Der VGSD setzt sich für eine Modernisierung des Elterngelds für Selbstständige ein. Deshalb schulte ein ausgewiesener Experte vier Mitarbeiter/innen von uns einen halben Tag. Nun können wir gegenüber Politikern noch überzeugender argumentieren.
Es war eine Premiere in mehrerlei Hinsicht. Eine davon: Unser Whiteboard im Büro von Andreas und Max wurde eingeweiht. Michael Tell, Gründer und Inhaber des Beratungsportals elterngeld.net kam eigens aus Hamburg zu uns ins Büro am Altheimer Eck in München, um den VGSD am Freitag, den 21. Juli, zum Thema Elterngeld zu schulen.
Auf VGSD-Seite nahmen unsere politische Referentin Vera Dietrich, Vorstand Andreas Lutz, Werkstudentin Charlotte Gruber und Redakteurin Nina Schick an dem Workshop teil. Alle vier beschäftigen sich im Rahmen unseres Themenschwerpunkts "Selbstständig mit Kind" mit dem Thema Elterngeld und setzen sich dafür ein, das Elterngeld für Selbstständige zu verbessern. Der Koalitionsvertrag der Ampel sieht auf Seite 79 ausdrücklich vor, den Elterngeldanspruch für Selbstständige zu modernisieren. An diese Zusage erinnern wir die verantwortlichen Politiker/innen immer wieder von Neuem.
Elterngeld-Experte der ersten Stunde
Um euch kompetent informieren und unsere Forderungen optimal gegenüber Politikern begründen zu können, haben wir uns in die bestehenden Regeln vertieft. Und dafür hätte es keinen besseren Experten geben können als Michael Tell. In der Vorstellungsrunde erzählte uns Michael, wie er das Elterngeld seit seiner Einführung 2007 begleitet und dabei eher zufällig in die Rolle des Experten und Beraters zum Elterngeld rutschte. Als IT-Fachmann und Logistik-Experte begann er schon 2006, alle verfügbaren Informationen zum Elterngeld zu sammeln und auf einer Internetseite Interessierten zur Verfügung zu stellen – allein aus der persönlichen Motivation heraus, dass er Familien helfen wollte. Schon nach kurzer Zeit "explodierte" die Seite elterngeld.net, wie Michael erzählt, und er stellte mehrere Mitarbeiterinnen ein, um werdende Eltern zum Elterngeld zu beraten.
Engagiert gegen Ungerechtigkeit
Michael engagiert sich immer wieder für Verbesserungen und gegen Ungerechtigkeiten beim Elterngeld. Bei Einführung des Elterngelds entwickelte sich aus dem von ihm betriebenen Forum heraus ein Verein gegen die Stichtagsregelung: Je nach Lage des Geburtstags des Kindes erhielt man das komplette Elterngeld – oder fast gar nichts. 2011 ärgerte er sich über die Änderung, dass Elterngeld von da an auf den Bezug von Hartz IV angerechnet wurde. Er versuchte, seine Community dagegen zu mobilisieren. "Leider passierte da nicht viel", erzählt er uns. Auch gegen die aktuell geplante Senkung der Einkommensgrenze reichte er eine Petition ein – war allerdings einen Tag später dran als die gut vernetzte Unternehmerin Verena Pausder, die binnen Stunden Zehntausende Unterschriften sammelte. Insbesondere auch beim Elterngeld für Selbstständige sieht Michael viele Unstimmig- und Ungerechtigkeiten. Aus diesem Engagement heraus bot er uns den halbtägigen Workshop kostenlos an – eine großzügige Geste, für die wir uns von Herzen bedanken!
Und so saßen wir bald mit rauchenden Köpfen da, durchdrangen die Feinheiten des 27-seitigen Elterngeldantrags und verstanden, welche Kniffe und Tricks, es gibt. Die Stunden verflogen, während wir Wissen aufsaugten und von Michaels Expertise profitierten. Wir verstanden Prinzipien, rechneten Beispiele durch und regten uns gegenseitig an mit unseren Fragen und Überlegungen.
Gut gestärkt für das politische Engagement
Einige Fragen sind aber auch dem Experten ein Rätsel: Warum gibt es länger Elterngeld bei Frühgeburten, nicht aber bei behinderten Kindern? Warum werden Monate mit Bezug von Mutterschaftsgeld als Elterngeld-Monate angerechnet, auch wenn das Mutterschaftsgeld aus einer privaten Versicherung stammt? Warum ist das Elterngeld seit 2007 nicht erhöht worden? Warum orientierte sich der Höchstsatz von 1.800 Euro 2007 an der Beitragsbemessungsgrenze der GKV, wurde aber nicht dynamisiert, also an deren jährliche Erhöhung gekoppelt? Warum beträgt die jährliche Grenze der Einnahmen, ab denen eine Person als selbstständig gilt, genau 420 Euro?
Denn nicht alles, was im Gesetz steht, ist eine gut zu Ende gedachte und nachvollziehbare Sache. Es bleiben eine extrem hohe Komplexität, Unstimmigkeiten und Ungerechtigkeiten – gerade für Selbstständige. Darüber haben wir nun jede Menge gelernt, mit dem Ergebnis, dass wir euch nun noch sehr viel besser als bisher informieren (wenn auch keine individuelle Beratung durch Michael ersetzen) können. Unsere Verbesserungsvorschläge können wir jetzt noch gezielter formulieren und gegenüber Politikern noch kompetenter vertreten. Danke, Michael!
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