ende März, in den FAQ zur Überbrückungshilfe haben sie sie aber nicht reingeschrieben, sondern dort erst kurz vor Weihnachten klammheimlich ergänzen lassen. Viele Antragsteller könnten dadurch nun nachträglich leer ausgehen und statt die dringend benötigte und längst verplante Hilfe zu erhalten, sogar noch auf den Kosten des Steuerberaters sitzen bleiben. Über die Änderung laut sprechen wollten die Minister aber nicht!
- Seit 1. Januar gibt es den Anspruch auf Grundrente. Die kann zwar noch von keinem anspruchsberechtigten Rentner beantragt werden, das ist aber nicht weiter schlimm, die SPD hat die versprochene und in der Koalition vereinbarte Gegenfinanzierung schließlich auch noch nicht sichergestellt.
- Der Arbeitsminister möchte unbedingt noch vor der Bundestagswahl seinen Gesetzentwurf für eine Altersvorsorgepflicht durch den Bundestag bringen. Oder hält er ihn für ein gutes Wahlkampfthema?
Der Minister tanzt das Wort "Altersvorsorgepflicht"
Wie unglaublich Politik manchmal sein kann, durften wir bereits erfahren. Auch dieses Mal wurde mir Merkwürdiges aus dem Finanzministerium berichtet. Folgendes soll sich zugetragen haben:
Olaf S. und Hubertus H. treffen sich im Büro des Finanzministers. Olaf S. sitzt am Schreibtisch, während Hubertus H. das Wort Altersvorsorgepflicht tanzt.
Hubertus brüllt verärgert: "Boah Mann ey, immer das Scheiß G! Nie klappt das richtig!"
Olaf S. reagiert: "Reg‘ dich nicht auf. Üb‘ einfach weiter! Du schaffst das! Bis zum Wahlkampf hast du das drauf!" Es herrscht ein kurzer Moment der Stille. Dann gibt es einen dumpfen Schlag. Hubertus H. hat das Gleichgewicht verloren und liegt auf dem Rücken. "Wieder das G?", fragt Olaf S..
"Nee, das V. Ist auch schwierig!"
"Das ist aber auch wieder viel Post." Olaf S. schaut sich einen Briefumschlag nach dem anderen an, ohne einen davon zu öffnen. Dann strahlt er plötzlich: "Tanz‘ noch mal das V. Hier ist Post von der ollen Vestagerin aus der EU Kommission." Wieder tut es einen dumpfen Schlag.
Olaf S. lässt sich nicht davon irritieren und reißt den Brief auf. Wie ein kleiner Junge, der gerade sein Weihnachtsgeschenk erwartungsfroh auspackt, zerfetzt er den Umschlag in kleine Stücke. Die Fetzen fliegen wie Konfetti durch die Luft. Dann beginnt er zu lesen und murmelt währenddessen einzelne Worte vor sich hin:
"Sehr geehrte… bla bla bla... wenn Verlust erwirtschaftet wurde… fiktiver Unternehmerlohn… 70 Prozent... Deckungsbeitrag, was’n das?... Ergebnisrechnung… bla bla… zurückzuzahlen", währenddessen wirkt der Gesichtsausdruck von Olaf S. immer zufriedener, dann lässt er sich in die Rückenlehne seinen Stuhls fallen und schaut glücklich mit feucht leuchtenden Augen an die Decke.
"Versager? Wer ist denn das? Ich kenn‘ die gar nicht", sagt Hubertus H.
"Vestager, heißt die mit richtigem Namen. Die will einfach nicht, wie ich will", antwortet Olaf S..
"Ach so!"
Weniger Hilfe als geplant auszahlen
"Wegen der müssen wir schon wieder die Regeln der Corona-Hilfsprogramme ändern. Das wird dich freuen, Hubertus, wir müssen an Unternehmer und Unternehmen noch weniger auszahlen als geplant!"
"Dann haben wir damit das Geld für die Grundrente besorgt?"
"Ja, sieht so aus." Olaf S. beugt sich nach vorne und wischt mit einer Handbewegung die vielen Briefe vom Tisch. Zum Vorschein kommt eine Gegensprechanlage. Er räuspert sich kurz und drückt auf einen Knopf. Er beugt sich noch weiter vor und spricht: "Qualifiziertes Personal zum Diktat, bitte!"
Es herrscht einige Minuten lang fast absolute Stille. Unterbrochen wird die Stille nur, wenn das V oder das G dran ist. Plötzlich öffnet sich die Tür. Als erstes sind ein Bauch, eine Lippe und dann eine Brille zu sehen. Olaf S. und Hubertus H. erschrecken zuerst als die mächtige Gestalt mit viel Energie den Raum betritt.
Olaf S. guckt verdutzt: "Woher wusstest du…?"
"Ich? Ich wusste gar nichts, Vizekanzler. Du hast nach deinem besten Mann geschickt", antwortet die mächtige Gestalt.
Hubertus begrüßt seinen Kollegen Peter A. per Handschlag. "Wie ich sehe - wie immer gut vorbereitet, Stift und Block hast du dabei!"
"Gut, dass du da bist Peter. Es gibt wieder notwendige Änderungen an der Überbrückungshilfe."
"Da muss ich auf Schärfste protestieren!" Peter A. nimmt eine stramme Körperhaltung ein und holt Luft, als wollte er stimmgewaltig weiter poltern.
"Zur Kenntnis genommen, Peter! In der offiziellen Kommunikation müssen wir nur sagen: die EU ist schuld", reagiert Olaf S. schnell. Peter A. holt nochmal Luft. Olaf S. guckt streng: "Ich bin der Vizekanzler. Ich sage hier, was gemacht wird. Und jetzt schreib‘: 4.16…!"
Was ist denn fiktiver Unternehmerlohn?
Es wird eine Weile diktiert und Peter A. schreibt fleißig mit. Nach einer Weile will er wissen: "Was ist denn fiktiver Unternehmerlohn? Wer hat sich das denn ausgedacht?"
"Wie konnte der Wirtschaftsminister werden?", beschwert sich Hubertus H.. "Das ist das Geld, dass Unternehmer für ihren Lebensunterhalt nicht abrechnen können - ist ja fiktiv. Das gibt’s ja gar nicht, verstehst du?" Peter A. guckt irritiert. Olaf S. nickt zustimmend.
"Aber dann wird ja wieder niemandem geholfen", empört Peter A. und schaut frustriert.
"Ja, eben!", sagt Olaf S. "Du stellst das Geld ins Schaufenster. Hubertus und ich sorgen mit unseren genialen Ideen dafür, dass keiner das Geld anfasst."
"Und ich überlege mir noch, wie wir den fiktiven Unternehmerlohn bei der Berechnung des Rentenversicherungsbeitrages einbeziehen können." Hubertus H. fängt wieder an zu tanzen. Schnell gibt es wieder einen lauten dumpfen Schlag. Es ist ein Stöhnen zu hören.
"Scheiß‘ fiktiver Unternehmerlohn!", wimmert Hubertus H. mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht.
"Wieso denn das plötzlich?", will Peter A. wissen.
"Ist ein V. drin!"
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