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Humor statt Hilfe Bundeswirtschaftsministerium präsentiert "Das verrückte Zahlenbingo"

Glosse

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und sein Chef Peter Altmaier werden unterschätzt und missverstanden. Ja, es ist richtig, dass man den Soloselbstständigen, die die Mehrzahl der Unternehmen in Deutschland ausmachen, wirksame Hilfe verweigert. Aber was soll man tun? Der Finanzminister gehört der SPD an und der Arbeitsminister (ebenfalls SPD) war einfach schneller: Das zur Verfügung stehende Kontingent an Staatsschulden ist bereits für eine großzügige Kurzarbeitergeld-Regelung auf Jahre verplant. BMWi-Chef Altmaier erhält Fördergelder von Bundesfinanzminister Scholz deshalb nur unter der Bedingung, dass er das ihm zugestandene Geld herumzeigen, aber auf keinen Fall ausgegeben darf.

Das Bundeswirtschaftsministerium tut alles, um die von Corona betroffenen Soloselbstständigen und ihre Familien ein wenig aufzuheitern

Rüffel vom Bundesfinanzministerium wegen Soforthilfe

Das Wirtschaftsministerium hat auf die schwierige Situation kreativ reagiert und sich Förderprogramme ausgedacht, die den Bund unter dem Strich nichts kosten: Die Soforthilfe zum Beispiel wurde zwar immerhin zu einem Viertel ausbezahlt, aber nur leihweise. Die Bedingungen sind so geschickt ausgestaltet, dass die Empfänger zunächst (und manche bis heute) gar nicht bemerkt haben, dass sie den "nicht rückzahlbaren Zuschuss" gar nicht behalten dürfen, sondern ihn bei der Endabrechnung zurück überweisen müssen. Dass trotzdem von den Bundesländern ein Viertel der 50 Milliarden ausgezahlt wurde, war aber so nicht geplant und deutlich zu viel. Dafür gab es hinter verschlossenen Türen einen mächtigen Rüffel von Kollege Scholz. Zudem bemerkten einige Betroffene die trickreiche Konstruktion und es gab deshalb Ärger mit den Bundesländern, die das Ganze gegenüber den Selbstständigen früher oder später erklären müssen.

Daraus hat man beim Wirtschaftsministerium gelernt und eine deutlich bessere Lösung gefunden, die der Wirtschaftsminister nun auch stolz preist: Die Überbrückungshilfe. Hier gelang es, statt einem Viertel nur noch vier Prozent auszuzahlen. Das ist ja fast gleich viel, kostet aber weniger. Die Bundesländer wurden geschickt aus der Schusslinie genommen, indem man die Steuerberater der Betroffenen mit der Aufgabe betraute, den Antragstellern zu erklären, dass sie meist keinen oder nur wenig Anspruch auf eine Förderung haben. Die Wirtschaftsminister der Länder waren zufrieden und die Steuerberater erhalten ein Schmerzensgeld, dessen Höhe sie je nach Leidensdruck selbst festlegen können.

Überbrückungshilfe wird wegen großen Erfolgs fortgesetzt

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Diesem genialen Plan ist zu verdanken, dass die Vergabe der Überbrückungshilfe so erfolgreich verlief. Von den für Juni bis August in Aussicht gestellten 25 Milliarden Überbrückungshilfe waren Stand 15.9.20, zwei Wochen vor Ende der Antragsfrist noch 96 Prozent nicht beantragt. Besonders wirksam war die Ausgestaltung der Hilfe in Bezug auf die Soloselbstständigen, die lediglich 0,1 Prozent der in Aussicht gestellten Hilfen beantragen konnten, also ein Tausendstel. Oder anders ausgedrückt: 5 Euro für jede/n Soloselbstständigen und seine/ihre Familie pro Monat. (Der durchschnittliche Schaden durch die gesetzlichen Maßnahmen beträgt pro Selbstständigem laut einer DIW-Studie knapp 900 Euro/Monat.) Mit dieser sparsamen Haushaltsführung dürfte dieses Mal auch der Finanzminister zufrieden sein!

Man hat also alles richtig gemacht: Aufgrund dieser Erfolge hat man sich im BMWi entschlossen, die Überbrückungshilfe bis Jahresende zu verlängern und noch Verbesserungen vorzunehmen, sprich die Hilfe noch komplexer auszugestalten. Verstehen tut das Durcheinander an Zahlen niemand mehr, selbst Experten fällt das schwer. Aber dahinter steht eine gute Absicht: Die kreativen Beamten des Wirtschaftsministeriums wollen den betroffenen Soloselbstständigen und ihren Familien in schweren Zeiten eine Freude bereiten.

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Sie haben "Das verrückte Zahlenbingo" entwickelt. Jeder Teilnehmer erhält einen Spielplan. Der Spielleiter liest die geplanten Antragsbedingungen für die zweite Phase der Überbrückungshilfe vor. Die ganze Familie darf mitmachen und streicht die entsprechende Prozentzahl, sobald sie im Text vorkommt. Wer zuerst alle Prozentzahlen zwischen "10" und "90" gestrichen hat ruft "Bingo"!

Der glückliche Gewinner erhält 90% von Nichts, denn die vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Betriebskosten spielen bei den Soloselbstständigen, denen damit laut Ministerium geholfen werden soll, leider keine wesentliche Rolle. Die bezuschussten Betriebskosten machen bei 63% der Soloselbstständigen unter 1.000 Euro/Monat aus und bei 43% sogar unter 500 Euro (Quelle). Und wie schon jeder von uns in der Grundschule lernt: Bei der Multiplikation mit null ist das Ergebnis immer null... Was ja nicht ganz richtig ist, denn die Kosten des Steuerberaters sind ja auch zuschussfähig – und meist deutlich größer als null.

Man sieht schon: Aus der Bonner Zeit sitzen noch viele rheinische Frohnaturen im Ministerium und auch im Saarland, von wo Minister Altmaier stammt,  wird – nicht nur zu Faschingszeiten – viel gelacht.

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Geplante Antragsbedingungen für Verlängerung der Überbrückungshilfe (Beck aktuell)

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