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Lesetipp Erfreulicher Gesetzentwurf Kleinunternehmer müssen doch keine E-Rechnungen ausstellen, Umsatzgrenzen steigen

Für Kleinunternehmer soll es im kommenden Jahr Erleichterungen geben: Die Umsatzgrenzen steigen. Und, noch besser: Sie sollen von der Pflicht befreit werden, E-Rechnungen auszustellen. Wie attraktiv ist die Regelung also für Unternehmer mit geringem Umsatz?

Gute Nachrichten für Kleinunternehmer: Sie werden von der Verpflichtung, E-Rechnungen auszustellen, ausgenommen

Der allerletzte Schritt fehlt noch: Am 22. November findet die Bundesratssitzung statt, in der die Drucksache 529/24 beschlossen werden soll, das Jahressteuergesetz 2024. Zweifel am Beschluss scheinen trotz der gegenwärtigen Wirren der Ampel-Auflösung nicht angebracht: Das Gesetz hat bereits mehrere Schleifen gedreht, der Bundesrat hat seine Stellungnahme im Oktober abgegeben, der Bundestag hat das Gesetz beschlossen. Der VGSD hat sich im Verbund mit aktiven Mitgliedern und befreundete Verbänden schon an anderer Stelle zu dem Gesetz eingebracht und einen Erfolg erzielt. Es wurde eine Verbesserung bei der Umsatzsteuerfreiheit im Bildungswesen erreicht.

Nun also die Kleinunternehmer, also Unternehmen, die geringe Umsätze haben und bürokratische und steuerliche Erleichterungen in Anspruch nehmen können. (Anmerkung: Im Hinblick auf die im Gesetz als legaler Terminus ausschließlich verwendete männliche Form verwenden auch wir in diesem Text die männliche Form.) Der Gesetzentwurf enthält einen neuen § 34a, um den die Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung ergänzt werden soll. Darin heißt der entscheidende Satz: "Eine Rechnung nach Satz 1 kann abweichend von § 14 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes [Anm.: gemeint ist das Umsatzsteuergesetz, UstG] immer als sonstige Rechnung im Sinne von § 14 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes übermittelt werden." Eine "sonstige Rechnung" ist eine, die nicht den Anforderungen an eine E-Rechnung genügt.

Empfangen ja, Ausstellen nicht nötig

Es wird also nun doch die Ausnahme geschaffen, dass Kleinunternehmer keine E-Rechnungen ausstellen müssen. Es bleibt allerdings dabei, dass sie ab 1. Januar 2025 E-Rechnungen annehmen müssen. Und auch von den Grundsätzen der GoBD werden sie nicht befreit, müssen also elektronisch erhaltene Rechnungen auch elektronisch unveränderbar archivieren. Bei denjenigen, die ihre Betriebsausgaben pauschal angeben, könnte dieser Aspekt jedoch in den Hintergrund treten. Die Nachricht, dass sie keine E-Rechnungen schreiben müssen, dürfte für viele Unternehmer mit kleinem Umsatz eine gute Nachricht sein und den einen oder anderen vielleicht sogar bewegen, bei entsprechendem Umsatz zum Kleinunternehmer zu konvertieren.

Und das Gesetz bringt noch mehr Erfreuliches für Kleinunternehmer. Über den Wegfall der Umsatzsteuererklärung hatten wir schon berichtet. Eine weitere Verbesserung zum Jahreswechsel bringt die Anhebung der Umsatzgrenzen des § 19 UStG. Bis zum Jahresende 2024 gilt noch: Kleinunternehmer ist, wer

  • im vergangenen Kalenderjahr nicht mehr als 22.000 Euro Umsatz hatte UND
  • im aktuellen Kalenderjahr nicht mehr als 50.000 Euro Umsatz erwartet.

Ab 2025 liegen die Grenzen höher. Kleinunternehmer ist dann, wer:

  • im vergangenen Kalenderjahr nicht mehr als 25.000 Euro Umsatz hatte UND
  • im aktuellen Kalenderjahr nicht mehr als 100.000 Umsatz hat.

