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Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl Nr.11 Das sagen die Parteien zum Thema "Abmahnmissbrauch"

Wie stehen die Parteien, die sich um einen Einzug in den nächsten Bundestag bewerben, zu den für uns Selbständige und Gründer wichtigsten politischen Anliegen?

Im Frühjahr haben unsere Mitglieder 16 Fragen ausgewählt, die wir dann den Parteien geschickt haben. In einer Serie veröffentlichen wir nun jeden Werktag ihre Antworten auf eine dieser Fragen.

Wahlprüfstein Nr. 11: Eine von unserem Mitglied Vera Dietrich initiierte Gesetzesreform soll den Abmahnmissbrauch eindämmen. Sind die beschlossenen Maßnahmen ausreichend? Welchen Nachbesserungsbedarf sehen Sie? Wie stehen Sie zu dem von uns vorgeschlagenen Online-Melderegister für Abmahnungen?

Was sagen die Parteien dazu?

Mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs haben wir ein wichtiges Instrument gegen den Abmahnmissbrauch geschaffen. Bei Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet können keine Abmahnkosten mehr verlangt werden. Damit haben wir dem Geschäftsmodell von Abmahnvereinen die Grundlage entzogen. Die missbräuchliche Geltendmachung von Abmahnkosten ist ausdrücklich verboten. Das sind diejenigen Fälle, in denen eindeutig nicht die Durchsetzung des fairen Wettbewerbs bei der Abmahnung im Vordergrund steht, sondern allein das Kosteninteresse des Abmahnenden. Es bleibt darüber hinaus weiter unser Anliegen, die Risiken für Unternehmen und Vereine durch geschäftsmäßig betriebene Abmahnungen effektiv zu verringern. Bei alledem darf aber die Rechtsdurchsetzung für redliche Abmahnungen nicht unnötig erschwert werden. Schließlich wollen wir das Instrument der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung nicht schwächen, sondern stärken.

Wir GRÜNE wollen die Lage der von Abmahnungen betroffenen Personen und Unternehmen wirksam verbessern. Dies tut das in dieser Wahlperiode beschlossene Gesetz leider nicht. Wir schlagen Nachbesserungen vor. Wir wollen nachträgliche Lösungsmöglichkeiten von vorschnell unterzeichneten Unterlassungserklärungen schaffen. Denn wer abgemahnt wird, wird häufig unter Druck gesetzt, innerhalb kurzer Zeit eine Unterlassungserklärung abzugeben. Bei Zuwiderhandlungen gegen die einmal abgegebene, oft viel zu weit formulierte Erklärung drohen hohe Vertragsstrafen.

Außerdem müssen die von Abmahnenden oft vorgeschlagenen Vertragsstrafen nach Leistungsfähigkeit der Abgemahnten abgestuft sein. Um Unsicherheiten und Informationsdefizite abzubauen soll das Bundesamt für Justiz Informationen über missbräuchliche Abmahnungen erfassen und öffentlich zugänglich machen. Auf allen Abmahnungen soll verbindlich auf diese Informationsmöglichkeit hingewiesen werden.

Mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs haben wir Regelungen zur Eindämmung von Abmahnmissbrauch insbesondere mit Blick auf Soloselbständige und Kleinstunternehmen erlassen. Um die Wirkung der getroffenen Maßnahmen fundiert beurteilen zu können, haben wir eine Evaluationsklausel eingefügt, sodass das Gesetz nach zwei Jahren überprüft wird. Wir setzen uns weiterhin für den Schutz von Kleinstunternehmen und Selbständigen vor Abmahnmissbrauch ein. Ob und welche weiteren konkreten Maßnahmen hierfür erforderlich sind, sollte jedoch zunächst die Evaluation zeigen.

Das von der Großen Koalition beschlossene Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs enthält aus unserer Sicht einige gute Ansätze, jedoch auch Punkte, mit denen wir nicht einverstanden sind. Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat daher einen Antrag zur Einführung des von uns bevorzugten "notice-and-take-down-Verfahren" eingebracht (BT-Drs. 19/13165). Da wir uns somit nach wie vor für mehr Fairness bei Abmahnungen einsetzen, und hierbei insbesondere den Schutz des fairen Wettbewerbs sowie der Verbraucherinnen und Verbraucher im Blick haben, sollte zukünftig auch noch einmal geprüft werden, ob das von Frau Dietrich vorgeschlagene Online-Melderegister einen entsprechenden Beitrag leisten kann.

