VGSD-Pressemitteilung vom 11.12.2020
In dieser Woche hörte der Petitionsausschuss des Bundestags Andreas Lutz, Petent und Vorstand des Verbands der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD), zum Thema „Verlängerung und rechtssichere Ausgestaltung von Soforthilfen für Selbstständige“ an. Lutz hatte im Mai für die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) die Petition eingereicht, die mit 58.485 Mitzeichnern zu den 25 erfolgreichsten Bundestagspetitionen aller Zeiten gehört. Von Regierungsseite war der Anhörung aus dem Bundeswirtschaftsministerium der für die Hilfen zuständige parlamentarische Staatssekretär Thomas Bareiß per Video zugeschaltet, es kam zum Schlagabtausch innerhalb der Fragerunde.
Lutz erklärte in seinem Eingangsstatement, warum die bisherigen Corona-Hilfen bei vielen Betroffenen nicht angekommen sind. Er forderte statt des bisherigen „Flickenteppichs“ eine bundeseinheitliche, brachenübergreifende sowie unbürokratische Hilfe ohne Steuerberater, die nach betriebswirtschaftlichen Kriterien vergeben wird – „verwendbar auch für Lebenshaltung, Miete und Krankenversicherung … Und das nicht jeden Monat von Neuem“.
Petent lieferte zahlreiche Argumente für wirksamere Ausgestaltung, Staatssekretär Bareiß antwortete immer wieder mit Verweis auf Hartz IV
Staatssekretär Thomas Bareiß geriet in die Defensive. Immer wieder verwies er die Betroffenen auf Hartz IV. Das Ministerium habe ihre Not erkannt und bekenne sich klar zu den Selbstständigen. Mit Sofort- und Überbrückungshilfe habe man schnell geholfen, wenn auch nur in Hinblick auf die Fixkosten. Bewusst habe man sich in Hinblick auf die Lebenshaltungskosten für Hartz IV entschieden: "Ich möchte noch einmal klar und deutlich sagen, dass die Grundsicherung wirklich jedem zur Verfügung steht. Jeder kann diese Grundsicherung beantragen. Ich weiß nicht, warum Sie jetzt einmal auf 80 und 90 Prozent kommen, die die Grundsicherung nicht beantragen können, das ist meines Erachtens nicht richtig. Wie gesagt: Jeder kann Grundsicherung beantragen, der von der Pandemie getroffen ist."
Diese Aussagen decken sich in keiner Weise mit den Erfahrungen der betroffenen Selbstständigen. Lutz bittet diese, sich mit ihren „Einzelfällen“ an Staatssekretär Bareiß zu wenden, wozu dieser aufgefordert hatte.
Denn: Die Mehrzahl der Betroffenen hat aufgrund ihrer privaten Altersvorsorge keine wirksame Hilfe erhalten, musste daher Ersparnisse aufbrauchen und teilweise langfristige Altersvorsorgeverträge unter Verlusten auflösen. Mit Sorge sieht Lutz, dass nun Bundesarbeitsminister Hubertus Heil mitten in der Krise die Altersvorsorgepflicht für Selbstständige ankündigte, die den Betroffenen, insbesondere Gründern und jüngeren Selbstständigen, viel zusätzliche Bürokratie bescheren wird und es schwerer macht, das aufgebrauchte Eigenkapital wieder aufzubauen.
Selbstständige brauchen bürokratie- und belastungsarme Jahre für Wiederaufbau
„Angesichts der bisher wenig wirksamen Hilfen“ verlangte der Petent „umso dringlicher Rahmenbedingungen, die es uns ermöglichen, uns aus eigener Kraft aus der Krise herauszuarbeiten. In der Petition fordern wir deshalb bürokratie- und belastungsarme Jahre.“ Lutz zufolge müsse es etwa aufhören, dass Gründer und Teilzeitselbstständige aufgrund hoher Mindestbeiträge und unfairer Berechnungsmethoden 40 Prozent und mehr allein nur für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung bezahlen müssen. In Verbindung mit der Altersvorsorgepflicht würde sich die Summe aus Belastungen auf bis zu 60 Prozent erhöhen.
Der Petitionsausschuss wird mit Regierungsmehrheit ein abschließendes Votum in einer seiner späteren Sitzungen fällen. Wie das Ergebnis dann auch ausfallen mag: In der Anhörung ist deutlich geworden, dass die Lebenswirklichkeit der Selbstständigen von den Regierenden nicht ausreichend wahrgenommen wird, mit den genannten Folgen. „Helfen Sie uns wirksam, bekämpfen Sie uns nicht“, lautete daher der Appell von Petent Lutz am Ende der Anhörung.
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