Keine Prognose mehr, tatsächlicher Umsatz zählt

Wer gerade erst gründet, muss seinen Umsatz im Gründungsjahr auf zwölf Monate hochrechnen. Heißt: Gründest du im März und erwartest für das restliche Jahr 21.000 Euro Umsatz, fällst du nicht unter die Kleinunternehmerregelung. Aufs ganze Jahr gerechnet beträgt der Umsatz dann nämlich 25.200 Euro (= 21.000 Euro / 10 Monate x 12 Monate). Damit liegst du sowohl nach bisheriger als auch nach künftiger Regelung über dem Grenzwert. Anders sieht es aus, wenn du nach gewissenhafter Schätzung davon ausgegangen bist, ab März nur 1.500 Euro im Monat einzunehmen. Dann hätte der Umsatz hochgerechnet 18.000 Euro betragen. Du warst also berechtigt, die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen. Daran ändert sich auch im Nachhinein nichts, wenn du nachweisen kannst, dass der höhere Umsatz überraschend kam. Für das folgende Jahr wirst du umsatzsteuerpflichtig, egal, wieviel Umsatz du erwartest.

Wenn du im vergangenen Kalenderjahr unter dem Grenzwert geblieben bist, darf der Umsatz im folgenden Jahr in Zukunft nicht mehr als 100.000 Euro betragen. Dies ist eine enorme Erleichterung. Denn nun müsste der Umsatz sich nicht nur etwas mehr als verdoppeln, sondern gleich vervierfachen. Die Gefahr, unvorhergesehen ins Regelunternehmertum zu rutschen, sinkt damit. Im Unterschied zur bisherigen Regelung kommt es allerdings nicht mehr auf deine Prognose des Umsatzes an, sondern auf den tatsächlichen Umsatz. Werden die 100.000 Euro im Laufe des Jahres überschritten, bleiben die bisherigen Umsätze steuerfrei, die weiteren sind umsatzsteuerpflichtig. Es findet also ein unterjähriger Wechsel statt – das gab es bisher nicht. Wenn du merkst, dass du in die Nähe der Grenze kommst, musst du also deinen Gesamtumsatz genau überwachen.

Umsätze werden tatsächlich umsatzsteuerfrei

Der § 19 UstG wird noch in einem weiteren Punkt grundsätzlich geändert, der auf den ersten Blick kaum auffällt. Bisher waren die Umsätze der Kleinunternehmer umsatzsteuerpflichtig, die Finanzverwaltung verzichtete nur darauf, die Umsatzsteuer zu erheben. Künftig sind die Umsätze umsatzsteuerfrei. Das bedeutet, dass die Umsatzgrenzen anhand der Nettobeträge berechnet werden statt wie früher anhand der Bruttobeträge. Nach alter Berechnung hat sich die Grenze damit sogar auf 29.750 Euro (bei einem Umsatzsteuersatz von 19 Prozent) beziehungsweise 119.000 Euro erhöht.

Mit der Neuregelung wird die Kleinunternehmerregelung auch internationalisiert. Kleinunternehmer sollen überall in der EU die gleichen Rechte haben. Kleinunternehmer aus anderen EU-Staaten können die deutsche Kleinunternehmerregelung nutzen. Du kannst als deutscher Kleinunternehmer in anderen EU-Ländern die dortige Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. § 19a UStG regelt ein "Besonderes Meldeverfahren für die Anwendung der Steuerbefreiung in einem anderen Mitgliedstaat" – ohne ein gewisses Maß an Bürokratie geht es nicht.

Entscheidung beim Ausfüllen des Fragebogens

Die Kleinunternehmerregelung musst du grundsätzlich nicht beantragen, sie gilt kraft Gesetzes. Allerdings musst du bei der Gründung den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung des Umsatzes ausfüllen. Diesen kannst du über ELSTER ausfüllen und ans Finanzamt übermitteln. Dort musst du den Umsatz im Gründungs- und im Folgejahr schätzen und ankreuzen, ob du die Regelung in Anspruch nehmen willst.

Eines ist klar: Eine Wahl hast du nur, wenn deine Einnahmen unter der Grenze liegen. Liegst du über der Grenze, MUSST du Umsatzsteuer ausweisen. Liegst du unterhalb, kannst das Kleinunternehmer-Privileg in Anspruch nehmen ODER Umsatzsteuer ausweisen.

Was von beidem ist für dich vorteilhaft?