Hierzu hatte die AfD bereits einen Gesetzentwurf geliefert, der vorsieht, dass alle finanziellen Anreize für Abmahnungen beseitigt werden. Werden Formalverstöße im Internet gerügt, wie die Pflicht zur Impressum-Angabe oder zur Widerrufsbelehrung, muss der Abmahnende seinen Anwalt selbst bezahlen. Abmahnvereine müssen nachweisen, dass sie sich aus Mitgliedsbeiträgen finanzieren. Vereine, die im Verbraucherschutzinteresse agieren, müssen zudem eine Mindestzahl von 2.000 Mitgliedern aufweisen. Kleine Vereine, die bundesweit abmahnen, werden auf diese Weise ausgebremst. Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung sollen nicht zu einer Abmahnung berechtigen. So verhindern wir eine neue Abmahnwelle. Zugleich wollen wir die bewährte Spezialisierung von Wettbewerbsgerichten erhalten.

Es wird Zeit, dass den Wildwestmethoden bei den gewerbsmäßigen Abmahnungen endlich Einhalt geboten wird. Dass sich Agenturen und Kanzleien darauf spezialisiert haben, normale Bürger*innen sowie Unternehmen mit kostenpflichtigen Abmahnungen zu belegen, hat nichts mit dem Schutz der Rechtsstaatlichkeit zu tun. Es ist reine Abzocke. In der laufenden Legislaturperiode hat der Bundestag einige richtige Korrekturen beschlossen. Aber die aktuelle Gesetzeslage ist immer noch ungenügend. Wir begrüßen deshalb jeden Vorschlag, der diesem perversen Geschäftsmodell ein Ende setzt.

Wir begrüßen das Gesetz zur Stärkung des freien Wettbewerbs, welches seit Dezember letzten Jahres in Kraft getreten ist. Die dort definierten Indizien für Abmahnmissbrauch halten wir nach geltender Rechtlage für ausreichend. Insbesondere begrüßen wir, dass der Anspruch auf Abmahnkostenersatz für Mitbewerber bei Verstößen im Bereich des Datenschutz nach der DSGVO entfällt, sofern der Abgemahnte weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigt.

Generell begrüßen wir das vorgeschlagene Online-Melderegister für Abmahnungen. Allerdings wollen wir zunächst die Erfahrungen im Zusammenhang mit § 8b Absatz 2 UWG „Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände“ abwarten, bevor wir die Situation abschließend bewerten wollen.

Es braucht eine kontinuierliche und systematische Überprüfung der Auswirkungen der Gesetzesreform, um ihre Wirksamkeit einschätzen und ggf. gegenlenken zu können. Wichtig wird sein, sicherzustellen, dass tatsächlich missbräuchliche Abmahnungen verhindert und nicht auch legitime Abmahnungen, die gerade für KMU’s ein wichtiges Mittel sein können, um einen fairen Wettbewerb zu garantieren. Ein Online-Melderegister für Abmahnungen klingt nach einer interessanten, bürokratiearmen Alternative, deren Praxistauglichkeit geprüft werden sollte. Gerade weil die Gesetzesreform zeigt, wie schwierig es ist hier zielführend zu regulieren.

Auch die neuen Regeln sind aus unserer Sicht nicht hinreichend, um einen tatsächlichen Schutz vor Missbrauch zu gewährleisten. Daher fordern wir eine grundlegende Reform des Abmahnwesens, welche ein Verbot von Massenabmahnungen beinhaltet, eine Deckelung der Kosten für abgemahnte Privatpersonen sowie die Beweislast bei solchen Mahnverfahren grundsätzlich beim Abmahnenden an zu siedeln. Ein wie vorgeschlagenes Online-Melderegister ist grundsätzlich mit den Werten der Piratenpartei vereinbar, sofern dort keine schützenswerten Daten veröffentlicht werden.

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