In dem englischsprachigen Paper "Unemployment insurance for the self- employed: a way forward post-corona" diskutiert der Regensburger VWL-Professor Enzo Weber von dem der Bundesagentur für Arbeit zugehörigen Institut für Arbeitsmarktforschung (IAB) gemeinsam mit dem Leuvener Jura-Professor Paul Schoukens vom European Institute of Social Security (EISS). Der Belgier ist auf Sozialversicherungsrecht spezialisiert.
Vor dem Hintergrund der Corona-Krise wird in dem Papier der Aufbau einer Arbeitslosenversicherung für Selbstständige behandelt (bzw. der Umbau, denn eine solche Versicherung gibt es auf freiwilliger Basis ja bereits in Deutschland).
Den Reformbedarf der bestehenden freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbstständige hatten wir bereits im Januar 2019 auf Basis eines früheren IAB-Aufsatzes ausführlich mit euch diskutiert.
Während ein verschiedene Arten von Erwerbstätigkeit übergreifender Ansatz aus Sicht der Autoren Vorteile hätte, ist es von entscheidender Bedeutung, die Regeln bestehender Versicherungen für Beschäftigte stärker an die spezifischen Bedürfnisse von Selbständigen anzupassen. Daher diskutieren sie spezifische Regeln und Bedingungen für Selbständige und leiten daraus ab, wie die Arbeitslosenversicherung für sie gestaltet werden sollte. Was sind die Schlüsselelemente einer solchen Versicherung?
Für einen einkommensabhängigen Beitrag
Bei der Finanzierung des Arbeitslosenversicherungssystems befürworten sie einen einkommensabhängigen Beitrag, der sich am laufenden Einkommen des Selbständigen orientiert, und spekulieren, wie die Beitragserhebung organisiert werden könnte. Bisher sind die Beiträge für alle freiwillig versicherten gleich hoch bzw. unterscheiden sich nur nach Gründungsdatum und neue/alte Bundesländer.
In Bezug auf die Anspruchsberechtigung plädieren sie dafür, sich nicht auf den unfreiwilligen Charakter von Arbeitslosigkeit zu konzentrieren, sondern die tatsächliche Beendigung der Tätigkeit bzw. Schließung des Geschäfts in den Mittelpunkt zu stellen.
Kurzarbeiter-Regelung auch für Selbstständige
Vor dem Hintergrund der immensen Inanspruchnahme der Kurzarbeit in der Corona-Krise argumentieren sie, dass es möglich ist, als Parallele eine Kurzarbeitsregelung für Selbständige zu organisieren. Während so außergewöhnliche Ereignisse aufgefangen werden können, müsse die Regelung aber mit ausreichenden Einschränkungen gestaltet werden. Um Fehlanreize für eine übermäßige wiederholte Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes zu vermeiden, schlagen sie ein "experience rating" vor, das weniger abrupt ist als die bestehenden Kriterien (das Arbeitslosengeld kann von Selbstständigen im Gegensatz zu anderen Versicherten bisher nur zwei Mal beantragt werden) und daher ihres Erachtens eine kontinuierliche soziale Absicherung bieten würde.
Vermittlung in neue Tätigkeiten und Annahme von Nebentätigkeiten
Zur Frage der Verfügbarkeit der Selbstständigen für den Arbeitsmarkt schlagen sie vor, so weit wie möglich Spielraum für Entscheidungen für selbständige Tätigkeiten zu bieten, aber im Laufe der Zeit auch eine wirksame Arbeitsmarktintegration zu gewährleisten. Gemeint ist damit, ob Selbstständige auch in eine abhängige Beschäftigung gedrängt werden könnten, wenn ihre Selbstständigkeit nicht erfolgreich verläuft.
Im Hinblick auf Mehrfachtätigkeiten argumentieren sie dafür, sich an Erwerbsaktivitäten und dem gesamten daraus erzielten Einkommen zu orientieren. Dafür nennen sie einige Leitprinzipien für die Organisation einer Arbeitslosenversicherung, welche auch eine Art teilweise bzw. Teilzeit-Arbeitslosigkeit ermöglicht.
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