Was für die Kleinunternehmerregelung spricht:

  • Du musst keine Umsatzsteuer auf deinen Rechnungen ausweisen und keine eingenommene Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Deine Abläufe vereinfachen sich also erheblich.
  • Du musst keine monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben (ansonsten ist das in den ersten beiden Jahren nach der Gründung Pflicht) und auch keine jährliche Umsatzsteuererklärung.
  • Du musst keine Überlegungen anstellen, ob deine Dienstleistung mit 7 oder 19 Prozent Umsatzsteuer zu versteuern oder vielleicht umsatzsteuerbefreit ist.
  • Du kannst Privatkunden (oder anderen von der Umsatzsteuer befreiten Unternehmen und Organisationen) deine Leistungen ohne Umsatzsteuer anbieten und hast damit möglicherweise einen Preisvorteil gegenüber der Konkurrenz.
  • Du hast weniger Verwaltungsaufwand.

Die Kleinunternehmerregelung ist nicht nur für Gründer/innen und Teilzeitselbstständige interessant. Als Einzelunternehmer/in kann man sie zwar nur nutzen, wenn man unter den Umsatzgrenzen liegt. Anders verhält es sich, wenn man noch eine weitere Firma in anderer Rechtsform hat, zum Beispiel eine GbR zusammen mit einem Geschäftspartner oder eine GmbH. Liegt deren Umsatz unter der Betragsgrenze, kann man auch dort, gegebenenfalls also auch mehrfach von der Kleinunternehmerregelung profitieren.

Es kann jedoch auch sein, dass es für dich vorteilhaft ist, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten, obwohl du sie in Anspruch nehmen könntest.

Was gegen die Kleinunternehmerregelung spricht:

  • Du bist als Kleinunternehmer selbst nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Das bedeutet, dass du auf deine Betriebsausgaben die volle Umsatzsteuer zahlst und sie nicht zurückerstattet erhältst. Das ist vor allem dann von Nachteil, wenn du hohe Betriebsausgaben hast – häufig also gerade in der Gründungsphase, wenn die Einnahmen noch gering sind.
  • Durch den Hinweis auf die Kleinunternehmerregelung auf der Rechnung gibst du dich als "klein" zu erkennen – das kann im Vergleich zu Größeren weniger professionell wirken.
  • Einmal in Anspruch genommen, können die Umsatzgrenzen der Kleinunternehmerregelung auch als psychische Barriere wirken: Vielleicht bremsen sie dich im Wachstum, wenn du die Grenze lieber nicht überschreiten möchtest.
  • Es besteht die Gefahr, dass du durch Überschreiten der Betragsgrenzen umsatzsteuerpflichtig wirst und dies am Jahreswechsel übersiehst – dann musst du nachträglich für bereits gestellte Rechnungen Umsatzsteuer abführen. Das ist mühsam, wenn die Kunden Unternehmen waren und du ihnen nachträglich korrigierte Rechnungen schicken musst. Allerdings werden sie die Umsatzsteuer in der Regel klaglos zahlen, da sie vorsteuerabzugsberechtigt sind und sich den zusätzlichen Betrag vom Finanzamt zurückholen können. Bei Privatkunden wirst du die Umsatzsteuer dagegen selbst tragen müssen.
  • Wenn du umsatzsteuerpflichtig wirst, musst du deine Preiskalkulation und Buchhaltung umstellen.

Wechsel mit formlosem Schreiben ans Finanzamt

Wenn du dich einmal gegen die Kleinunternehmerregelung entschieden hast, obwohl du dazu berechtigt wärest, sie in Anspruch zu nehmen, bindet dich das für fünf Jahre. Ein ständiges Hin-und-her-Wechseln je nachdem, was gerade für dich vorteilhafter ist, ist nicht möglich. Nach den fünf Jahren ist der Wechsel jedoch ganz einfach: Du kannst dem Finanzamt einfach eine formlose E-Mail oder einen Brief schicken – beispielsweise etwa mit folgendem Text:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

da ich nur noch in geringem Umfang (ich erwarte einen Umsatz von X Euro und einen Überschuss von Y Euro pro Jahr) selbstständig tätig bin, beantrage ich hiermit zum 1.1.20.. den Wechsel zur Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG. Ich bitte um Bestätigung und werde dann ab diesem Stichtag keine Umsatzsteuer mehr in Rechnung stellen unter entsprechendem Verweis. Vielen Dank für Ihre Mühe!"

Wie ist es bei dir?

Wie sind deine Erfahrungen? Hast du auch schon einmal die Kleinunternehmerregelung genutzt oder nutzt sie noch? Oder könntest du es und verzichtest lieber darauf? Teile deine Erfahrungen gerne in den Kommentaren unter dem Artikel!

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