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Corona-Krise Diese Maßnahmen plant die Bundesregierung für Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen

Hinweis: Am 21.03.20 hat VGSD-Vorstand Andreas Lutz im Deutschlandfunk mit Politikern und einer Gewerkschafterin über die die Maßnahmen diskutiert. Unbedingt anhören: Mitschnitt/Bericht.

Am Mittwoch waren die geplanten Hilfen Thema eines extrem kurzfristig anberaumten Treffens mit den Ministern Heil und Altmaier in Berlin.

Die besonders schwierige Situation von Solo-Selbstständigen und kleinen Unternehmen angesichts der Corona-Krise ist offensichtlich und wird in den Medien breit diskutiert.

Am Mittwoch waren die geplanten Hilfen Thema eines extrem kurzfristig anberaumten Treffens unter anderem mit den Ministern Heil und Altmaier in Berlin. Bundesfinanzminister Scholz wurde durch einen Staatssekretär vertreten. Für den VGSD war Andreas Lutz dabei, der zugleich Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) ist.

Weitere Teilnehmer waren die Chefs großer Verbände (DIHK, ZDH, DEHOGA, BFB, Deutscher Kulturrat, ver.di) sowie drei Vertreter kleinerer Selbstständigenverbände und -initiativen (OWUS, LivemusikKommission, Initiative der Veranstaltungswirtschaft). Reihum wurde die teils verzweifelte Situation dargestellt und Lösungsvorschläge formuliert. Dann nahmen die beiden Minister und der Staatssekretär Stellung. Anschließende Rückfragen waren nicht möglich.

Bundesregierung will 40 Milliarden Euro bereitstellen

Am Donnerstag wurden dann erste Details des geplanten "Solidaritätsfonds" bekannt. (Weitere Details, die am heutigen Freitag bekannt wurden, ergänzen wir unten.) Spiegel und dpa berichteten gestern übereinstimmend, dass die Bundesregierung 40 Milliarden Euro bereitstellen will:

  • Zielgruppe des Programms seien Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmer mit bis zu zehn Beschäftigten, was exakt der Zielgruppe des VGSD entspricht.
  • Zehn Milliarden Euro sollen als direkte, nicht rückzahlbare Zuschüsse vergeben werden.
  • 30 Milliarden Euro soll es als Darlehen geben. Diese Darlehen scheinen sich von ihrer Ausgestaltung her zu unterscheiden von den schon letzte Woche angekündigten Liquiditätshilfen, also über KfW und Hausbank vergebenen Krediten ("Liquiditätshilfen") im Umfang von angeblich bis zu 500 Milliarden Euro ("Bazooka").

    Letztere dürfte vielen Solo-Selbstständigen nicht weiterhelfen, weil sie mangels ausreichender Sicherheiten schon bisher oft keine solchen KfW-Kredite erhalten haben und ihre "Fortführungsperspektive" durch die Corona-Krise nicht unbedingt besser wurde. Die Hausbanken müssen auch weiterhin 20 Prozent des Risikos eines Kreditausfalls tragen.

    Deshalb hoffen wir, dass die 30 Milliarden zusätzliches Darlehensvolumen (vergleiche oben) deutlich unbürokratischer vergeben werden, etwa nach dem Vorbild des Bafög, also zinsfrei, mit verzögerter Rückzahlung und nur in Abhängigkeit von einem ausreichenden Verdienst. Ob sich diese Hoffnung bestätigt, ist noch unklar.

  • An Betrag und Zusammensetzung könne sich im Verlaufe des Donnerstags noch etwas ändern (bisher haben wir von keinen Änderungen gehört, wir hätten uns z.B. erhofft, dass der Anteil der Zuschüsse erhöht wird).
  • Die Mittel sollen möglichst schnell ausgezahlt werden, erst im Nachgang soll geprüft werden, ob sie überhaupt nötig waren. Ansonsten sollen sie in Darlehen umgewandelt und zurückgefordert werden.
  • Die Mittel sollen als Sondervermögen des Bundes organisiert werden, der selbstständig Kredite aufnehmen darf und den Titel "Solidaritätsfonds" erhalten soll. Dieser sei laut Spiegel "programmatisch" gemeint – wir sollten dafür also dankbar sein...
  • Für die Maßnahmen soll nächste Woche ein Nachtragshaushalt verabschiedet werden, denn nach Jahren der "schwarzen Null" hat der Bund gar keine Kreditermächtigung mehr, diese muss ihm der Bundestag erst bewilligen.

"Üppig ausgestattet" schreibt der Spiegel - aber wer bekommt das Geld?

"Üppig ausgestattet" sei das Paket laut Spiegel. In Deutschland arbeiteten laut dem Nachrichtenmagazin fünf Millionen Selbstständige. Betroffen seien vor allem "Anbieter sozialen Konsums wie Kleinkünstler oder Musiker". Tatsächlich gibt es in Deutschland rund 2,1 Millionen Solo-Selbstständige und 750.000 Kleinstunternehmen, zusammen also knapp drei Millionen. Nimmt man die größeren Arbeitgeber mit mehr als zehn Mitarbeitern hinzu, sind es gut vier Millionen Selbstständige. Würden alle drei Millionen Solo- und Kleinstselbstständigen auf die geplanten zehn Milliarden Zuschuss zugreifen, würde jedes Unternehmen rund 3.300 Euro erhalten. Wäre es nur jedes Dritte, wären es immerhin 10.000 Euro.

