Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) hat ihr Positionspapier „Drittpersonaleinsatz stärken“ aktualisiert und fordert mehr Rechtssicherheit für Dienst- und Werkverträge, macht dazu auch konkrete Vorschläge.
Die vbw ist ein Zusammenschluss bayerischer, aber auch vieler bundesweit aktiver Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände und ein einflussreiches Mitglied des BDA (Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände). Sie sieht Dienst- und Werkverträge zusammen mit der Zeitarbeit als wichtige Flexibilisierungsinstrumente, wie es gleich im Vorwort des neuen Positionspapiers heißt. Der Arbeitsmarkt in Deutschland sei ohnehin immer stärker reglementiert, ist also auf diese Dynamik von außen angewiesen.
Arbeitsteilige Gesellschaft und unternehmerische Freiheit müssen erhalten bleiben
Sie betont, dass Werk- und Dienstverträge bewährte und unverzichtbare Rechtsinstrumente sind, die in einer arbeitsteiligen Gesellschaft nicht in Frage gestellt werden dürften. "Jeder der zum Frisör geht oder beim Konditor eine Torte bestellt, nutzt solche Vertragsgestaltungen. Denn er geht ein Werk- oder Dienstvertragsverhältnis ein … Und auch Unternehmen untereinander nutzen diese Vertragsgestaltung, zum Beispiel in der Zusammenarbeit von Automobilherstellern mit Automobilzulieferern." Und weiter: "Werk- und Dienstverträge dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Seit jeher sind Dienst- und Werkverträge ein Element des arbeitsteiligen Wirtschaftslebens und prägen die Produktion und Herstellung von Waren sowie die Bereitstellung von Dienstleistungen."
Die vbw schreibt weiter, dass rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltungen bereits heute verboten sind und sie sich ausdrücklich gegen Scheinwerk- und -dienstverträge wendet. „Das Ausgliedern bestimmter Tätigkeiten auf fremde Dienstleister ist aber kein Rechtsmissbrauch. Wäre dies so, dann wäre der Missbrauch – pointiert formuliert – erst beseitigt, wenn z.B. alle Zulieferbetriebe in Großunternehmen integriert wären.“
Die Juristen der vbw verweisen auch darauf, dass das Grundgesetz und auch die Europäische Grundrechtscharta die unternehmerische Freiheit schützen. Sie erinnern daran, dass die Idee des gemeinsamen Binnenmarktes der Ursprung der Europäischen Union war und bis heute eine treibende Kraft bei ihrer Integration ist.
Konkrete Vorschläge und Forderungen
Die vbw macht auch detaillierte Vorschläge zur Reform des Statusfeststellungsverfahrens (SFV), wobei es viele Schnittmengen mit unseren Forderungen gibt:
- Das SFV muss entbürokratisiert und digitalisiert werden. Die Formulare müssen verständlicher und abstrakter formuliert werden. Formulare dürfen nicht anhand von Einzelfall-Rechtsprechungen erarbeitet werden. Die Durchführungsanweisungen müssen veröffentlicht werden.
- Ein SFV erübrige sich, wenn Selbstständige freiwillig einkommensabhängig in die DRV einzahlen, ohnehin rentenversicherungspflichtig sind, es sich – von der Krankenkasse bescheinigt – um eine sozialversicherungsfreie nebenberufliche Selbstständigkeit handelt oder im Fall der Einführung einer Altersvorsorgepflicht eine ihr entsprechende Vorsorge stattfindet. Durch eine entsprechende Schnellprüfung („fast-track“) kann das System entlastet werden.
- Positivkriterien: Es bedarf für die Statusentscheidung operativer Kriterien, deren Vorliegen leicht nachweisbar sind. Da die Beteiligten Rechtssicherheit in Bezug auf ihre Selbstständigkeit anstrebten, müssten die Kriterien positiv formuliert sein. Die Kriterien müssten abstrakter, unabhängig von einzelnen Aufträgen und Tätigkeiten geprüft werden.
- Es sei „dringend erforderlich, ein zeitgemäßes Verständnis unternehmerischer Chancen und Risiken zu entwickeln. In einer postindustriellen Wissensgesellschaft können Selbstständige ohne Mitarbeiter und ohne großen Kapitaleinsatz, oft nur mit Smartphone und Laptop eine erhebliche Wertschöpfung entwickeln. Das unternehmerische Risiko besteht in erster Linie in dem Zeitaufwand zum Erwerb … von spezialisiertem Wissen … Selbstständige wie z.B. IT-Selbstständige, Designer oder Honorarlehrer dürfen nicht mit denselben Kriterien im Statusfeststellungsverfahren bewertet werden wie Bauunternehmer.“
Bei Einführung der vorgeschlagenen Positivkriterien in Verbindung mit einem Punktesystem sei sogar die Einführung eines Selbsttests möglich.
Die vbw betont auch, dass bei Einführung einer Altersvorsorgepflicht darauf zu achten sei, dass es zu keiner finanziellen Überlastung der Selbstständigen komme.
VGSD-Vorstand Andreas Lutz kommentiert das neue vbw-Positionspapier wie folgt: „Wir freuen uns über die Schnittmengen mit der vbw in Bezug auf unsere Lösungsideen. Das zeigt, dass wir in die richtige Richtung denken. Wie die vbw sehe ich die Infragestellung von Werk- und Dienstverträge als Gefahr für unsere arbeitsteilige Gesellschaft und die unternehmerische Freiheit.“
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