Für die Darlehenskomponente wären analog 10.000 Euro für jeden der drei Millionen Solo-Selbstständige kalkuliert, bei Inanspruchnahme durch jeden Dritten 30.000 Euro. Der Bedarf ist sicher sehr unterschiedlich: Bei einem Unternehmen mit Laden, Praxis oder eigenem Büro, vielleicht noch mehreren Mitarbeitern wären 3.333 bzw. 10.000 Euro nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Für einen Einzelkämpfer ohne eigenes Büro und geringen laufenden Betriebskosten wäre es ein Batzen – allerdings auch viel Geld, wenn er es zurückzahlen muss. Deshalb werden die Betroffenen wohl ganz unterschiedlich viel finanzielle Unterstützung erhalten. Einen großen Unterschied macht auch, ob sie den verlorenen Umsatz später "nachholen" können oder die Umsätze unwiederbringlich verloren sind.

Olaf Scholz nennt weitere Details und spricht von vier Säulen

Bundesminister der Finanzen und Vizekanzler Olaf Scholz spricht von vier Säulen;

Heute Nachmittag hat Bundesfinanzminister Scholz in einem Interview mit dem Deutschlandfunk die geplanten Programme konkretisiert (auf der Seite des DLF kann man mit dem Link rechts oben das Interview anhören).

Einiges passt dabei nicht ganz zusammen, es bleibt abzuwarten, ob man die Vorstellungen gegenüber dem Vortag noch verändert hat. Scholz spricht von vier Säulen.

  1. Die erste Säule sei "ein großes Kreditprogramm", das neben mittelständischen Unternehmen auch kleinen Unternehmen und Einzelunternehmen zur Verfügung stehe und bei denen die KfW einen "großen Teil der Kreditsicherheiten" gebe. Dieses Programm sei schon scharf geschaltet und würde durch die jetzige Maßnahme noch ausgeweitet. Es scheint sich hier um die "Bazooka" zu handeln, die Solo-Selbstständigen kaum helfen wird, es sei denn, die KfW übernähme einen höheren Teil des Risikos und es fände nur eine sehr eingeschränkte Kreditprüfung statt. Mehr ist dazu leider noch nicht bekannt. Vielleicht werden wir ja noch positiv überrascht.
  2. Zweite Säule sei die durch die Jobcenter bzw. Arbeitsagenturen vergebene Grundsicherung ("Hartz IV"), die ja auch für Selbstständige offen wäre, nun aber "ganz schnell und unbürokratisch" ausgezahlt würde. Auf die normalerweise stattfindendende Vermögensprüfung soll "für ein paar Monate" verzichtet werden. Ein Antrag mit Angabe der privaten Mietkosten und der Zahl der Familienangehörigen genüge, dann käme es schnell zu einer Auszahlung.
  3. Zur Weiterzahlung seiner "Miete ... im Geschäft zum Beispiel" würde man vom Staat einen Zuschuss erhalten. – Das ist die dritte Säule.
  4. Die vierte Säule schließlich sei die "Direktförderung". Hier diskutiere man am Freitag noch mit den Ländern über die Details. Viele Länder haben ja bereits eigene Programme entwickelt. Möglicherweise wird die Abwicklung über die Förderbanken der Länder erfolgen, um die Zahl der Stellen zu reduzieren, an die Betroffene sich wenden müssen.

Dann würde der Weg auch hier über die Hausbank führen. Scholz: "Meine Idealvorstellung ist, dass die Bank, bei der man sowieso wegen des Kredits nachfragt, diese Beziehung auch aufnimmt, so dass man da gar nicht selber hin muss, und das praktisch als Zuschuss gleich mit einrechnet in die Kreditvergabe." Ob ein Selbstständiger mit überzogenem Dispo und ohne Aufträge sich zur Hausbank traut, die ihm dann bei der Gelegenheit womöglich den Dispo sperrt? Diese und viele andere Fragen bleiben noch offen. Wir gehen davon aus, dass wir am Montag genaueres erfahren.

Unser Zwischenfazit nach heutigem Stand

Ein Treffen in Berlin – 40 Milliarden Hilfe. Das ist sehr viel Geld. Und ein Gesprächspartner in Berlin meinte auch: "Vor vier Jahren hätte es ein solches Treffen nicht gegeben. Sie haben in dieser Zeit viel erreicht."

Klar ist aber auch: Die Angestellten fahren mit dem Kurzarbeitergeld, das womöglich noch vom Arbeitgeber aufgestockt wird, vergleichsweise komfortabel (Arbeitnehmer bzw. Betriebsrat müssen bei Kurzarbeitergeld zustimmen). Vielen Selbstständigen drohen Schulden, im schlimmsten Fall die Insolvenz, die bei Einzelunternehmern auch dazu führen kann, dass die Altersvorsorge "weg" ist, denn sie haften privat in vollem Umfang.

Wir werden diesen Artikel noch laufend ergänzen, wenn neue Informationen bekannt werden. Wir wollten ihn aber schon jetzt als "Work in Progress" veröffentlichen und euch um eure Kommentare dazu bitten.

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